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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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diktierte. Damals hatte er die Menschen lehren wollen, in seinem Namen den geraden Weg der Tugend zu beschreiten. Die Kuh ist eine lange Sure, eine der längsten im Koran und die erste, die man als mohammedanisches Kind auswendig lernt. Doch ich bin nicht als Muselman aufgewachsen und bekehrte mich erst spät zum Islam, obendrein nicht ganz freiwillig. Jeder weiß, dass es im Alter immer schwerer wird, etwas auswendig zu lernen. Außerdem ist es etwas völlig anderes, sich ohne Ablenkung auf etwas zu besinnen, als die Worte zu rezitieren, die Ismail erwartet, und zugleich voller Grauen auf die zu starren, die tatsächlich auf der Seite erscheinen. Die Kalligrafie ist elegant, doch der Inhalt … Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf, als ich sorgfältig anstimme: »Dies ist die Schrift, an der nicht zu zweifeln ist, geoffenbart als Rechtleitung für die Gottesfürchtigen, die an das Übersinnliche glauben, das Gebet verrichten …« Meine Augen überspringen die nächsten paar Zeilen, und dann muss ich beinahe würgen. Es geht darum, ob es besser ist, eine hässliche oder heidnische Frau von hinten zu nehmen, sodass man ihr nicht ins Gesicht sehen muss … Ich versuche verzweifelt, das Bild zu verbannen, das jetzt in meinem Kopf ist, damit es nicht die heiligen Worte des Korans vergiftet. »Ihr Gesicht ist verhüllt. Sie haben dereinst eine gewaltige Strafe zu erwarten …«
    Hat Zidana das absichtlich getan? Die zerstörten Seiten gegen den frevelhaftesten Text auszutauschen, den sie finden konnte? Ist das ihre Rache dafür, dass ich mit meiner Aufgabe gescheitert bin, dass ihr Mann sich so gern seines religiösen Verständnisses rühmt oder dass die gesamte Kultur des Landes sie in diesen goldenen Käfig gesperrt hat? Irgendwie bin ich ziemlich sicher, dass sie in ihren Gemächern sitzt und über den gottlosen Streich lacht, den sie uns allen gespielt hat.
    Stockend fahre ich fort und mache einen Fehler nach dem anderen, bis ich zu der Stelle »Für ihre Lü… Lügenhaftigkeit haben sie eine schmerzhafte Strafe …« komme. Hier klatscht Ismail in die Hände, und ich verstumme. »Was ist los mit dir, Nus-Nus? Normalerweise liest du so schön. Deine wohlklingende Stimme ist einer der wenigen Gründe, warum ich dich noch immer behalte.« Er macht eine Pause, um die versteckte Drohung sacken zu lassen. »Vielleicht ist es der Wert des Buches, der dir die Fassung raubt, aber du solltest dir in Erinnerung rufen, dass nicht du derjenige bist, der dafür bezahlen muss! Da fällt mir ein: Lauf und hol Abdelaziz, damit ich mit ihm beraten kann, was er dem Buchhändler bezahlen soll.«
    Ich finde den Großwesir beim zweiten Frühstück in seinem privaten Gebäudeflügel innerhalb des Dar Kbira. Silbertabletts mit kaltem Fleisch, Oliven, Brot, Käse und feinen Süßigkeiten bedecken die niedrigen Tische, während Abdelaziz auf einem Haufen seidener Kissen liegt und sich von zwei halb nackten Sklaven bedienen lässt, die trotz der beginnenden Muskeln unter der ebenholzschwarzen Haut nicht älter als zwölf oder dreizehn sein können. Die Gemächer des Wesirs sind noch prächtiger als die des Sultans. Die Wände sind mit Goldstaub bedeckt, den man aus den Palästen der Könige des Songhai-Reiches erbeutet hat, und in der tiefblauen Kuppel funkeln goldene Sternenmuster. Ich frage mich, wie es sein kann, dass er seine Räumlichkeiten bereits so luxuriös eingerichtet hat, während der Rest des Palastes noch eine Baustelle ist. Doch dann fällt mir ein, wer den Schlüssel zur Schatzkammer besitzt …
    »Nus-Nus – wie schön, dich in meinen bescheidenen Gemächern begrüßen zu dürfen! Komm, setz dich zu mir. Du musst unbedingt das Mandelgebäck probieren, es ist köstlich.« Er macht mir ein Zeichen mit seiner beringten Hand und klopft dann auf ein Kissen neben ihm, wobei er mich wie ein Basilisk anstarrt.
    Ich verneige mich. »Der Sultan bittet um Euer Erscheinen.«
    »Das hat doch sicher Zeit, bis ich mit dem Frühstück fertig bin.«
    Ich sage nichts. Wir wissen beide, dass Ismail nicht »bittet«.
    Abdelaziz verzieht das Gesicht und stopft sich eine Hand voll von dem Gebäck in den Mund. Honigklebrige Krümel fallen auf seinen Bart, während er mit offenem Mund kaut. Schließlich erhebt er sich schimpfend und schlägt die Hände des nubischen Knaben beiseite, der seine Gewänder abklopfen will. »Unverschämter Hund! Ich werde dich auspeitschen, wenn ich zurückkomme.« Die Worte klingen zärtlich, doch sein Blick ist

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