Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
untertänigen Diener alles, was er Eurer Ansicht nach getan haben mag.«
»Versuch nicht, dich herauszureden, du Wurm!«, kreischt Zidana. »Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie du mit dem Weißen Schwan im Bett geturtelt hast.«
Das Gesicht des Großwesirs strafft sich wieder: Das war offensichtlich nicht die Beschuldigung, die er erwartet hat. Und jetzt funkelt noch etwas Berechnendes in seinen Augen auf, als er im Geiste die diversen Möglichkeiten für sein Überleben durchgeht. Schließlich entscheidet er sich und sagt: »Aber alle, die mich kennen, wissen, dass diese Anschuldigung falsch sein muss, mein Herrscher. Meine Sünden, ich will es gestehen, sind mannigfaltig – doch mich gelüstet es nicht nach Frauen, ganz gleich, wie reizend sie sind. Es wird Euch nicht gefallen, was ich da sage, mein Herrscher, aber Ihr braucht nur Euren Obersten Schreiber und Hüter des Buches zu fragen, den guten Nus-Nus.«
Der Sultan richtet seine undurchdringlichen Augen auf mich. Der Basiliskenblick ist so durchbohrend, dass ich befürchte, er könnte mich damit in Stein verwandeln. »Sprich, Nus-Nus.«
Ich spüre, wie ich anfange zu zittern. Ich möchte meinen Erzfeind umbringen, ihm ein für alle Male sein Krokodilsmaul stopfen. Am liebsten würde ich im Erdboden versinken. Vor allem will ich nicht meine beschämende Vergangenheit vor allen Anwesenden ausbreiten. Ich bin jetzt ein bukhari , ein Krieger, der einen Feldzug überlebt hat. Dazu passt das Bild eines Lustknaben nicht. Aber ich muss Alys retten. Ich schlucke und sage: »Soweit ich weiß, zieht der Großwesir tatsächlich Männer den Frauen vor.«
»Dich auch?«
»Er hat gelegentlich sein … Interesse nicht verhehlen können.«
Diese Ausflüchte befriedigen Ismail nicht. »Sprich dich aus!«
»Du bist unter Freunden«, ermuntert mich auch Zidana, erwartungsvoll und honigsüß. Wenn der Trick mit dem Weißen Schwan nicht funktioniert, wird sie mit Freuden einen anderen Weg suchen, um ihr Ziel zu erreichen. Dann blinzelt sie mir zu. »Geist der Senufo, erinnerst du dich?«
Ich gewinne meine Fassung zurück. Es ist nicht meine Schande, sage ich mir. Ich beschwöre mein zweites Gesicht, das kponyungu . Ich bin nicht ich . »Abdelaziz ben Hafid hat mich bedrängt, als wir von Gao nach Fès reisten, nachdem er mich auf dem Sklavenmarkt gekauft und kastriert hatte. Er hat mich drei Mal vergewaltigt, bevor ich von der Kastration vollkommen genesen war. Seitdem hat er weitere, erfolglose Versuche unternommen.«
Ismails Augen werden zu schmalen Schlitzen, als er dies vernimmt, doch er wirkt nicht überrascht. »Während du unter meinem Schutz standest?«
Ich nicke. Mein Mund ist so trocken, dass ich kaum ein Wort herausbringe. »Das letzte Mal an dem Tag, als wir am Melwiya ankamen und Ihr die Sklaven … äh … maßregeln musstet, die die Zelte falsch aufgebaut hatten. Er hat mich betäuben und zu seinem Zelt schleppen lassen. Kaid ben Hadou kann es bezeugen.«
Der Kaid wird gerufen. Er runzelt die Stirn, als ihm die Frage gestellt wird, sieht erst den hajib an, der seinen Blick trotzig erwidert, und dann mich. Erkenne ich Mitleid in seinen Augen oder nur Belustigung? Wie auch immer, er bestätigt dem Herrscher, dass er tatsächlich von einem der eigenen Sklaven des Großwesirs gerufen worden war und hinzukam, als ich versuchte, mich dessen unerwünschten Aufmerksamkeiten zu entziehen. Er formuliert es höflich, aber präzise und fügt noch aufschlussreich hinzu, das Kind, das ihn zu Hilfe geholt habe, sei selbst den perversen Gelüsten des hajib zum Opfer gefallen.
Ismails Gesicht wird von Sekunde zu Sekunde finsterer.
»Seht ihr!«, mischt sich Zidana triumphierend ein. »Männer, Frauen und Kinder – er macht keinen Unterschied.«
»Ich habe den Weißen Schwan nicht angerührt, o Herr, niemals! Das ist ein Plan meiner Feinde, die mich loswerden wollen …«
Ismail nimmt seiner Frau die Lanze ab und versetzt dem Wesir einen heftigen Schlag auf den Kopf. »Du sprichst erst, wenn du dazu aufgefordert wirst!«
Zidana, für die diese Vorschrift nicht gilt, lacht. »Verzweifelte Lügen! Jeder, der den Großwesir kennt, weiß, dass er von Macht und Status besessen ist. Als du nicht da warst, saß er auf deinem Thron, schlenderte durch die gesamte Anlage und erklärte sich zu deiner rechten Hand. Er hat sogar das Balg des Weißen Schwans mit dem goldenen Ring ausgezeichnet, der nur deinen gesetzlich anerkannten Söhnen zusteht.«
Ismail stößt dem hajib
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