Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
während sich das Treffen hinzieht, drifte ich in angenehme Phantasien über die Zukunft ab, die uns erwartet. Momo in einem blauen Seidenanzug neben seiner wunderschönen Mutter in cremefarbenem Satin. Sie braucht ihr Haar nicht mit Goldstaub zu pudern oder ihr Gesicht mit giftigem Bleiweiß einzuschmieren, um die natürliche Schönheit ihrer porzellanweißen Haut und ihres von der Sonne erleuchteten Haars zu steigern. Sie braucht keine Tollkirsche, um ihre perfekten Pupillen zu vergrößern. Ich selbst stehe mit einem eleganten Mantel, gemusterter Samtweste, silbernen Schnallen an den Schuhen und einer schwarzen Perücke statt des Turbans stolz hinter ihnen, während wir für den Künstler posieren, der das Porträt für unser neues Heim malt. In einem dieser herrlichen Tagträume sehe ich Alys mit einem kleinen, in Spitze gehüllten Mädchen auf dem Arm – unsere Tochter!, erklärt meine eigenwillige Phantasie –, das sie den versammelten Hofdamen zeigt. So ein Unsinn! Ich reiße mich zusammen und ermahne mich im Stillen. Ich bin ein Eunuch. Ich kann keine eigenen Kinder zeugen. Schlimmer noch, ich bin ein Sklave, und sie ist eine vornehme Frau. Ich bin schwarz wie die Nacht und sie weiß wie der Tag; wir werden niemals zusammenkommen.
Ah, aber vielleicht bist du die Nacht und sie der Mond, ermutigt mich eine leise, einschmeichelnde Stimme, und wer weiß, welche Möglichkeiten so eine Verbindung eröffnet?
Ein stechender Schmerz in dem beschädigten Backenzahn reißt mich aus allen Träumereien. Obwohl ich mir Mühe gebe, das Stöhnen zu unterdrücken, beugt sich ein Gentleman mit einer wirren Perücke vor und fragt nach meinem Befinden. »Nur Zahnschmerzen«, erkläre ich. »Heute Morgen habe ich mir an einem ziemlich harten Stück Brot einen Zahn abgebrochen.«
»Liebe Güte! Die Sparmaßnahmen im Schloss müssen schlimmer sein, als ich dachte!« Er stellt sich als Mr. Ashmole vor und erzählt, er sei aus Oxford gekommen, um an dem Treffen teilzunehmen. Dann fragt er liebenswürdig nach meiner Herkunft und al-Attar nach den Sitten und Gebräuchen der Muselmanen und erklärt, er sei so etwas wie ein Sammler von Antiquitäten und seltenen Gegenständen, im Begriff, ein Museum hier in London aufzubauen, um seine Sammlung der ganzen Welt zugänglich zu machen. Er seufzt. »Ich würde liebend gern mehr reisen. Offensichtlich wird die Welt von Tag zu Tag größer – Afrika, Amerika, China … Stellt Euch nur die vielen Schätze vor, die man auf solchen Reisen sammeln könnte, Artefakte aus so vielen verschiedenen Kulturen … Wir können schon jetzt die abgezogene Haut eines indianischen Häuptlings zeigen oder den Sattel, auf dem Dschingis Khan geritten ist.«
Ben Hadou schneidet eine Grimasse. »Ich fürchte, mit etwas so Großartigem kann ich nicht dienen, aber ich habe ein paar maurische Sporen, die sich vielleicht für Eure Sammlung eignen.«
Ashmole ist offenbar begeistert. »Das wäre vortrefflich. Doch ich kann sie nicht annehmen, ohne Euch etwas im Austausch anzubieten.« Er denkt kurz nach und erklärt dann: »Ein Vergrößerungsglas vielleicht, das Ihr mit nach Marokko nehmen könnt? Im selben Haus wohnt übrigens ein Freund von mir, der diesen Herrn von seinen Zahnschmerzen befreien kann.«
Ben Hadous Augen leuchten auf. »Ich bin sicher, dass Nus-Nus Euren Freund nicht belästigen möchte, doch ich gestehe, dass ich selbst nur allzu gern ein solch magisches Vergrößerungsglas besitzen würde.«
»Ich kann Euch nicht versprechen, dass es genauso stark vergrößert wie das Mikroskop von Mr. Hooke, doch bin ich sicher, dass Ihr zufrieden sein werdet. Begleitet mich nach dem Treffen zu Mr. Draycotts Haus, und ich werde sehen, was ich tun kann. Es ist nicht weit von hier, gleich hinter der Fleet Street.«
Ich erkenne, dass al-Attar hin- und hergerissen ist, doch am Ende lehnt er die Einladung höflich ab und erklärt, er habe Pflichten im Schloss zu erledigen. Schließlich wird vereinbart, dass ich Mr. Ashmole begleite, um das Vergrößerungsglas abzuholen, woraufhin ben Hadou mich für diesen Tag von meinen Obliegenheiten entbindet.
Wie sich herausstellt, ist Mr. Ashmole eine höchst angenehme Gesellschaft. Er besteht darauf, dass wir vom College aus zu Fuß gehen, statt eine Sänfte oder eine Kutsche zu nehmen, und zeigt mir die Sehenswürdigkeiten. »In meinem Alter muss man sich bewegen, wisst Ihr, schon aus Angst davor, was passieren könnte, wenn man damit aufhört.«
Ich hebe die
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