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Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Die Söhne der Insel: Roman (German Edition)

Titel: Die Söhne der Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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im Bett festhalten kann, ohne ihr etwas zu tun zu geben, womit sie Hände und Geist beschäftigen kann. Ihr benötigt etwas angemessenere Kleider, Lady Kelly«, fuhr Evanor höflich, aber bestimmt fort. »Mein Bruder und ich werden versuchen, etwas Passendes zu finden. Wir werden auch nach Stickrahmen, Klöppeln und Nähzeug suchen, damit Ihr etwas zu tun habt … wenn Ihr versprecht, Euch so oft wie möglich auszuruhen, so viel zu essen, wie Ihr könnt, und weder heute noch morgen weitere Fußböden zu schrubben. Einverstanden?«
    »Ich habe ihr schon ein paar Kleider gebracht«, warf Saber mürrisch ein und wies auf den Kleiderstapel in der Nähe der Tür.
    »Dann werden wir sie jetzt allein lassen, damit sie sie anprobieren kann – eine Tätigkeit, die keine Frau über Gebühr anstrengt, da wirst du mir sicher beipflichten – und uns auf die Suche nach Nadel und Faden begeben, damit sie sich die Sachen ändern kann. Jetzt , Saber«, fügte er scharf hinzu.
    »Du hast mir überhaupt keine Befehle zu erteilen«, fuhr Saber auf, wandte sich aber nichtsdestotrotz in Richtung Tür. »Ich bin dein ältester Bruder, und ich …«
    »Ich springe in die Bresche, wenn du dich wie ein Narr aufführst«, versetzte der etwas kleinere Mann mit einem Augenzwinkern in Kellys Richtung. »Wir kommen in einer Stunde wieder, Mylady.«
    »Sie ist nicht deine Lady«, grollte Saber, als sein Bruder die Tür hinter ihnen schloss und ihren unerwünschten Gast im Gemach des Burgherrn zurückließ. »Sie verschwindet von hier, sobald Morganen einen sicheren Weg findet, uns von ihr zu befreien.«
    »Ich versuche nur, höflich zu sein, Bruder«, gab Evanor ruhig zurück, als sie die Stufen hinunterstiegen. »Außerdem ist sie nicht mein Typ.«
    »In Bezug auf Frauen haben wir keinen ›Typ‹, schon vergessen?«, erinnerte ihn Saber. »Das kann sich keiner von uns leisten, Evanor.«
    Sein Bruder hütete sich wohlweislich, ihm in diesem Punkt zu widersprechen.
     
    Kelly seufzte leise. Wenigstens hatte sie jetzt etwas zu tun – sie konnte die Kleider anprobieren, die er ihr gebracht und dann achtlos auf den Boden geworfen hatte. Kleider, die eine gründliche Wäsche dringend nötig hätten. Nun ja, vorerst einmal werde ich mich damit begnügen müssen, sie auszuklopfen , beschloss sie, trat an das nächstgelegene Fenster, stieß die Läden auf, ging zu dem Kleiderstapel zurück, lud ihn sich auf die Arme, so gut es ging, und trug ihn zu dem offenen Fenster hinüber.
    Nachdem sie jedes Kleidungsstück so kräftig ausgeschüttelt hatte, dass kleine Staubwölkchen in der nach Meer und Salz duftenden Luft aufflirrten, befanden sie sich in einem halbwegs tragbaren Zustand – zumindest waren sie präsentabler als ihr rußgeschwärzter, löchriger, mit Schmutzwasserflecken und schmierigen Streifen übersäter Schlafanzug. Nachdem sie damit fertig war, sortierte Kelly den Stapel, inspizierte jedes einzelne Stück und bewunderte die feine Näharbeit – zierliche, saubere, garantiert nicht von einer Nähmaschine herrührende Stiche.
    Natürlich wird hierzulande von Hand genäht. Vermutlich verfügt nicht jeder hier über die Fähigkeit, solche alltäglichen Arbeiten mit Hilfe von Magie auszuführen, oder es existiert gar kein Näh- und Flickzauber.
    Sie fand zwei lange Unterhosen, drei Korsetts, fünf Röcke, vier Blusen, drei lange Unterhemden, zwei Unterund drei Überkleider und mehrere Strümpfe vor, darunter ein Paar aus fein gesponnener Wolle, das für dieses sommerliche Wetter entschieden zu warm war, und eines aus so dünner, vor Alter brüchiger Seide, dass es unter ihren Fingerspitzen zerriss, als sie es ausschütteln wollte. Auch die anderen Strümpfe wiesen bereits größere Löcher auf, vermutlich als Folge von Sabers unsachgemäßem Umgang mit ihnen.
    Sie warf das kaputte Strumpfpaar zur Seite und wandte sich den Schuhen zu – fünf Paaren in verschiedenen Größen, etwas abgetragen, doch alle noch mehr oder weniger brauchbar. Das am zweitbesten erhaltene Paar entsprach ungefähr ihrer Schuhgröße, wie sie feststellte, als sie einen Schuh gegen ihre nackte Fußsohle hielt. Sie legte es beiseite und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Kleider.
    Einige Stücke waren mottenzerfressen, sie entdeckte überall kleine Löcher, doch den meisten haftete ein pfeffriger, zedernholzähnlicher Geruch an, der ihr verriet, dass
sie lange Zeit eingelagert und vermutlich noch älter waren, als sie aussahen. Eine hüftlange ärmellose

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