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Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)

Titel: Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Johnson
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gesehen?«
    »Ja, hab ich«, sage ich und drücke ihn an mich. Dann sehe ich auf: »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ein schlichtes Dankeschön reicht in diesem Fall nicht aus. Trotzdem danke ich dir von ganzem Herzen, Mustafa.«
    »Bitte, nenn mich Addo. Das ist der Name, den mein Stamm mir gegeben hat.«
    »König der Straße.« Ich nicke. Genau so sieht er aus, während er mit seinem Umhang, dem Turban und seinen leuchtenden Augen in der Dunkelheit steht. »Mein richtiger Name lautet Akuji.«
    »Tot und lebendig. Sehr passend. Auf jeden Fall besser als Nus-Nus.« Er wirft mir ein schräges Lächeln zu, seine weißen Zähne strahlen in dem dunklen Gesicht. Und dann wird er ernst. »Sie werden nach dir suchen. Besser gesagt, sie werden nach zwei Mauren suchen. Drei von uns würden wahrscheinlich einen Aufstand auslösen. Ich muss zu Hortense zurück, ehe man mich vermisst.«
    »Mach dir keine Sorgen um uns, ich weiß, wohin wir gehen können. Nochmals danke, Addo.« Wir umarmen uns kurz, dann verliert er sich in der Dunkelheit.
    Ich bringe Momo zu Nathaniel Draycott, dessen Haus nur zwei Straßen weit entfernt ist, wie mir jetzt wieder einfällt. Es regnet immer noch in Strömen, die Straßen sind menschenleer, und das kommt uns zugute. Als wir die Haustür erreichen, ist Momo schon wieder halbwegs weiß.
    Nathaniel sieht uns, hebt nur eine Augenbraue und winkt uns sofort herein, was man ihm gar nicht hoch genug anrechnen kann. Er starrt Momo an. »Bei Gott, nigredo wird zu albedo ! Was ist denn das für eine wundersame Alchemie?«
    Momo kichert entzückt.
    »Mr. Draycott, ich fürchte, ich muss Euch um Hilfe bitten.« Hastig erkläre ich ihm die Lage. »Es tut mir sehr leid, dass ich Euch in eine derart abscheuliche Sache verwickeln muss, und ich würde es Euch nicht verübeln, wenn Ihr die Wache rufen wollt. Doch zuerst hört mich an, ich habe Euch einen Vorschlag zu machen.«
    Eine Stunde später, nachdem meine Wunden versorgt worden sind und wir mein Angebot per Handschlag besiegelt haben, werfe ich mir einen geliehenen Umhang um, setze einen tief in die Stirn gezogenen Dreispitz auf und steige in die Sänfte, die Mr. Draycott gerufen hat. Die Träger laufen schnaufend und keuchend zum Schloss Whitehall. »Allmächtiger«, sagt einer von ihnen, als ich mit Momo unter dem Umhang verborgen aussteige. »Mit Verlaub, Sir, aber Ihr seid schwerer als ein Pferd.«
    Ich entschuldige mich und gebe ihm meine letzte Goldmünze, woraufhin er den Mund hält.
    Am Abend, nach dem couché des Königs, laufe ich mit Momo unbeleuchtete Gänge, selten genutzte Galerien und Hintertreppen entlang: all die unfrequentierten Orte des riesigen Palastes, durch die wir schließlich ungehindert zu der Geheimtreppe gelangen. Von dort geleitet uns der Türvorsteher, Mr. Chiffinch, zu Seiner Majestät.
    Wir finden den König beim Abendessen. Als Momo es sieht, stürzt er sich auf die Reste wie ein wildes Tier. Der König hat seine Amtskleidung abgelegt und trägt ein indisches Gewand, in dem er wie ein orientalischer Herrscher aussieht. Vielleicht – ich bin großzügig – fühlt sich Momo hier deswegen gleich wie zu Hause und fällt über das Essen her, ohne dass man ihn dazu aufgefordert hätte. Doch vermutlich ist er auch einfach ausgehungert, und das ist meine Schuld. Ich weise ihn schroff zurecht und entschuldige mich für sein ungezogenes Benehmen, doch Seine Majestät beachtet mich gar nicht. Ein neugieriger, sanfter Ausdruck huscht über sein Gesicht, während er beobachtet, wie der Junge sich die Pastete in den Mund stopft.
    Nach einer Weile sieht er zu mir auf. »Wusstet Ihr, dass man mich in seinem Alter das Schwarze Kind nannte? Meine Hautfarbe war um einiges dunkler als die dieses Knaben, und ich hatte nie blaue Augen. Seine Mutter muss sehr blond gewesen sein.«
    »Sie hat sehr blasse Haut, und ihr Haar ist wie gesponnenes Gold.« Seit ich sie das letzte Mal sah, sind fast vier Monate vergangen. Allmählich vergesse ich Alys’ Gesicht und erinnere mich nur an Einzelheiten – den Schatten, den ihre hellen Wimpern im Sonnenlicht auf ihre Wangen warfen; die feinen Linien um den Mund, als ihre Lippen die meinen berührten …
    Der König nickt nachdenklich, dann wendet er sich Momo zu. »Komm mal her, Kleiner.«
    Momo, der die Pastete aufgegessen hat, bis auf die klebrigen Krümel um die Mundränder, gehorcht.
    »Du musst dich verbeugen«, ermahne ich ihn. »Du stehst vor dem König von England.«
    Doch Momo ist viel zu

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