Die Sklavin des Sultans: Roman (German Edition)
festzulegen, sondern auch, weil sich unser geschätzter Gesandter mit der Magd Kate eingelassen hat und unseren Aufenthalt hier um seiner privaten Gelüste willen in die Länge zieht. »Aber Sire, wenn die Bitte von Euch kommt, von Monarch zu Monarch, könnte man sie vielleicht freikaufen.«
Der König hebt die Hand. »Mein lieber Freund, das Königreich ist so gut wie bankrott, und ein Freikauf ist eine teure Angelegenheit. Wenn wir nicht einmal zu einer Vereinbarung über die Freilassung der armen Teufel in Tanger kommen, wie sollen wir dann ein so kostbares Gut wie die Frau des Sultans freikaufen?«
»Aber Alys ist Eure Tochter, Sire!« Ich kann es immer noch nicht fassen.
»Wenn ich mich in die Ehen all meiner Verwandten einmischte, wäre mein Leben erheblich schwieriger. Zudem kann ich sie nicht offiziell als meine Tochter anerkennen, das wäre allzu kompliziert. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass die Dame mittlerweile zum mohammedanischen Glauben übergetreten ist, da sie dem Sultan ein Kind geboren hat.«
Ich nicke traurig. »Unter Zwang, Sire.« Unter Zwang und, o ja, Nus-Nus, Überredung.
»Tja, dann besteht wohl keinerlei Hoffnung. Ich kann nicht intervenieren. Sollte sie der Sultan jedoch freiwillig aufgeben, werde ich selbstverständlich alles in meiner Macht Stehende für sie tun. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen. Doch was Euch angeht, Nus-Nus, Ihr seid hier immer willkommen. Ich hoffe, Ihr wisst das.«
Dann macht er mir noch ein freundliches Angebot, doch da es unwahrscheinlich ist, dass daraus etwas werden kann, danke ich ihm und verabschiede mich anschließend mit schwerem Herzen von Momo. Er scheint das Ausmaß dieser Entwicklung nicht zu begreifen. Wie sollte er auch in seinem zarten Alter? Langsam schleppe ich mich in mein Zimmer zurück. Mein Herz, das noch wenige Stunden zuvor so heiß und hell wie reines alchemistisches Gold war, fühlt sich mit einem Mal kalt und schwer wie Blei an.
ACHTUNDDREISSIG
S chließlich wird Ende März das Abkommen von Tanger unterzeichnet, obwohl keine der Parteien mit den ausgehandelten Vereinbarungen wirklich zufrieden ist. Trotzdem zögert ben Hadou unsere Rückfahrt nach Marokko hinaus, zuerst unter dem Vorwand von Hamzas Verschwinden, bis man ihn schließlich für tot erklärt und in Ermangelung von Beweisen irgendwelchen Halsabschneidern die Schuld daran gibt. Dann fehlt noch die Kanone, die Ismail ihm mitzubringen aufgetragen hat; diese Bestellung wird mindestens zwei Monate in Anspruch nehmen. Und obendrein setzt er sich in den Kopf, Samir Rafik dabei zu helfen, den Drucker der englischen Ausgabe des Korans ausfindig zu machen, um die Fatwa des Sultans an ihm zu vollstrecken. Zu seinem großen Verdruss erledigt sich die Angelegenheit von selbst: Die Leiche von Alexander Ross verfault seit achtundzwanzig Jahren auf einem Friedhof von Hampshire, trotzdem wird Rafik damit beauftragt, sie auszugraben, denn der Sultan hat den Kopf des Mannes gefordert, und den soll er auch bekommen. Dieser unsinnige Befehl kostet uns wiederum Zeit, die al-Attar mit seiner hübschen Küchenmagd vertrödeln kann. Und so nehmen wir weiter Einladungen von den Granden Londons an: Wir besuchen die Universität von Oxford, wo man uns feiert und uns zahlreiche Bücher auf Arabisch schenkt, die wir mit nach Marokko nehmen dürfen, und auch die Universität von Cambridge, die Residenz des Königs in Windsor und die Rennen in Newmarket. Zum Jahrestag der Krönung und zu den Geburtstagsfeiern des Königs Ende Mai weilen wir immer noch in London. Und zu ben Hadous Entzücken wird er nicht nur einmal, sondern gleich zweimal porträtiert und zum Ehrenmitglied der Royal Society ernannt. Am Ende bekommt er auch noch ein neues Vergrößerungsglas als Ersatz. Mr. Ashmole stellt die maurischen Sporen in seinem Museum in Oxford aus.
Wenigstens erlauben mir diese Verzögerungen, Momo des Öfteren in Eleanor Gwynnes Haus auf der Pall Mall zu besuchen und mich davon zu überzeugen, wie gut er sich einlebt. Mittlerweile besitzt er sein eigenes Hündchen – einen Spaniel aus einem königlichen Wurf –, und Nelly und er sind gute Freunde. Es wurde beschlossen, Momos Identität zu seinem Schutz und dem seiner Mutter im Dunkeln zu lassen. Er wird zu einem unehelichen Sohn von Nellys verstorbenem Sohn erklärt, und niemand schöpft Verdacht. Ich muss zugeben, dass sein Anblick etwas Bittersüßes hat. Er erinnert mich daran, dass Alys immer noch im Palast von Meknès gefangen gehalten wird. Jedes
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