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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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Panik, wie bei allen, die vor ihm gestorben waren. Und er erkannte mich, so viel stand fest, doch weiter kam nichts. Was hatte ich erwartet? Bedauern, Selbstvorwürfe, dass er mich nicht früher mit dem gebührenden Respekt behandelt hatte? Nun, dazu blieb ihm keine Zeit mehr, denn was jetzt geschah, war praktisch vorgezeichnet. Eine Farbexplosion vor seinen Augen, dann ein endloses Nichts wie die Nacht – oder wie sämtliche Nächte zusammen.
    So starb also der Kommodore. Als alles vorüber war, zog ich ihn halb aus dem Wasser, damit es so aussah, als sei er in trunkenem Zustand ersoffen. Die Haare hingen ihm in die Stirn, und die Zigarre schwamm gleich neben dem Gesicht, was alles nicht nach einem würdevollen Tod aussah. Ich verließ das Haus durch die Vordertür und ritt zurück zu unserer Hütte und Charlie. Charlie schlief und war nicht geneigt, ausgerechnet jetzt zu verreisen. Ich rüttelte ihn trotzdem wach, da konnte er schimpfen, wie er wollte, band ihn auf sein Pferd Nimble, und gemeinsam ritten wir Richtung Heimat, zu Mutter.

EPILOG
    Irgendwann wurde der Himmel silbern, und schwere Tautropfen hingen im hohen Gras. Charlie hatte sein letztes Morphium verbraucht und lag schnarchend auf dem Rücken seines Pferdes Nimble. Wir waren schon auf der Zufahrt zu unserem Stück Land und also fast da. Ich hatte das Haus seit vielen Jahren nicht gesehen und fragte mich, ob wir es überhaupt noch vorfinden würden. Was, wenn alles in Trümmern lag und Mutter gar nicht mehr da war, was sollte ich dann tun? Doch als das Haus ins Blickfeld geriet, sah ich, dass es nicht nur frisch gestrichen war, sondern dass auf der Rückseite sogar angebaut worden war. Es gab auch einen sauber angelegten Gemüsegarten mit Vogelscheuche. Die Vogelscheuche kam mir bekannt vor, weil sie Sachen von meinem Vater anhatte, Jacke, Hut und Hose. Ich stieg von Morris’ Pferd und ging auf die alte Hackfresse zu, um seine Taschen zu durchsuchen. Ich fand aber nichts außer einem abgebrannten Streichholz. Ich steckte das Streichholz ein und ging zum Eingang des Hauses, war aber so nervös, dass ich nicht anzuklopfen wagte, und sah die Tür nur an. Aber meine Mutter hatte mich trotzdem gehört und stand auf einmal im Nachthemd vor mir. Sie schaute mich an, alles andere als überrascht, und sah auch gleich zu Charlie hinüber.
    »Was ist denn mit ihm da passiert?«, fragte sie.
    »Er hat sich an der Hand verletzt und braucht ein bisschen Ruhe.«
    Sie verzog missbilligend das Gesicht und sagte, ich solle draußen warten, bis sie wieder im Bett sei. Sie mochte nicht, wenn ihr jemand dabei zusah. Aber das kannte ich schon und sagte: »Ich warte, bis du mich rufst, Mutter.« Sie ging, und ich setzte mich auf das Geländer der Veranda, ließ das Bein baumeln und besah mir das Haus und die Umgebung, wobei mich große Wehmut ergriff. Ich schaute zu Charlie hinüber, der wie ein nasser Sack auf seinem Pferd Nimble saß, und dachte an die alten Zeiten. »Es war ja nicht alles schlecht«, sagte ich zu ihm. Von hinten rief mich meine Mutter, und ich ging durchs Haus in das angebaute Zimmer auf der Rückseite, wo sie in ihrem weichen Messingbett lag. Sie klopfte mit beiden Händen die Decke ab, als suche sie etwas. »Wo ist meine Brille?«, fragte sie.
    »Du hast sie auf dem Kopf.«
    »Was? Ach da!«, sagte sie, was ihre Laune allerdings nicht verbesserte. Unfreundlich fragte sie: »Was ist mit Charlies Hand?«
    »Er hat sie bei einem Unfall verloren.«
    »Du sagst das so, als hätte er sie bloß verlegt«, maulte sie. »Als wäre alles halb so schlimm.«
    »Doch, es ist schlimm. Keiner von uns nimmt so etwas auf die leichte Schulter.«
    »Wie ist es passiert?«
    »Es war eine Verbrennung, die sich dann infiziert hat. Der Doktor sagte, nur die Amputation könnte sein Herz retten.«
    »Sein Herz retten?«
    »So sagte der Doktor.«
    »Wörtlich?«
    »Darauf lief es hinaus.«
    »Hmm, ich nehme an, die Operation war schmerzhaft.«
    »Charlie war bewusstlos, als die Hand abgesägt wurde. Er sagt, es brennt noch fürchterlich, gleichzeitig juckt der Stumpf. Aber er nimmt Morphium, das hilft. Ich glaube, es ist bald verheilt. Er ist schon nicht mehr so blass wie vorher.«
    Sie räusperte sich, räusperte sich erneut. Ihre Hand bewegte sich hin und her wie etwas in einem Uhrwerk. Als müsse sie ihre Worte erst wägen. Ich bat sie inständig, aus ihrem Herzen keine Mördergrube zu machen und frei heraus alles zu sagen, und sie sagte: »Es ist ja nicht so, dass ich mich

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