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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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Mal, wenn ich den Knaben sehe, ist er ein bisschen gewachsen, ein bisschen englischer geworden, ein bisschen mehr wie seine Mutter und weniger wie sein Vater, obwohl er dessen diebische Ader geerbt hat.
    Ich warne Nelly, ihren Schmuck im Auge zu behalten, doch sie lacht nur. »Ach, lasst ihn, soll er seinen Spaß haben. Ich bin ein besserer Taschendieb, als der Kleine jemals sein wird. Ich hole mir einfach alles wieder, wenn er nicht aufpasst.«
    Mein Herz sehnt sich nach Marokko – nach Alys –, auch wenn das bedeutet, wieder als Sklave zu dienen.
    Im Juli schließlich gehen wir, beladen mit Geschenken für Ismail, darunter eine prächtige französische Kutsche, sechs Pferde, zwölfhundert Fässer bestes Schießpulver samt zweitausend Musketen, in Deal an Bord eines Schiffes. Wir kehren in ein Land zurück, das sich im Siegestaumel befindet. Die Spanier sind endlich aus ihrem Stützpunkt, dem Hafen von Mamora, vertrieben worden. Kaid Omar wird gefeiert, denn nur dank seiner List konnte der Feind in die Flucht geschlagen werden. Nachdem er eine kleine Garnison an der Grenze der spanischen Enklave überrannt hatte, ließ er überraschend Gnade walten. Die Besiegten durften abziehen und berichteten daraufhin dem Gouverneur von Mamora, eine gewaltige marokkanische Streitmacht sei auf dem Weg, um die Stadt zu erobern, werde aber von einem edelmütigen Mann angeführt, und es wäre klüger, sich ihm zu ergeben. Ihre eigene Verschonung sei Beweis für Kaid Omars Ritterlichkeit. Nach eingehender Überlegung beschloss der spanische Gouverneur, dass dies tatsächlich die beste Lösung wäre, und entschied sich für den Frieden. Er handelte freien Abzug für sich und ein Dutzend hochrangiger Adelsfamilien aus. Die einfachen Bürger wurden natürlich alle gefangen genommen und warten wahrscheinlich noch heute in den Verliesen von Salé und Meknès darauf, dass man sie freikauft. Immer sind es die kleinen Leute, die im Krieg leiden.
    Als Folge seines glorreichen Sieges hat es Ismail nicht eilig, sich über die Einzelheiten des Abkommens, das wir mit den Engländern über Tanger ausgehandelt haben, unterrichten zu lassen, und wir können die Abreise aus Salé viel gemächlicher angehen als erwartet. Wir haben sogar genügend Zeit, einen kurzen Umweg über Fès zu machen, wo ben Hadou eine geschäftliche Angelegenheit zu erledigen hat. Dort bringt er den Alchemisten, Mr. Draycott, in einem seiner vielen Häuser unter, während wir weiter nach Meknès ziehen. Ich will mich erst vergewissern, dass Zidana Nathaniel freundlich empfangen wird, ehe ich ihn der Herrscherin vorstelle. Ich habe ihm erklärt, dass er es in ihren Diensten zu großem Wohlstand bringen kann, dies aber auch enorme Gefahren birgt. Dieser Widerspruch schien ihn nicht besonders zu beunruhigen, denn er ist entzückt von der Vorstellung, Hofalchemist im Palast des marokkanischen Sultans zu werden, aber noch hat er Zidana nicht getroffen. Der Kaid jedenfalls scheint entzückt zu sein, nun einen Mann der Wissenschaft großzügig unterstützen zu können. Es dient seinem Ansehen in der Welt. Zu meiner Verwunderung hat er seine neue Frau Kate nicht mit nach Marokko gebracht, möglicherweise muss er den Sultan genauso vorsichtig darauf vorbereiten wie ich Zidana, aber er hat neue Diener in das Haus von Fès beordert, in dem auch Mr. Draycott untergebracht ist. Es herrscht ein reges Kommen und Gehen von Ausstattern und Möbelhändlern, woraus ich folgere, dass er Kate nachkommen lassen wird, sobald die Zeit reif ist.
    Während ich sehe, wie er sein Nest baut, sehnt sich mein Herz nach Alys. Hier in Fès bin ich ihr nah und trotzdem so fern, als wäre ich immer noch in England. Nachdem ich die monatelange Verzögerung stoisch ertragen habe, da ich nichts unternehmen konnte, um die Abreise zu beschleunigen, bin ich nun zu einer Tatenlosigkeit verdammt, in der ich keine Befriedigung finde. So vergeht die Zeit in der schönsten Stadt der Welt in einer Wolke aus kaum unterdrücktem Unwillen gegen alles und jeden.
    Eine Woche später kommen wir in Meknès an und finden den Palast und die Anlagen im üblichen Chaos wieder. Auf dem Weg zu den königlichen Quartieren verirren wir uns sogar, da in der Zwischenzeit zahlreiche Gebäudeflügel und Innenhöfe abgerissen wurden, um Platz für neue Kasernen zu schaffen. Nachdem wir unsere Ankunft bekannt gegeben haben, erklärt man uns, der Sultan werde uns erst später empfangen; er sei dabei, seine Truppen zu drillen.
    Ben Hadou

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