Die Skelettbande
fuhr er erneut zu
einem geheimen Treffen mit seinen alten Freunden. Sie wollten einen Plan
ausarbeiten, wie sie sich gegen die Unbekannten wehren könnten, die sie
bedrohten. Seit ihrem letzten Treffen auf dem Hügel dachte er oft zurück an
seine Kindheit. Es erfüllte ihn heute noch mit Stolz, wenn er daran dachte,
dass sie als Kinder wie Pech und Schwefel zusammengehalten hatten. Und sie
würden auch jetzt zusammenhalten, obwohl sich im Moment alles wegen der Sache
mit Annika gegen sie zu verschwören schien.
»Mein Gott, wir waren halt
Kinder und wussten nicht, was wir taten«, murmelte er vor sich hin. Doch es
klang so, als glaubte er selbst nicht an das, was er da sagte. Er dachte in
diesem Moment auch an Annette Gardtmanns, in die er damals heimlich verliebt
gewesen war. Weil sie bei der Bande dabei sein wollte, benahm sie sich wie ein
Junge, aber unter ihrer burschikosen Fassade war sie sensibel und hatte später
wegen der Sache die größten Skrupel und Gewissensbisse gehabt.
Er schreckte aus seinen
Gedanken hoch, als das Fernlicht eines entgegenkommenden Fahrzeugs ihn
blendete. Um sich abzulenken, schaltete er das Radio ein, in dem ein Schlager
lief. »Schreckliche Dudelmusik!«, fluchte er vor sich hin. Aber zumindest kam
er so auf andere Gedanken. Er passierte das Ortsausgangsschild und fuhr auf der
Landstraße weiter. Die Gegend wurde immer karger und ländlicher. Nach einer
Weile bog er rechts ab.
Es war schwerer, als sie
gedacht hatten, Jochen Körberleins Wagen zu verfolgen. Weil die Straßen frei waren, fuhr Körberlein recht zügig, auch wenn er
sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen hielt. Der Abstand wurde immer größer,
sodass Tim nichts anderes übrigblieb, als einen Zahn zuzulegen. Gaby, Karl und
Klößchen konnten bei dem Tempo nicht mehr mithalten und fielen weit zurück.
»Ich bleib an ihm dran und ruf
euch an, wenn ich weiß, wohin er fährt«, rief Tim seinen Freunden noch zu,
bevor ihn die Dunkelheit verschluckte.
»Ja, toll! Dann hätten wir uns
den ganzen Stress hier nicht antun müssen und Tim hätte das im Alleingang
erledigen können«, jammerte Klößchen, der mitten auf der Fahrbahn anhielt und
kurz verschnaufte. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schob sein Rad
zum Straßenrand.
Karl und Gaby folgten ihm. Sie
hörten das Zirpen von Grillen und lautes Rascheln aus dem nahegelegenen
Wäldchen, von dem sie im Dunkeln nur die Umrisse sehen konnten.
»Wir warten hier, bis Tim sich
meldet«, sagte Gaby.
Die drei lauschten in die
Nacht. Es umfing sie unendliche Stille, die nur von den Geräuschen der Natur
unterbrochen wurde.
Jochen Körberlein fuhr über
einen holprigen Kiesweg, der zu einem der kleinen Seen in dieser Gegend führte.
Am Ufer warteten seine Freunde schon auf ihn. Sie standen alle im Kreis.
Schweigend und in sich versunken. Jochen Körberlein parkte neben den anderen
Wagen und stieg aus. Sie hatten die Scheinwerfer ausgeschaltet und nur eine
Taschenlampe, die Konrad Harkenthal mitgebracht und auf die Motorhaube seines
Wagens gelegt hatte, strahlte in Richtung See und tauchte die Szenerie in ein
gespenstisches, graubleiches Licht. Ein kleines Boot dümpelte träge auf den
Wellen.
»Du bist zu spät!«, empfing ihn
Konrad vorwurfsvoll.
»Die alte Karre ist nicht
angesprungen«, erwiderte er patzig. Der alte Nörgler. Diese ständigen Vorwürfe,
genauso wie damals. Nichts hat sich verändert, dachte Jochen. Vielleicht war
ihre Gemeinschaft doch nicht so toll gewesen wie in seinen Erinnerungen.
»Wir wissen alle, warum wir
hier sind«, holte Konrad aus und schaute in die Runde. Die anderen nickten und
Harkenthal fuhr fort: »Wir haben alle die Zeichen verstanden: den Einbruch in
mein Haus, die Totenköpfe, die man euch geschickt hat, und die Entführung von
Henry. Es gibt da jemanden, der nicht will, dass die Vergangenheit ruht!«
»Aber wer kann das sein!?
Annette Gardtmanns’ Stimme überschlug sich vor Aufregung. Ihre Nerven lagen
blank. »Wir sollten die Polizei einschalten!«
»Annette hat recht. Wir können
das nicht selbst regeln«, unterstützte sie Olaf Knupke, der sonst immer den
Furchtlosen spielte. Heute jedoch war deutlich zu spüren, dass er Angst hatte.
»Ja, wir informieren die
Polizei«, stimmte Richard Schweiß aufgeregt zu. »Das ist der einzige Weg, damit
wir und unsere Familien wieder ruhig schlafen können!«
Auf einmal fingen alle an,
aufgeregt durcheinanderzureden. Nur Konrad Harkenthal blieb ruhig.
»Wir
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