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Die Sklavin mit den Mandelaugen

Die Sklavin mit den Mandelaugen

Titel: Die Sklavin mit den Mandelaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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    Fran ließ sich mit einem
hörbaren Seufzer der Erleichterung in einen Sessel sinken.
    »Kennen Sie zufällig die Fabel
von dem Ochsenfrosch ?« erkundigte sie sich gelassen.
»Der blies sich aus lauter Angabe so auf, daß er platzte .«
    Ich quittierte die Anspielung
mit einem wortlosen Grinsen.
    »Also, was für eine
Unmöglichkeit haben Sie soeben möglich gemacht ?« erkundigte ich mich dann.
    »Sie fragten doch nach Corlis , Wohnort Oyster Bay«,
meinte sie. »Ich habe drei gefunden. Eine ist Witwe, einer ist ein pensionierter
Ingenieur, der vierzig Jahre bei der Stadt beschäftigt war, und der letzte ist
Antiquitätenhändler .«
    »Vielleicht handelt er auch mit
seltenen Büchern«, meinte ich nachdenklich.
    »Wahrscheinlich«, bestätigte
sie nickend.
    »Sieht so aus, als sei das der
Bursche, den ich suche. Wo kann ich ihn finden ?«
    »Er hat in der Second Avenue
einen Laden und einen Ausstellungsraum«, erklärte Fran. »Sein voller Name
lautet Matthew Corlis .«
    »Gut gearbeitet, Fran«, lobte
ich aufrichtig. »Vielleicht sollte ich Sie dafür heute abend zum Essen
ausführen .«
    »Wenn Sie meine wertvollen
Dienste auf diese Art und Weise belohnen wollen, können Sie sich darauf
verlassen, daß ich spätestens Ende der Woche kündige«, sagte sie schnippisch.
    »War ja nur ein Versuch«,
bekannte ich. »Ich glaub’, ich werde jetzt mal diesen Matthew Corlis und seinen
Antiquitätenladen in Augenschein nehmen.«
    »Lassen Sie sich ruhig Zeit«,
riet sie mit einem süßen Lächeln. »Es ist so gemütlich im Büro, wenn Sie nicht
da sind. Soll ich sonst noch irgend etwas erledigen, während Sie weg sind ?«
    »Nein«, erwiderte ich. »Oder
doch, ja. Wenn mein neuer Klient anruft, dann sagen Sie ihm, daß ich bald
zurückkomme .«
    Fran stand auf.
    »Wie heißt er ?«
    »Osman Bey.«
    Ihre grünen Augen glitzerten
spöttisch.
    »Ach ja, natürlich«, meinte sie
unbefangen. »Und welchen Beruf hat der sehr ehrenwerte Osman Bey, wenn ich
fragen darf? Er ist wohl Impresario für eine Herde Bauchtänzerinnen, was? Es
würde mich nicht überraschen .«
    »Woher wissen Sie von den
Bauchtänzerinnen ?« fragte ich.
    »Okay«, entgegnete sie
verächtlich. »Wenn Sie sich Ihrer Privatsekretärin gegenüber unbedingt mit dem
Schleier des Geheimnisses umgeben wollen, soll’s mir recht sein .«
    Dann verließ sie mit
zurückgeworfenem Kopf mein Büro, die Verkörperung enttäuschter Weiblichkeit.
    Eine Zeitlang spielte ich
ernsthaft mit dem Gedanken, Fran die Geschichte von Osman Bey, seinem
Sklavenmädchen, der Wasserpfeife und seinem seltsamen Auftrag zu erzählen. Ich
war sogar fast bereit, ihr meinen nächtlichen Besuch im Ottoman Club anzuvertrauen, ihr von den Geschehnissen zu berichten, die sich abgespielt
hatten, von der Entdeckung der Leiche im Weinkeller und der einmaligen
Darbietung einer nackten exotischen Tänzerin, die heillosen Aufruhr unter den
Gästen gestiftet hatte, so daß es mir gelungen war, den Klub heil und gesund zu
verlassen. Aber dann überlegte ich es mir anders. Wer, zum Teufel, würde mir
diese Geschichte glauben? Im ernüchternden Licht des Morgens fiel es sogar mir
schwer, mich zu überzeugen, daß ich nicht alles nur geträumt hatte.
    Ich machte mich auf den Weg.
Als ich im Vorzimmer an Fran vorbeikam, wandte sie mir in störrischem Trotz den
Rücken zu. Es fiel ihr nicht ein, mir ein liebevolles Abschiedswort mit auf den
Weg zu geben. Ja, in der guten alten Zeit war das anders gewesen, dachte ich
kummervoll. Damals hatte das treuliebende Weib den scheidenden Gatten oder
Geliebten beim tränenreichen Abschied mit feurigen Küssen überschüttet und ihm
zum inniglichen Andenken ihr Taschentuch oder eine andere Kleinigkeit
mitgegeben.
     
    Es war fast zwölf Uhr mittags,
als ich den glühenden Bürgersteig der Second Avenue verließ und in den kühlen
Schatten von Matthew Corlis’ Antiquitätengeschäft trat. Das Innere des Ladens
war kaum eindrucksvoller als das staubige Schaufenster
draußen, das mit allem möglichen Krimskrams aus dem Fernen Osten und den
orientalischen Ländern vollgepfropft war.
    Drinnen war es so düster, daß
ich im ersten Augenblick überhaupt nichts sehen konnte.
    »Was kann ich für Sie tun ?« fragte eine weiche weibliche Stimme irgendwo aus der
Dunkelheit.
    Als sich meine Augen endlich an
die Dunkelheit gewöhnt hatten und ich wieder sehen konnte, stand ein Mädchen
vor mir. Ihr glattes blondes Haar war straff nach hinten gekämmt und an

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