Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Söhne der Wölfin

Titel: Die Söhne der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
Vom Netzwerk:
daß sie ihn verdächtigen könnte, zu prahlen, denn er hatte ihr gegenüber noch nie von diesem besonderen Zukunftsplan gesprochen. Gewiß, es war eigentlich ein Geheimnis, doch Geheimnisse durften mit der Geliebten geteilt werden. Also setzte er hinzu: »Das sage ich nicht nur so, Liebste. Vielleicht weißt du es nicht, aber meine Mutter ist die Tochter des rechtmäßigen Königs von Alba.«
    Prokne massierte seine Schultern und unterdrückte ein Lächeln.
    »Ich bezweifle nicht, daß du es jetzt so meinst«, antwortete sie, »doch in einem Jahr schon wirst du es einer anderen ins Ohr flüstern. Die Liebe ist eine Libelle, Remus.«
    »Ich werde dich immer lieben!« schwor er feurig, und sie stellte fest, daß sie tatsächlich gerührt war. Es war lange, lange her, daß sie jemandes erste Frau gewesen war; gewöhnlich handelte es sich bei ihren Freunden um erfahrene Männer. Aufrichtige Hingabe machte jugendliches Ungeschick fast wett. Dennoch ging ihre Rührung nicht so weit, daß sie eine Gelegenheit übersehen hätte, wenn sie sich ihr bot. Nicht das törichte Eheangebot; wenn sie geglaubt hätte, Ilian würde ihrem Sohn gestatten, sie jetzt zu heiraten, müßte sie befürchten, der Altersschwachsinn setze ein, und später, das wußte sie, würde auch dieser Junge den Verstand über die Bande des Fleisches setzen. Da vertraute sie dem Rat seiner Mutter, sich von einem reichen Mann nicht heiraten, sondern adoptieren zu lassen, wenn die Zeit kam, sich zur Ruhe zu setzen, schon wesentlich mehr. Doch es war dies eine gute Möglichkeit, etwas mehr über Ilians Pläne zu erfahren, als Ilian selbst zum besten gab, und zu beurteilen, ob sie auf das richtige Pferd gesetzt hatte.
    »Ich zweifle nicht an deinem Mut, mein Fürst«, flüsterte sie, »oder daran, daß du der Erbe eines Thrones bist, wenn du es sagst. Aber wie willst du ihn erobern? Gibt es Verbündete, die Truppen zur Verfügung stellen?«
    »Keine fremden Truppen. Mutter sagt, wir können in Ägypten sehen, daß einem das Land so etwas nicht verzeiht, und ich glaube, da hat sie recht. Der König dort ist mächtig, aber die Leute hassen ihn. Ich möchte nicht gehaßt werden. Aber inzwischen wissen die Bewohner von Alba und all der anderen Tusci-Städte, was für ein übler Herrscher Arnth ist. Sie warten nur auf eine leitende Hand, um sich gegen ihn zu erheben.«
    Das klang mehr hoffnungsvoll als wirklichkeitsnah. Allerdings mußte man davon ausgehen, daß Ilian dem Jungen nicht alles erzählte.
    »Ich werde dich vermissen, wenn wir gehen«, fuhr Remus fort, »aber ich hole dich sofort nach, wenn der Thronräuber gestürzt ist! Dann wirst du auch meinen Vater und meinen Bruder kennenlernen.«
    Sie konnte es sich nicht versagen, ihn ein wenig zu necken. »Ich dachte, dein Vater sei der Kriegsgott selbst?«
    Remus lag auf dem Bauch und hatte das Gesicht in das Laken geschmiegt, daher konnte sie seine Miene nicht sehen, aber sie spürte an der Art, wie seine Schultern unter ihren Fingern zusammenzuckten, daß sie einen empfindlichen Punkt getroffen hatte. Plötzlich erwachte in ihr der Wunsch, Ilian das Leben ein wenig zu erschweren. Nur ein wenig, nur noch einmal zu erleben, wie sie die Beherrschung verlor.
    »Schon gut«, murmelte sie. »Ich gebe zu, es ist für uns gewöhnliche Sterbliche nicht immer einfach, so etwas richtig zu würdigen. Ich weiß natürlich, daß nur die Gunst der Götter deiner Mutter durch ihr Leben hilft, doch manch einer behauptet, dein Vater wäre eher unter den Männern zu suchen, die sie auf ihre Seite gezogen hat, ob es nun Hohepriester sind oder Könige. Oder Barden, was das angeht.«
    Empört rollte sich Remus auf den Rücken und setzte sich auf. »Wer wagt es, sie so zu beleidigen?« stieß er entrüstet hervor. »Meine Mutter ist... sie würde nie...« Vergeblich suchte er nach den richtigen Worten, und Prokne stellte belustigt fest, daß seine Wangen flammend rot waren. Es ermutigte sie, noch etwas weiterzugehen.
    »Du bist das Muster eines Sohnes, aber bedenke, daß völlig Fremden deine kindliche Ehrfurcht fehlt. Sie sehen eine Frau, die allein ist, mit den Bedürfnissen einer Frau.«
    »Meine Mutter lebt nur für den Sieg unserer Sache. Sie hat keine... ich meine, sie ist nicht...«
    »Wenn du es sagst, dann wird es so sein, mein Liebster«, schloß Prokne begütigend und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf seinen Körper statt auf seinen Geist. Es dauerte nicht lange, und auch er widmete sich ihr wieder voll und ganz,

Weitere Kostenlose Bücher