Die Silberschmiedin (2. Teil)
als könne sie ihren Tatendrang kaum bändigen.
Eben war sie mit Adam der Kutsche entstiegen, und nun sah sie sich neugierig um. Adam hatte den Arm um Eva gelegt und drückte sie leicht an sich.
«Es ist schön, dich zu sehen, Eva. Ich musste einfach nach Leipzig kommen. Frankfurt ohne dich ist eine einsame Stadt.»
Eva lächelte ihn an. «Auch ich bin froh, dich hier zu haben, Adam. Ich bin sicher, du wirst dich an der Leipziger Universität wohl fühlen.»
Sie machte den Knechten Platz, die die schweren Truhen mit Adams Gepäck in den ersten Stock brachten, in dem Adam von nun an wohnen sollte, um seine Studien in Leipzig fortzusetzen. Er hatte sie in Frankfurt nicht beenden können, da dort der Stadtmedicus verstorben war.
Die Mutter ließ die Knechte passieren, reichte dann Bärbe ihren Umhang und stieg, ohne die Magd weiter zu beachten, die Treppe zu Evas Räumlichkeiten hinauf.
Schweigend sah Eva zu, wie ihre Mutter jedes Detail der Inneneinrichtung prüfte. Schließlich wandte Sibylla sich um und sagte: «Du bist meine Tochter, Eva, wahrhaftig. Ich hätte diesen Raum nicht besser einrichten können. Doch jetzt lass dich anschauen.»
Sie fasste Eva bei den Schultern und musterte sie.
«Nun sag, Eva, bist du glücklich mit Mattstedt? Oh, ich war so froh, als ich die Nachricht bekam. Ich wusste von Anfang an, dass ihr füreinander geschaffen seid. Mattstedt erinnert mich in manchen Dingen an Isaak. Er wird dir gut tun. Findest du nicht auch, Adam?»
«Ja, Mutter», erwiderte Eva.
«Ja, Sibylla», antwortete Adam.
Sibylla fuhr fort: «Mattstedt ist ein guter Geschäftsmann, und ich bin sicher, dass er bereits mit dem Gedanken spielt, sich im Erzgebirge hervorzutun. Selbst einige Frankfurter wollen sich in die Silberminen einkaufen. Doch das Geschäft ist nicht ohne Fallstricke. Mattstedt tut wohl besser daran, sich eine Saigerhütte zu kaufen.»
«Ja, Mutter», erwiderte Eva.
«Ja, Sibylla», antwortete Adam.
Eva sah zu ihrem Stiefbruder, der ihr zuzwinkerte, und unterdrückte ein Kichern.
«Nun», die Mutter rieb sich die Hände. «Jakob Fugger ist in der Stadt. Ich habe ihn bereits für heute Abend eingeladen. Wie läuft die Werkstatt?»
Noch ehe Eva etwas erwidern konnte, schnitt ihr Sibylla das Wort mit einer Handbewegung ab. «Sag nichts. Ich werde mich selbst davon überzeugen.»
Und schon raffte sie die Röcke, rauschte aus dem Wohnraum, die Treppen hinunter und über den Hof zur Werkstatt. Eva und Adam hasteten ihr hinterher.
«Schierin!», rief Heinrich aus, als er Sibylla sah. Er strahlte, und jeder konnte die Bewunderung, die er für die Frau hegte, an seiner Nase ablesen.
Eilfertig kam er hinter der Werkbank hervor und schüttelte ihr überschwänglich die Hand.
«Heinrich, wie geht es dir?», fragte Sibylla, doch ihre Blicke eilten bereits durch die Werkstatt.
Sie ließ Heinrich stehen und ließ sich von Meister Faber begrüßen, dann blieb sie vor David stehen, der zwar bei ihrem Eintreten aufgestanden war, doch sich in seiner Arbeit nicht unterbrechen ließ.
«Du musst der neue Geselle sein, nicht wahr?», fragte Sibylla.
David nickte. «Das bin ich. Und Ihr müsst demzufolge die Mutter unserer Herrin sein.»
Sibylla runzelte die Stirn. Sie war es nicht gewohnt, so angesprochen zu werden. Doch sie wies den Gesellen nicht zurecht, sondern beugte sich über seinen Platz und studierte die Zeichnungen, die er um sich ausgebreitet hatte, auf das genaueste. «Das da!» Sie zeigte mit dem Finger auf ein Blatt. «Was soll das sein?»
«Was seht Ihr darin?», fragte David zurück. Sibylla maß ihn mit einem Blick, der schon so manchen zum Schweigen gebracht hatte, nicht aber David.
«Was seht Ihr, wenn Ihr das Blatt betrachtet?»
«Ich bin nicht zum Raten hier. Sehen will ich, dass die Werkstatt gut läuft und die Angestellten ihre Arbeit tun.»
David ließ sich auch von dieser offensichtlichen Rüge nicht beirren.
«Ich habe schon viel von Euch gehört. Besonders Euer Einfallsreichtum ist immer wieder gelobt wurden. Nun, ich bin sehr neugierig, was Ihr in meinem Blatt seht.»
Sibylla trat einen Schritt zurück und maß den Gesellen mit einem langen, strengen Blick. «Wer bist du und woher kommst du?», verlangte sie zu wissen.
«David nennt man mich. Und ich komme von dort, wo auch Ihr herstammt.»
Bei diesem Satz wich Sibylla einen Schritt zurück. Sie kniff die Augen leicht zusammen, und ihre Hand fasste nach der Tischkante. Ihr Mund wurde noch schmaler, und die Wangen
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