Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
stoßen, die uns entgegenkommt – sie ist schwer zu übersehen, da sie von vier Eunuchen mit enorm langen Trompeten angeführt wird. Diese Herolde und andere Begleiter, die mit langen Pfauenfedern den Boden für den Sultan sauber fegen, treten beiseite, und plötzlich stehen wir vor Ismail, mit Zidana an seiner Seite.
Ihre Augen richten sich sofort in eisiger Wut auf Alys und Momo. Sie zupft ihren Mann am Ärmel. »Es gibt ein paar neue Mädchen, die ich für dich besorgt habe, mein Herrscher; die Korsaren haben sie bei ihrem letzten Fischzug im Mittelmeer erbeutet. Eine stammt aus China, ein blasses Ding, mit Brüsten wie Äpfel und Haar wie schwarze Seide, das für den Harem des Großtürken bestimmt war. Sie wird dir gefallen, sie ist sehr exotisch, aber auch feurig. Ich musste ihr die Fingernägel schneiden …«
Doch Ismail hat nur Augen für das Kind auf Alys’ Arm. Er kommt auf uns zu, fast ohne einen Blick auf Alys selbst, nimmt ihr Momo ab und hält ihn staunend in die Luft. »Mein Sohn?«
Zidanas Gesicht verfinstert sich erschreckend, doch jetzt hat der Sultan das Kind auf dem Arm.
»Lass dich nicht blenden, o Licht der Welt. Was du siehst, ist ein übler Zaubertrick«, sagt sie, als er die Windel löst. »Das Kind ist ein Dämon, der nur vorgibt, ein Junge zu sein. Meine Frauen haben gesehen, wie der Weiße Schwan mit djenoun verkehrte, wie sie ihnen die Brust gab, bei ihnen lag und mit ihnen feilschte, um die Macht zu gewinnen, diese Illusion zu erzeugen. Frag, wen du willst, sie haben ihr den Verstand geraubt. Sie hat mit ihnen im Schmutz und Abfall des Lagers gelebt. Man hat gehört, wie sie in der Dämmerung mit ihnen gesungen hat; man hat gesehen, wie sie nackt mit ihnen tanzte. Und die Männer! Immerzu scharwenzeln Männer um sie herum. Man hat mir erzählt, dass sie des Nachts heimlich den Harem verlässt und die Beine für jeden breitmacht, der ihr gefällt. Sie ist ein lüsternes Geschöpf, mein Liebling. Mit eigenen Augen habe ich sie mit dem hajib im Bett …« Sie macht Makarim ein Zeichen, die vortritt und sich vor dem Sultan niederwirft.
»Das ist wahr, mein Herrscher! Ich habe es auch gesehen. Ich war Sklavin des Weißen Schwans, aber sie hat mich weggeschickt, als ich den Großwesir daran hindern wollte, ihr Zelt zu betreten. ›Lass ihn rein, lass ihn rein!‹, säuselte sie. Und als ich einwandte, dass sich das nicht gehöre, hat sie mich in ihrer Wut auf den Kopf geschlagen und davongejagt. Da bin ich zur Herrscherin gelaufen, sie kam mit mir, um zu verhindern, dass es zu einer solchen Unschicklichkeit im Harem Eurer Majestät kommt, und so wurde sie Zeugin dieser schändlichen Szene!«
»Siehst du?« Zidanas Augen glänzen triumphierend: Zwei Fliegen mit einer Klappe erledigt. »Und es gibt noch andere, die das schamlose Benehmen dieser Hure bezeugen können.« Sie beugt sich herab und flüstert Taroob etwas ins Ohr; sie nickt und läuft davon.
Ismail steigt das Blut zu Kopf, bis er puterrot angelaufen ist. Hastig wickelt er das Kind wieder in seine Windeln und hält dann einen Augenblick inne, um den goldenen Ring an der Kette zu betrachten, den es um den Hals trägt.
»Ihr werdet doch wohl diesen Verleumdungen keinen Glauben schenken, Herr?«, höre ich mich plötzlich sagen. Mein Herz schlägt wie verrückt, und das Gesicht des Sultans verfinstert sich noch mehr. Ich spüre, wie Zidanas Blick langsam über mich hinwegwandert. Das ist mein Todesurteil, entweder er oder sie. Doch Alys ist zu verwirrt, um sich zu verteidigen, deshalb muss ich für sie sprechen. »Der Weiße Schwan hat Euch einen Sohn geschenkt, einen wunderbaren Sohn«, dränge ich ihn.
Doch der Sultan starrt Momo an, als wäre er tatsächlich ein überirdisches Wesen, ein böser Sukkubus, ein schlauer djinn . Und es ist wahr: Zwischen Vater und Sohn besteht nicht viel Ähnlichkeit. Blaue Augen, blondes Haar. Es ist, als hätte Momo sein marokkanisches Erbe zugunsten dessen seiner Mutter ausgeschlagen.
Ismail dreht sich zu mir um. Sein Gesicht wirkt wie aus Holz geschnitzt: wütend, verunstaltet. Ich bezweifle, dass er ein Wort von dem gehört hat, was ich sagte. Er drängt sich an mir vorbei und sieht Alys finster an. Auge in Auge stehen sie voreinander, der Sultan ist kein großer Mann. »Ist das wahr?«, knurrt er. »Du und der Großwesir?«
Sie hält seinem Blick stand. Dann blickt sie auf das Baby. Sie will es wieder an sich nehmen, doch Ismail drückt es an sich, so fest, dass es anfängt zu
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