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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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das Grab mit Sand und Erde zuschaufelte. Diesmal hielt ich keine Totenrede und wollte auch die beiden nebeneinanderliegenden Gräber nicht mit einem Kreuz versehen, was ich heute bereue. Die Welt hätte zumindest wissen können, dass hier zwei Freunde lagen, die an diesem Fluss wahre Wunderdinge vollbracht hatten. Aber ich fühlte mich niedergeschlagen und wie mit einem Fluch belegt und wollte nur noch fort. Sobald also das Grab zugeschüttet war, stiegen Charlie und ich auf unsere Pferde und verließen diesen Ort am Leuchtenden Fluss, ohne auch nur das Zelt abzubauen oder die Glut des Lagerfeuers zu löschen. Ein letzter Blick zurück auf das Lager, und ich dachte bei mir: Nie im Leben will ich Anführer sein. Ich will keine Männer führen, aber ich will auch nicht von ihnen geführt werden. Ich dachte: Ich will nur mich selber führen. Damit Warms Pferd und die Esel nicht verhungerten, band ich sie los. Nur die Esel liefen uns nach, das Pferd machte keinen Schritt. Ich feuerte einmal in die Luft, um sie zu vertreiben, was gut funktionierte. Sie trugen weder Zaumzeug noch Brandzeichen, und auf ihren kurzen Beinen bewegten sie sich so schnell und geschickt, dass es mir unwirklich erschien.
    Wir hielten uns nach Nordwesten und erreichten Mayfield drei Tage später. Charlie und ich redeten nicht viel, aber wenn, dann nur freundlich und ohne die Absicht, den anderen zu verletzen. Ich glaube, es war für ihn eine Zeit des Nachdenkens. Er musste sich überlegen, wer er für den Rest seines Lebens sein konnte, wollte oder würde. In gewisser Weise beschäftigten mich dieselben Gedanken. Ich dachte an die letzten Tage zurück und sagte mir: Okay, wenn das mein letzter Auftrag gewesen sein soll, dann war dessen Dramatik vielleicht ganz passend. Paukenschlag und Ende mit Schrecken. Dann nahm ich mir vor, so bald wie möglich meine Mutter zu besuchen – falls sie noch lebte. Ich malte mir aus, wie wir uns wieder versöhnen würden, wobei sie mir am Ende immer ihren verkrüppelten Arm um den Hals legte und mich küsste, dort, wo kein Bart war, direkt unter dem Auge. Dadurch kehrte eine große innere Ruhe in mir ein, und der Ritt nach Mayfield wurde trotz allem, was wir gerade erlebt hatten, so angenehm, wie man es sich nur wünschen konnte. Etwa auf halber Strecke sagte ich zu Charlie: »Mit deiner linken Hand bist du immer noch schneller als die meisten Männer mit rechts.«
    »Die meisten Männer reicht aber nicht«, entgegnete er, worauf wir wieder schwiegen.
    Was das Gold anging, das uns von den Indianern gestohlen wurde, war meine Meinung gespalten. Dass wir das Gold verloren hatten, erschien einerseits nur gerecht. Mir war nicht wohl dabei gewesen, als ich auf einmal so viel Gold in Händen hielt, das größtenteils von anderen aus dem Fluss geholt worden war. Ich bezweifle jedoch, ob mir diese Großherzigkeit so leicht gefallen wäre, hätten wir nicht unter einem Schwedenofen in Mayfield ein größeres Vermögen in Aussicht gehabt. Geld, das zumindest in meinem Fall ein völlig neues Leben bedeutete. Als ich etwa eine Meile vor der Stadt Brandgeruch in der Luft bemerkte, war ich daher gleich von großen Befürchtungen erfüllt. Befürchtungen, die zu Wut wurden, je näher wir kamen, und schließlich zu einem Fatalismus der jämmerlichsten Art. Denn das Hotel war mitsamt der Außengebäude niedergebrannt. Ich entdeckte in den rauchenden Trümmern zwar den Schwedenofen, aber er lag umgestürzt da, und mir war klar, unser Schatz war weg. Nachdem die neue Lage lange genug ihr unabänderliches Gesicht gezeigt hatte, wandte ich mich zu Charlie um, der hinter mir auf der staubigen Straße geblieben war und mit hängenden Schultern auf seinem Pferd Nimble saß. »Hier ist nichts mehr zu holen«, rief ich ihm zu.
    »Gehen wir was trinken«, rief er zurück – was ich, zumal aus seinem Mund, zum ersten Mal seit vielen, vielen Jahren einen vernünftigen Vorschlag fand. Aber da das Hotel nicht mehr existierte, gab es leider auch keinen Ort mehr, an dem man sich besaufen konnte. Wir waren gezwungen, beim Apotheker eine Flasche Branntwein zu kaufen und sie wie Gesindel auf der Straße zu trinken.
    Wir setzten uns auf den Gehsteig gegenüber dem ehemaligen Hotel und starrten auf die Ruine. Das Feuer war zwar schon seit Tagen aus, doch ringelten sich an vielen Stellen Qualmgespenster in die Luft. Als die Flasche halb leer war, sagte Charlie: »Glaubst du, Mayfield hat das Feuer gelegt?«
    »Wer sonst?«
    »Dann war er nie wirklich

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