Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
etwas stimmt nicht – und ich will dich nicht heiraten!“
Cletus betrachtete sie aufmerksam. Sie erwiderte seinen Blick, und während sie sich noch anschauten, veränderte sich Melissas Gesicht. Es war ein Ausdruck, den Cletus nur einmal bei ihr erlebt hatte, der gleiche Ausdruck wie damals, als er lebend aus dem Graben gekrochen war, wo er den toten Mann gespielt hatte, um die Neuländer-Guerillas in die Irre zu führen, die ihren Panzerwagen auf dem Weg nach Bakhalla angegriffen hatten.
„Du kannst nicht … du glaubst doch nicht“, begann sie fast flüsternd, doch dann fuhr sie mit fester Stimme fort. „Du kannst mich nicht zwingen, dich zu heiraten.“
„Wir werden Hochzeit machen“, sagte er.
Sie aber schüttelte ungläubig den Kopf. „Kein Dorsai-Kaplan würde mich gegen meinen Willen trauen.“
„Der Geistliche meines Regiments wird es tun – wenn ich es ihm befehle“, sagte Cletus.
„Die Tochter von Eachan Khan einfach trauen?“ flammte sie plötzlich auf. „Und du glaubst wirklich, daß mein Vater tatenlos zusehen wird?“
„Ich will es inständig hoffen“, erwiderte Cletus, so langsam und betont, daß ihr für einen Augenblick die Röte ins Gesicht sprang, um dann einer Blässe zu weichen, als hätte sie einen Schock erlitten.
„Du …“ Ihre Stimme erstarb. Als Kind eines Söldneroffiziers konnte sie unmöglich übersehen haben, daß die Gäste, die zur Hochzeit erschienen waren, zum überwiegenden Teil Cletus’ Anhänger waren. Sie waren weitaus zahlreicher als die Freunde ihres Vaters. Trotzdem ruhte ihr Blick voller Zweifel auf ihm, indem sie sich einzureden suchte, daß jener Cletus, der jetzt vor ihr stand, unmöglich der echte Cletus sein konnte.
„Aber du bist doch gar nicht so. Du würdest nicht …“ Wieder versagte ihre Stimme. „Vater ist dein Freund!“
„Und du wirst meine Frau“, erwiderte Cletus.
Erst jetzt erblickte sie die Waffe an seinem Gürtel.
„O Gott!“ Sie legte ihre beiden schmalen Hände auf ihre Wangen. „Und ich dachte, Dow wäre roh … Ich werde nicht antworten. Aber wenn der Pfarrer mich fragt, ob ich dich zum Mann nehmen will, werde ich nein sagen!“
„Das will ich nicht hoffen“, sagte Cletus, „um Eachans willen.“
Sie ließ die Hände sinken und stand da wie eine Schlafwandlerin, während ihre Arme kraftlos am Körper baumelten.
Cletus trat zu ihr, ergriff ihren Arm. Sie ließ sich willenlos führen, aus dem Sommerhaus und durch den Garten, durch eine Hecke und durch die französischen Fenster in den Speiseraum. Eachan war immer noch da. Als sie eintraten, drehte er sich rasch um, stellte das Glas ab, das er in der Hand hielt und ging schnell auf die beiden zu.
„Da seid ihr ja!“ Dann richtete er den Blick forschend auf seine Tochter. „Melly! Was ist los?“
„Nichts“, erwiderte Cletus. „Keine Schwierigkeiten. Wir möchten getraut werden.“
Eachans Blick wanderte zu Cletus. „Wirklich?“ Sein und Cletus’ Blick kreuzten sich für einen Moment, dann wandte er sich wieder an Melissa. „Stimmt das, Melly? Ist alles in Ordnung?“
„Alles bestens“, sagte Cletus. „Sagen wir dem Pfarrer Bescheid, daß wir bereit sind.“
Eachan rührte sich nicht. Sein Blick glitt nach unten und blieb an Cletus’ Waffe am Gürtel haften. Dann schaute er Cletus und Melissa an.
„Ich warte, Melly“, sagte Eachan gedehnt, und seine Augen waren grau wie verwitterter Granit. „Du hast mir immer noch nicht gesagt, ob alles in Ordnung ist.“
„Alles in Ordnung“, stieß sie zwischen schmalen, farblosen Lippen hervor. „Es war vor allem deine Idee, daß ich Cletus heirate, nicht wahr, Vati?“
„Ja“, sagte Eachan. Sein Gesichtsausdruck änderte sich kaum, doch da war etwas in seiner Haltung, etwas durchfuhr ihn wie eine Welle, die alle Emotionen hinwegspülte, so daß er
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