Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
Vom Netzwerk:
Schleiern, die sie rasch über ihre Gesichter ziehen, den gellenden Begrüßungsschrei an. Aus den Toren der Stadt kommen Reiter auf uns zu, um zu sehen, wer wir sind. Nachdem sich ben Hadou zu erkennen gegeben hat, reitet ein Bote eilig zurück, und bald stehen überall englische Truppen in Gala-Uniformen stramm und begrüßen uns mit lautem Kanonendonner. So herzlich ist der Empfang, dass man sich kaum vorstellen kann, dass wir noch vor Kurzem um diese Hafenstadt Krieg führten, diesen winzigen Finger, der sich ins Meer erstreckt, die Küste Spaniens fast berührt und das Mittelmeer vom Atlantik trennt. Sir James Leslie kommt uns hoch zu Ross entgegen. Trotz seiner angespannten Beziehungen zum Sultan bereitet er uns einen freundlichen Empfang mit einem großen Fest und einem farbenprächtigen Feuerwerk, das zischend über dem Wasser explodiert. Ich wünschte, Momo könnte es sehen. Als die Festlichkeiten ihren Höhepunkt erreichen, schleiche ich mich davon, um nach ihm zu sehen. Er ist seit vier Tagen in der Truhe eingesperrt, mit nichts weiter als Brot, Datteln und einem kleinen Wasserbeutel. Doch das Gepäck wird schwer bewacht, und ich habe hier nichts zu sagen. Man schickt mich höflich, aber bestimmt wieder weg. Ich kann in meiner komfortablen Kammer kein Auge zutun, wenn ich daran denke, wie der arme Junge in seinem winzigen, schmutzigen Gefängnis kauert. Das ungeheuerliche Ausmaß unseres Unternehmens überwältigt mich einmal mehr. Ein Kind von seiner Mutter zu trennen, vielleicht für immer, alles zu riskieren …
    Hör auf, Nus-Nus, schelte ich mich heftig, sei ein Mann.

TEIL VIER

EINUNDDREISSIG
    D as Schiff, das uns nach England bringen wird, liegt in der Bucht vor Anker. Die Segel sind eingezogen, es dümpelt sanft auf den Wellen und macht einen durchaus funktionstüchtigen Eindruck. Doch ben Hadou ist enttäuscht. »Nur zwei Decks und nicht mehr als fünfzig Kanonen. Von den Engländern hätte ich mehr erwartet, schließlich halten sie sich für die Herrscher der Weltmeere. Das hier ist bestenfalls ein drittklassiges Schiff. Wir werden aussehen wie Bettler, wenn wir in einem solchen Kahn in London einlaufen. Dabei habe ich ohnehin schon ein weit kleineres Gefolge akzeptiert, als mir lieb gewesen wäre.« Während wir durch die Stadt reiten und sie durch das untere Tor verlassen, das zum Hafen führt, ärgert er sich weiter über den armseligen Eindruck, den wir machen werden. Am Kai sagt er grimmig: »Wir haben die Koutoubia-Moschee und Hassans Turm erbaut, wir sind die Nachfahren von Al Mansour, dem reichsten Mann der Welt, und Höflinge des mächtigsten Herrschers in Afrika. Es wirft ein schlechtes Licht auf den Sultan, wenn wir in London nur mit einer Fanfare ankommen.«
    In Wirklichkeit will er sagen, dass es ein schlechtes Licht auf ihn wirft. Ben Hadous Stolz ist legendär. Wenigstens wirkt das Schiff seetüchtig und stabil. Als ich das sage, winkt al-Attar ungeduldig ab und eilt davon, um einen seiner Leutnants anzubrüllen.
    Eine Weile beobachtet er mürrisch, wie die Fracht an Bord gebracht wird, dann dreht er sich ärgerlich zu mir um und sagt: »Überwach du den Rest, Nus-Nus. Dass mir nichts verschüttet wird oder abhandenkommt. Vor Sonnenuntergang bin ich zurück.« Er läuft über den Strand, reißt dem Jungen, dem er zuvor sein Pferd anvertraut hatte, die Zügel aus der Hand, springt mit einem Satz in den Sattel und reitet im Galopp zurück in die Stadt.
    Eine nach der anderen werden die Kisten und das übrige Gepäck im Laderaum des Schiffes verstaut. Ich sorge dafür, dass man Momos Truhe so lagert, dass die Luft zirkulieren kann und sie, wenn wir erst einmal auf See sind, leicht zugänglich ist.
    Als ben Hadou endlich an der Spitze einer seltsamen Prozession wieder eintrifft, färbt die Sonne bereits die ersten Wolken am Horizont rot. Ein Dutzend Männer schwankt unter dem Gewicht von zwei großen Kisten hin und her, hinter deren Gittern man flüchtige Bewegungen erkennt. Und hinter ihnen kommt eine Gruppe von Männern, die … Ich runzele die Stirn. Kann das sein? Und als sie näher kommen, werden meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Offensichtlich hat ben Hadou unter den Kaufleuten, die ihre Waren in Tanger einschiffen, jemanden gefunden, der ihm zwei Berberlöwen und eine ganze Herde von Straußen verkauft hat. Die Löwen blicken missmutig aus ihren Käfigen, als die Strauße – dreißig, wenn ich richtig gezählt habe – Richtung Strand an ihnen vorbeiziehen. In der

Weitere Kostenlose Bücher