Die Sklavin mit den Mandelaugen
einen wütenden
Blick zu, aus dem nur allzu deutlich zu lesen war, was er von ihm hielt, doch
er senkte gehorsam den Arm. Einen Augenblick lang konzentrierte sich seine
ganze Aufmerksamkeit auf den elegant gekleideten Mann, der unmittelbar neben
der Tür stand, und ich gelangte zu der Ansicht, daß dies die beste Gelegenheit
war, die sich mir in der nahen — und wahrscheinlich recht qualvollen — Zukunft
bieten würde.
Mit einem Sprung verließ ich
meinen Stuhl. Meine rechte Hand schoß vor und erwischte den Revolver. Ich
drehte die Waffe in Lomax’ Hand, während ich mit der Linken einen wuchtigen
Schlag in Lomax’ Solarplexus landete. Er taumelte einige Schritte zurück. Sein
Gesicht war plötzlich aschfahl geworden. Er knickte vornüber und sackte
zusammen. Mit einer hastigen Bewegung riß ich ihm den Revolver aus der Hand und
drehte ihn rasch um. Jetzt hielt ich ihn richtig, am Griff.
3
Leila Zenta stand völlig
reglos. In ihren Augen lag ein Ausdruck ungläubigen Entsetzens. Ich kümmerte
mich nicht weiter um das Mädchen, denn ich hatte bereits festgestellt, daß sie
keine versteckten Waffen bei sich hatte—zumindest nicht solche zur
konventionellen Kriegführung. Der soignierte Julie Kern hingegen machte mir
größere Sorgen.
»Der arme Frankie ist offenbar
außer Kondition. Seine Reaktionen lassen wirklich zu wünschen übrig«, stellte Julie Kern mit beinahe liebenswürdiger Stimme fest.
»Das wird wohl an dem großen Verschleiß von Bauchtänzerinnen liegen. Ein höchst
anstrengendes Hobby.«
Die Finger seiner rechten Hand
stahlen sich zu seinem Jackett, während er sprach. Die Bewegung war langsam,
beinahe unmerklich.
»Sie sind doch sicher nicht
erpicht darauf, sich Ihren feinen Anzug mit Blut zu bekleckern, Julie, was ?« erkundigte ich mich in einem Tonfall, der seiner
Liebenswürdigkeit angepaßt war.
Seine Hand hielt in ihrer
Bewegung inne und sank dann herunter.
»Sie sind ein argwöhnischer
Mensch, Herr Detektiv«, meinte er ungerührt.
»Boyd ist mein Name«, erklärte
ich. »Danny Boyd.«
Mit einem qualvollen Stöhnen
richtete sich Frankie Lomax auf und bedachte mich mit einem Blick, der mir
versicherte, daß er mich bei der erstbesten Gelegenheit kaltblütig um die Ecke
bringen würde.
»Warum nehmen Sie nicht Platz,
Frankie ?«
Ich wies mit dem Revolver auf
den Stuhl, den ich wenige Sekunden zuvor verlassen hatte. »Sie sehen ganz
erschöpft aus .«
Er bedankte sich mit einigen
Worten, die zwar recht ausdrucksvoll, jedoch nicht gerade wohlerzogen waren,
und ich setzte den Schlußpunkt hinter seine Tirade,
indem ich mich mit einem Schlag auf seinen Nasenrücken revanchierte.
»Also...« Kern zuckte leicht
die Achseln. »Mir soll’s gleichgültig sein, worüber ihr euch hier streitet. Das
müßt ihr allein ausmachen. Ich halte es für das beste, wenn ich mich jetzt
diskret zurückziehe .«
»Nur keine übertriebene Eile,
Julie«, mahnte ich ihn und richtete den Revolver auf seine Brust. »Bleiben Sie
doch noch ein bißchen. Ich wette, Sie werden sich königlich amüsieren.
Vielleicht wird sich der gute Frankie am Schluß unserer Unterhaltung ein neues
Gebiß leisten müssen .«
»Wagen Sie ja nicht, ihn
anzurühren, Sie widerlicher Halunke«, schrie Leila wild. »Unterstehen Sie sich,
ihm auch nur ein Haar zu krümmen .«
»Ich tue es nur, wenn mir
nichts anderes übrigbleibt, mein Kind«, erklärte ich ehrlich. »Meiner Ansicht
nach hat er Marta Murad irgendwo versteckt, und ich möchte wissen, wo das
Versteck sich befindet. Ich verlange nur eines von Ihnen, Frankie, alter
Freund, daß Sie mich hinführen. Dann wird diese Sitzung für Sie völlig
schmerzlos verlaufen. Dafür übernehme ich die Garantie .«
Lomax machte einen
interessanten, leider jedoch absolut undurchführbaren Vorschlag, was ich statt dessen tun sollte. Ich gab ihm mit dem Revolverlauf
eins auf seinen hüpfenden Adamsapfel, mit der Wirkung, daß Leila gequält
aufschrie. Das war verständlich, da Frankies Stimmbänder in diesem Augenblick
zeitweilig gelähmt waren. Kern sah sich die Vorstellung mit gelangweilter Miene
an. Sein Gesicht trug in etwa den Ausdruck eines Kinogängers, der sich zum
tausendsten Male die Reprise eines alten Films ansieht.
»Ich bin von Natur aus leider
ein ungeduldiger Mensch, mein Schatz .« Ich. grinste
die Blonde an. »Wenn er nicht tut, was ich ihm sage, dann werde ich ihn eines
Besseren belehren müssen .«
Ihre feindseligen grauen Augen
starrten mich
Weitere Kostenlose Bücher