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Die Sklavin mit den Mandelaugen

Die Sklavin mit den Mandelaugen

Titel: Die Sklavin mit den Mandelaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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der dahinter saß, darin unterzubringen.
    »Corlis ?« fragte ich kurz.
    »Ich bin Matthew Corlis .«
    Er stand hinter seinem
Schreibtisch auf, als wolle er damit die Richtigkeit seiner Behauptung unter
Beweis stellen.
    Corlis war ein schmächtiges
kleines Männchen. Er war höchstens eins sechzig groß. Sein kahler Schädel lief
eiförmig zu und wirkte grotesk und unproportioniert. Sein Gesicht war bleich
und farblos, ebenso farblos, wie der ganze Mensch zu sein schien. Die wäßrigen
blauen Augen standen niemals still, und ihr Blick wirkte gehetzt.
    Ich starrte ihn einen
Augenblick verständnislos und verwirrt an. Krampfhaft versuchte ich die
Persönlichkeit dieses unscheinbaren, mickrigen Mannes mit der Beschreibung von
Frankie Lomax in Einklang zu bringen: das fettwanstige Ungeheuer. Vielleicht
war die Bemerkung Lomax’ nichts als bittere Ironie gewesen, obwohl ich mir
nicht vorstellen konnte, daß sich hinter seiner Bösartigkeit und
Muskelprotzerei auch nur ein Fünkchen Humor oder Geist verbarg.
    »Was kann ich für Sie tun ?« erkundigte sich Corlis mit seiner milden Stimme.
    Am liebsten hätte ich ihm
Löcher in den Bauch gefragt, um endlich über all die Dinge Klarheit zu
erhalten, die ich nicht verstand. Aber dann ermahnte ich mich zur Ruhe.
    »Der Boß hat mich geschickt«,
erklärte ich.
    Corlis zwinkerte mit den Augen.
    »Wer ist der Boß, wenn ich
fragen darf ?«
    Mein erster Versuch war also
fehlgeschlagen.
    »Mein Name ist Boyd«, stellte
ich mich unwirsch vor. »Danny Boyd. Sie haben vielleicht nach den Ereignissen,
die sich im Ottoman Club abgespielt haben, von mir gehört ?«
    »Ich fürchte, nein, Mr. Boyd .« Sein Tonfall klang ehrlich. » Ottoman Club sagten
Sie? Was für ein eigentümlicher Name. Eine Ottomane ist doch eine Art Couch,
nicht wahr ?«
    »Schon gut«, brummte ich
verblüfft. »Vielleicht haben Sie auch von Julie Kern noch nicht gehört ?«
    Einen Augenblick flackerte ein
Funken schwachen Interesses in seinen verwaschenen Augen.
    »Ist sie auch im
Antiquitätengeschäft ?«
    Er wußte also nicht einmal, daß
Julie Kern ein Mann war.
    »Okay«, meinte ich enttäuscht.
»Warum hören wir nicht auf, Katz und Maus zu spielen, Mr. Corlis? Sie wollen
doch nicht im Ernst behaupten, Sie hätten niemals von Frankie Lomax gehört?
Oder von Marta Murad? Vielleicht sagt Ihnen nicht einmal der Name Osman Bey
etwas ?«
    Corlis setzte sich unvermittelt
wieder hin und wühlte in einem Stapel von Papieren, der vor ihm auf dem Schreibtisch
lag.
    »Würden Sie die Freundlichkeit
haben, mich über den Zweck Ihres Besuches aufzuklären, Mr. Boyd ?« fragte er mit nervöser Stimme.
    »Vor fünf Tagen wurde ein
Mädchen namens Marta Murad entführt«, berichtete ich in drohendem Ton. »Ein
Mann namens Osman Bey engagierte mich, um sie wiederzufinden. Ich machte mich
auf die Suche und besuchte gestern abend den Ottoman Club. Doch der Besitzer — Frankie Lomax — wollte absolut nicht
glauben, daß ich von Osman Bey beauftragt war, weil er felsenfest überzeugt
war, daß Sie mich geschickt hätten. Und jetzt möchte ich wissen, weshalb, mein Freund? Ich werde nicht wanken und weichen, bis Sie mir
reinen Wein eingeschenkt haben .«
    Er kramte noch eine Weile in
seinen Papieren und blickte schließlich mit unverhohlenem Widerstreben zu mir
auf.
    »Es fällt mir schwer, Ihnen
eine Erklärung zu geben, Mr. Boyd«, flüsterte er. »Lassen Sie es mich so
fassen: Ich begreife Ihr Problem, aber bei dem Versuch, es zu lösen, ist Ihnen
ein grundlegender Fehler unterlaufen .«
    »Hören Sie auf, in Rätseln zu
sprechen«, knurrte ich.
    »Bitte, Mr. Boyd!« Er hielt ab
wehrend seine Hand hoch. »Wenn Sie so freundlich sein würden, mein Büro einen
Augenblick zu verlassen, damit ich einen Anruf machen kann, dann wird es mir
vielleicht möglich sein, Ihnen behilflich zu sein .«
    »Meinetwegen«, erklärte ich
widerwillig. »Aber beeilen Sie sich, wenn’s geht .«
    »Ich versichere Ihnen, daß es
nicht lange dauern wird .«
    Ich trat aus dem Büro. Die
Glastür schloß sich so rasch hinter mir, daß ich mir beinahe den Fuß
eingeklemmt hätte. Der Anblick Kitty Torrences, die mit dem Rücken zu mir am
anderen Ende des Ladens stand, war faszinierend genug, um mich während der
nächsten fünf Minuten zu beschäftigen. Dann öffnete sich die Tür wieder, und
Corlis’ Kahlkopf kam zum Vorschein.
    »Wollen Sie wieder eintreten,
Mr. Boyd ?« erkundigte er sich schüchtern.
    Als ich über die Schwelle trat,
saß er

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