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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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schöne schwarze Frau geheiratet habe, die um einiges williger und fröhlicher sei als die Frau, die er zu Hause zurückgelassen hat, und dass das Leben hier in Meknès auf hunderterlei Art besser sei als sein Leben als Mitglied der Marine Seiner englischen Majestät.
    Man kann sehen, wie sich Sir James’ Gesicht während dieses Lobgesangs verdüstert, doch er wahrt seine Haltung, und am Ende räumt Ismail ein, gerade einmal einhundertdreißig englische Sklaven zu haben, von denen siebzig aus Tanger stammen, und weitere sechzig, die Teil seines Gefolges am Hof sind, Bedienstete seiner Beamten, die gerade für das Leben am Hof ausgebildet werden.
    »Ich bin bereit, fünfzig Achterstücke für jeden von ihnen zu bieten, Majestät.«
    Der Sultan lacht spöttisch. »Zweihundert für jeden lautet der Preis für ihre Befreiung, und noch mehr für die Sklaven meines Gefolges, falls sie sich zur Rückkehr entscheiden.«
    »Zweihundert Achterstücke? Das ist absurd!«
    »Ich hielt England für ein reiches Land, das seine Bürger schätzt.«
    »Der Wert eines Menschen ist unbezahlbar, Sir. Aber zweihundert Achterstücke …« Dem Gesandten verschlägt es die Sprache.
    Ismail bleibt charmant. »Denkt darüber nach, lieber Freund. Ich werde Euch Kuchen und Limonade schicken lassen, damit Ihr Euch erfrischen und die Angelegenheit mit kühlem Kopf bedenken könnt.«
    Sollte Sir James gehofft haben, den Sultan beim Abendessen stellen zu können, so wird er enttäuscht sein: Ismail speist nur selten in der Öffentlichkeit – sich bei einem so gewöhnlichen menschlichen Bedürfnis beobachten zu lassen würde seinem Status schaden, so glaubt er. Doch nachdem ich meine Pflicht als Vorkoster des Herrschers erfüllt habe, schickt er mich hinüber, um neben dem Gesandten zu sitzen, Fragen über den Hof zu beantworten und ganz allgemein Augen und Ohren offen zu halten, insbesondere was ben Hadou angeht, der neben dem Gesandten sitzt und Ismail inzwischen suspekt ist. Vor einer Woche erst hat er al-Attar eine kostbare Schüssel aus Nicäa an den Kopf geworfen und gerufen: »Geh mir aus den Augen, du Hund, Sohn einer Christin!« Der Kaid war ausgewichen, die Schüssel zersprang in tausend Stücke, und ich wurde beauftragt, die Scherben wegzufegen. Ich habe vergessen, was meinen Herrn so wütend gemacht hatte; an manchen Tagen braucht es nicht viel, doch der Vorwurf, dass ben Hadou der Sohn einer Ungläubigen sei, faszinierte mich. Immerhin erklärt es sein Talent für die englische Sprache. Auf alle Fälle sitzt er zur Rechten des Gesandten und ich zur weniger bedeutenden Linken. Von Samir Rafik ist zum Glück nichts zu sehen.
    Der Tisch ist reich gedeckt, Malik hat sich selbst übertroffen. Im Mittelpunkt steht ein geschmortes Lamm am Spieß, zubereitet mit Honig, Koriander, Mandeln, Birnen und Walnüssen. In einer Schüssel aus getriebenem Silber wird ein Eintopf aus Ziegenfleisch mit grünem Koriander und Kumin serviert, auf goldenen Platten sind mit Safran gewürzte Brathähnchen angerichtet, duftender Couscous mit Tauben- und Hühnerfleisch und mit Mandeln und Rosinen geschmückt, heiße Pasteten mit weichem Ziegenkäse und Datteln, Fettgebackenes und süßes, vor Zimt und Honig triefendes Gebäck, kleine Mandelküchlein in Form von Gazellenhörnern und Halbmonden, gefüllt mit zerstoßenen Pinienkernen, Pistazien und einem Hauch von Rosenwasser. Ich habe erst ein oder zwei Hand voll von Ismails Lieblingskost, Couscous mit Kichererbsen, gegessen, deshalb bin ich froh, an diesem Fest teilnehmen zu dürfen. Lange Zeit hört man nichts als das Schmatzen zufriedener Menschen und Lobpreisungen; Lobpreisungen und Schmatzen.
    Ich warte, bis ben Hadou aufsteht, um sich zu erleichtern, dann sage ich leise zu Sir James: »Bitte bleibt ganz ruhig, Sir, wenn ich Euch jetzt etwas erzähle. Eure Diskretion entscheidet über Leben und Tod.«
    Der Gesandte ist kein Schauspieler und starrt mich überrascht an. Ich beuge den Kopf über den Teller, als wäre ich nur damit beschäftigt, das Fleisch vom Knochen zu lösen. Ich habe bemerkt, dass man Sir James und seiner Entourage irgendwelche neumodischen Essgeräte gegeben hat, als würden ihre Hände nicht völlig genügen. Während ich mit dem Knorpel kämpfe, sage ich leise: »Es gibt eine englische Frau im Harem des Sultans. Sie heißt Alys Swann. Ihre Familie kam während Eures Bürgerkriegs nach Den Haag; ihr Vater war ein überzeugter Royalist und musste fliehen. Alys wurde von den Korsaren

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