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Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Die Sisters Brothers: Roman (German Edition)

Titel: Die Sisters Brothers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick deWitt
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Wein ist nicht verkäuflich.«
    »Wir zahlen San-Francisco-Preise«, sagte er und hielt demonstrativ seine Geldbörse in die Höhe. Er erhielt aber keine Antwort, und so starrten die Brüder weiterhin sinnlos ins Dunkle. »Warum versteckt ihr euch? Habt ihr Angst vor uns?«
    »Nicht besonders«, sagte Warm.
    »Dann kommt raus und redet mit uns wie Männer.«
    »Das bestimmt nicht.«
    »Und ihr wollt uns auch keinen Wein verkaufen?«
    »Du hast es erfasst.«
    »Und wenn ich mir einfach ein Fass nehme?«
    Warm ließ sich Zeit mit der Antwort. Schließlich sagte er: »Dann schieße ich dir die Eier weg, mein Freund.« Darauf abermals Morris’ überdrehtes Lachen. Den letzten Satz empfand er wohl als so witzig, dass er sich nicht mehr einkriegte. Auch Charlie musste grinsen. »Soll ich dir was verraten? Die beiden sind besoffen.«
    Die Brüder hielten erst einmal Familienrat. Am Ende trat der Oberbruder aus dem Kreis und nickte. Laut sagte er: »Mir scheint, ihr habt heute Abend selber tief ins Glas geschaut. Doch ehe der Morgen graut, wird euer Geist erlahmen, und euer schweres Blut wird euch in den Schlaf befördern. Seid versichert, dass wir dann kommen und euch nicht nur den Wein nehmen. Dann seid ihr beide nämlich dran.« Diesmal kam keine Antwort von Morris und Warm, der Spott war ihnen vergangen. Der Oberbruder trat ans Ufer und warf sich mit kühn gerecktem Kinn in Pose, was sehr dramatisch und heroisch aussah. Er sonnte sich schon im Glanz des Sieges, so viel war klar. Zumindest hatte seine geschwollene Rede bei dem lustigen Duo auf der anderen Seite Eindruck hinterlassen, denn dort begann jetzt eine hektische Diskussion, die immer lauter wurde und schließlich in einen offenen Streit überging. Sehr gut zu verstehen war Morris, der mit den Worten »Hermann, nicht!« das Schlimmste zu verhindern suchte. Vergebens, der scharfe Knall von Warms Baby Dragoon beendete die Auseinandersetzung, und der Oberbruder fiel durch einen Kopfschuss.
    Dann geschah alles sehr schnell. Die anderen Brüder warfen sich auf den Boden und begannen, wild in die Richtung von Warm und Morris zu ballern. Natürlich erwiderte das betrunkene Duo das Feuer. Jedoch deutete einiges darauf hin, dass sie sich dabei so dicht an Mutter Erde drückten, dass sie nicht zielen konnten – selbst wenn sie die Augen offen gehabt hätten. Charlie wusste auch hier Rat: »Schalten wir erst einmal die anderen Brüder aus. Denn wenn sie Warm abknallen, war alles umsonst.« Von unserer Position aus boten die verbliebenen Brüder ein Ziel der leichten Art, und so dauerte es keine zwanzig Sekunden, ehe sie leblos im Sand lagen, direkt neben ihrem Anführer.
    Das vielfache Echo, das unser Schusswechsel zwischen den Hügeln hervorrief, war noch nicht ganz verhallt, da hörte man von unten Warms Triumphgeheul. Er hatte von unserem Feuer gar nichts gemerkt und glaubte allen Ernstes, er hätte die Brüder allein zur Strecke gebracht, weswegen er jetzt große Töne spuckte. Da rief ihm Charlie zu: »He, Warm, das waren mein Bruder und ich, nicht du. He, Warm, hörst du mich?« Sofort war es mit der Feierlaune vorbei, und die Streiterei begann von vorn. Sie hockten im Unterholz und konnten sich einfach nicht einigen.
    »Ich weiß, dass ihr mich hören könnt«, rief Charlie hinüber.
    »Mit wem spreche ich?«, rief Warm zurück. »Mit der Hackfresse oder mit dem Fettwanst? Mit der Hackfresse rede ich nicht.«
    Charlie sah mich an und signalisierte mir, dass ich jetzt dran sei. Ich stand auf in der Hoffnung, damit einen ernsthaften und entschlossenen Eindruck zu machen, doch am Ende war es für alle Beteiligten nur peinlich. Ich räusperte mich. »Hallo?«, sagte ich.
    »Ist das der Dicke?«, fragte Warm.
    »Ich heiße Eli.«
    »Aber du bist der Dicke, oder? Der Korpulentere von euch beiden?«
    In diesem Moment meinte ich Morris lachen zu hören.
    »Ich bin korpulent.«
    »Hör zu, ich wollte dich nicht beleidigen. Ich selber kann bei Tisch auch schlecht Nein sagen. Manche Menschen haben eben mehr Appetit als andere, und daran kann man nichts ändern. Sollen wir etwa hungern?«
    »Warm!«, rief ich. »Du bist betrunken, aber wir müssen reden. Meinst du, du schaffst das? Oder soll Morris für dich einspringen?«
    »Worüber willst du reden?«
    »Über unser altes Thema: Wir wollen eure Partner werden.«
    Charlie kniff mich ins Bein. »Was machst du denn da? Was soll das?«
    Ich sagte ihm: »Wir haben die Brüder getötet, das verbessert unsere

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