Die Sirenen von Kalypso
Blut verdünnte sich wieder, Fleisch wurde warm.
»Du hast ihm neues Leben geschenkt, Herr.«
»Nein. Ich habe nur eine rudimentär ausgebildete Begabung unterstützt. Dieser Soldat ist genrein und hat die Fähigkeit zur Selbstregeneration, Novize.« Er horchte erneut der Stimme seines Ichs, und er nahm eine ferne Vibration wahr. Er extrapolierte. Er analysierte. Er wog ab. Und er kam zu dem Schluß, richtig gehandelt zu haben.
»Ich beginne zu verstehen, Herr.«
»Dann ist es gut.«
Der Ganzasket erhob seine Gedankenstimme und sprach zu den halbintelligenten Hirnen der Aufräumer. Tajima Nimrod und Ahiron Susla wurden abgesondert, zusammen mit einigen anderen scheintoten Soldaten. Die wartenden Zugwagen nahmen sie auf und brachten sie ins Heereslager. Von dort aus ging ein Transport durch das Ödland zu den Domänen der Ohtanis.
Am nächsten Tag ging die Schlacht weiter.
Aber ohne Tajima Nimrod und Ahiron Susla. Und ohne viele andere, die einen Tag zuvor ihr Leben verloren hatten und nur noch genetische Erinnerungen waren, die in den Körpern anderer Geschöpfe weiterlebten.
Drei Langtage nach seinem ersten Erwachen erlaubte der Medohybride, daß sich Tajima von seinem Rekonvaleszenzlager erhob. Er wandelte durch die Rosengärten des Heilzentrums. Er genoß den Duft der Tausenden von Blüten. Er genoß Ruhe und Stille. Er erholte sich. Und er freute sich auf das Wiedersehen mit Ahiron Susla, seinem Intimfreund. Der Medohybride hatte ihm versichert, daß es ihm gut ginge und daß Suslas Verletzungen nicht ernsthafter Natur gewesen waren.
Ahiron Susla kam in Begleitung eines Kampfherren und einer Erotikdame von betörendem Äußeren. Sie war genrein und nur dazu geschaffen, Freude zu schenken.
»Gefällt sie dir?« fragte Ahiron und grinste. »Wenn du möchtest …«
Tajima lächelte. »Nein, danke.« Er betrachtete die Erotikdame. Ihr Haar war lang und fast schwarz; es fiel weit den Rücken hinab. Das Gesicht war schmal, die Augen groß und dunkel und unauslotbar tief.
»Ich habe einen Dauerkontrakt, der meine gesamte Rekonvaleszenzzeit einschließt.« Mit einem Nicken deutete Ahiron auf den Kampfherren und strich sich mit einer fahrigen Bewegung sein langes, bleiches Haar aus der dunklen Stirn.
Der Kampfherr trat vor. Er war groß, größer als Tajima und Ahiron. Er mochte etwa fünfzig Normjahre alt sein, und aus seinem Gebaren sprachen Selbstbewußtsein und Erfahrung. Er lächelte.
»Gruß dir, Soldat.« Eine dunkle, angenehme Stimme. »Ich freue mich, daß es dir wieder gutgeht. Du hast gut gekämpft, Soldat, ebenso wie dein Intimfreund.«
»Wie steht es mit der Schlacht?«
Die Miene des Kampfherren trübte sich für einen Sekundenbruchteil. »Der Vorteil des ersten Tages konnte nicht ausgebaut werden. Am Tag darauf kam ein Unwetter auf: Böenwinde, Regen, der die Wüste in einen Schlammozean verwandelte, Orkane, die verhinderten, daß unsere Streitlibellen und Xanthippen aufsteigen konnten. Unser Kriegsherr einigte sich mit dem Wyant auf ein Patt der Schlacht.«
»Dann war die Jokersetzung also sinnlos?«
»Ja. Aber wir haben Glück gehabt. Wir hätten auch verlieren können.« Der Kampfherr machte plötzlich einen nachdenklichen Eindruck. »Es war … merkwürdig. Es gab keinerlei Anzeichen für das Heraufziehen eines Schlechtwetterbereichs. Viele von uns vermuteten die Aktivität eines feindlichen Wettermachers, eine Verletzung der Alten Regeln also. Doch die Mönche der Asketischen Kirche waren anderer Meinung.«
»Sie müssen es wissen.«
»Sie müssen es wissen, ja.« Der nachdenkliche Zug in der Miene des Kampfherrn löste sich auf. Er lächelte wieder. »Aber das ist nun vorbei, Soldat. Du hast gut gekämpft. Dein Intimfreund hat seine Belohnung gewählt: ein Dauerkontrakt mit einer der bezauberndsten Erotikdamen, die ich kenne. Nun zu dir, Tajima. Was wünschst du dir?«
Die Frage kam ein wenig überraschend.
»Muß ich mich sofort entscheiden?«
»Es wäre besser für dich, Soldat. Schließlich kannst du deine Belohnung nur während deiner Rekonvaleszenzzeit genießen. Danach beginnt das Kampftraining erneut.«
Ahiron beugte sich vor.
»Ein Vorschlag: Ich weiß, daß sich in der Nordwestdomäne der Ohtanis derzeit eine freie Geschichtenerzählerin aufhält. Vielleicht …«
Tajima wandte sich von dem Rosenstrauch ab, den er gedankenversunken betrachtet hatte. »Ja, das ist es. Das würde mir gefallen.«
»Es ist schwierig.« Der Kampfherr neigte den Kopf. »Amüsierzeit
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