Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
runzelt die Stirn. »Tja, Nus-Nus, es sieht so aus, als blieben uns ein paar Stunden Zeit, ehe wir Bericht erstatten müssen.« Dann blickt er mir in die Augen. »Du hast dein Land vorzüglich vertreten. Ich werde es den Herrscher wissen lassen.« Er hält meinem Blick lange stand, und ich bemerke eine gewisse Nervosität in seinem Ausdruck.
»Und ich werde mich hüten, irgendetwas zu erwähnen, das einen Schatten auf unsere Mission werfen könnte.«
Er grinst und klopft mir auf die Schulter, dann eilt er davon. Endlich bin ich allein und kann den Harem unter dem Vorwand aufsuchen, Zidana das kostbare Elixier zu bringen, das sie sich aus England gewünscht hat.
Im Harem hat sich nichts verändert, als wäre kein Tag vergangen, seit ich das letzte Mal hier war, und plötzlich packt mich die Angst, ich könnte um die Ecke biegen und in einem Hof auf Alys stoßen, mit dem spielenden Momo zu ihren Füßen. Doch obwohl ich mich in allen Pavillons und Gärten genau umsehe, finde ich keine Spur von ihr, und nach einer Weile erfasst mich kaltes Entsetzen.
Stattdessen stoße ich auf Zidana. Sie mustert mich von oben bis unten. »London ist dir gut bekommen, Nus-Nus, du hast noch nie so gut ausgesehen.«
Leider kann ich dasselbe von der Herrscherin nicht behaupten. In den vergangenen sieben Monaten ist sie sehr gealtert. Sie hat Ringe unter den gelblichen, blutunterlaufenen Augen und geht viel langsamer als früher; der mit einem Totenkopf geschmückte Stab ist nun eher eine Notwendigkeit als ein Schmuckstück. Sie nimmt das Fläschchen mit Primum Ens Melissae entgegen und schnüffelt misstrauisch. »Ich rieche nur Zitronenbalsam und Alkohol«, sagt sie vorwurfsvoll.
»Der Alchemist, der das Rezept zusammenstellte, bürgt für seine Wirksamkeit.« Dann erzähle ich ihr alles, was mir Nathaniel und Elias darüber berichtet haben.
»Makarim!« Kurz darauf stiehlt sich die Sklavin herein und blickt fragend von Zidana zu mir und zurück. »Hier, probier das«, befiehlt Zidana und reicht ihr das Fläschchen.
Makarim erblasst. Kein Wunder. Schließlich kennt sie die Art von Medizin, die ihre Herrscherin verteilt. Als sie etwas von der goldenen Flüssigkeit in einen Becher schenkt, zittert ihre Hand, aber nach kurzem Zögern schluckt sie den Inhalt hinunter. Sicher denkt sie, dass die Möglichkeit, vergiftet zu werden, immer noch besser ist, als den Stab auf den Kopf zu bekommen. Zidana beobachtet, wie sie die Flüssigkeit trinkt, und ihre schwarzen Augen sind nur noch Schlitze in dem runzeligen Gesicht. Natürlich passiert in diesem Augenblick nichts, was äußerlich sichtbar wäre.
»Glaubst du, dass ich auf das Elixier des erstbesten Scharlatans hereinfalle, das du mir anbringst? Ich sollte dich köpfen lassen, Eunuch! Vielleicht tue ich das sogar. Und jetzt gib mir das Gold und die Juwelen wieder, die ich dir anvertraute, damit du das Elixier kaufst, dann verschone ich dich. Vorerst.«
Ah. Nach einer unbehaglichen Pause verspreche ich, ihr alles am nächsten Tag zu bringen, obwohl ich es längst ausgegeben habe.
»Jetzt sofort!«, kreischt sie.
»Ich fürchte, dass unser Gepäck noch nicht abgeladen ist!« Verzweifelt versuche ich, Zeit zu schinden.
Sie schlägt mich mit ihrem Stab, doch zum Glück steckt nicht allzu viel Kraft dahinter. »Für wie dumm hältst du mich? Wer würde Gold und Juwelen im Gepäck einer Karawane transportieren? Du bringst sie sofort her! Makarim wird dich begleiten. Und wenn du bis Mittag nicht zurück bist, schicke ich die Wache nach dir.«
Makarim und ich treten bedrückt durch das eiserne Tor und gehen anschließend durch die Gänge des Palastes. Ich frage mich kurz, ob mir ben Hadou das Geld leihen würde, um Zidana zu bezahlen, komme aber zu dem Schluss, dass er vermutlich ablehnen würde. Wer dann? Ich bin ratlos, bis Makarim die Stille mit einer angsterfüllten Frage unterbricht: »Was ist in diesem Elixier? Muss ich jetzt sterben?«
»Davon gehe ich aus«, erwidere ich ernst.
Sie bleibt stehen und starrt mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Dann war es Gift?«
Angesichts ihres panischen Ausdrucks muss ich beinahe lachen. Soll sie genau das denken, sage ich mir, während ich mich an ihre boshafte Intrige gegen Alys erinnere. Und schweige.
Makarim schlingt die Arme um den Oberkörper und erschauert. »In den letzten Monaten sind schon so viele gestorben.« Sie verzieht das Gesicht, und ihre Augen füllen sich mit Tränen. »Ich will nicht sterben …«
»So viele
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