Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
Rockschößen in Cletus’ Hauptquartier zu erscheinen, so daß er um ein Haar über seine lange Robe gestolpert wäre.
„Sie ziehen die Hälfte Ihrer Streitkräfte ab und schicken sie aus, um Armoy-Stadt und den Raumhafen zu erobern!“ rief Reyres anklagend, während er in Cletus’ Büro stürmte.
Cletus schaute von seinem Tisch auf, an dem er arbeitete. „Haben Sie es auch schon vernommen?“ fragte er.
„Was heißt hier vernommen!“ Reyes drang bis zum Schreibtisch vor und lehnte sich darüber, als wollte er seine Nase in Cletus’ Gesicht stecken. „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen! All diese Zivillaster, die Sie für den Transport Ihres zweiten Kommandos angefordert haben, sind Richtung Armoy abgebraust! Sagen Sie mir ja nicht, daß die woanders hingegangen sind!“
„Das will ich gar nicht leugnen“, meinte Cletus zuvorkommend. „Der schäbige Rest wird ihnen innerhalb von vierundzwanzig Stunden folgen. Wir haben keinen Grund mehr, diese Belagerung noch weiter fortzuführen. Ich bin drauf und dran, die Belagerung aufzuheben, nach Armoy-Stadt zu marschieren und den Raumhafen zu besetzen.“
„Die Belagerung aufheben? Was ist das wieder für ein Trick? Wenn die Stadtstaaten Sie dafür bezahlt haben, uns zu verraten, so hätten Sie sich keinen günstigeren Zeitpunkt aussuchen können …“ Er brach plötzlich ab, wie erschrocken vom Klang seiner eigenen Worte, die sein Ohr erreichten. Cletus richtete sich hinter dem Schreibtisch auf.
„Ich hoffe, ich habe mich verhört, Kanzler“, sagte Cletus mit verändertem Blick und veränderter Stimme. „Wollen Sie die Dorsai beschuldigen, einen Vertrag mit Ihrer Regierung mißachtet zu haben?“
„Nein … das heißt, ich meinte nur …“ stammelte Reyes.
„Ich würde Ihnen raten, mit Ihrer Meinung vorsichtig zu sein“, meinte Cletus. „Die Dorsai brechen keinen Vertrag, und wir werden nicht dulden, daß so etwas behauptet wird. Erlauben Sie mir jetzt, Sie zum letzten Mal daran zu erinnern, daß ich, und nur ich allein, diese Kampagne befehlige. Vielleicht wäre es besser, wenn Sie jetzt in Ihr eigenes Quartier zurückkehren würden.“
„Ja, ich …“ stotterte Reyes.
Am nächsten Morgen, kurz vor Tagesanbruch, bestieg der Rest der Dorsai, die Spanierstadt belagerten, die Militärfahrzeuge und zog mit allen Waffen und Geräten davon. Nur die Luftfahrzeuge der Dorsai blieben im Luftraum von Spanierstadt zurück, um eine Verfolgung durch Aufklärungsflugzeuge zu unterbinden.
Der Morgen dämmerte über den verlassenen Schanzen auf, die die Söldner errichtet hatten, aber es war fast Mittag, bis die ersten Patrouillen aus Spanierstadt, irritiert durch die ungewöhnliche Stille, sich aus ihren Mauern wagten, um die Stellungen näher in Augenschein zu nehmen. Dann aber, sobald feststand, daß die Stellungen verlassen waren und die Spuren im Boden und im Gras südlich der Stadt die Marschroute der Dorsai verrieten, wurde General Lu May in aller Eile über die Ereignisse benachrichtigt.
Lu May, der durch diese Nachrichten aus seinem Schlummer nach einer langen Nacht gerissen wurde, fluchte in einer Art und Weise vor sich hin, die bereits vor vierzig Jahren aus der Mode gekommen war.
„Wir werden ihn kriegen!“ explodierte der alte Mann, während er seinen Körper aus dem Bett rollte und hastig in seine Kleider schlüpfte. „Er konnte es nicht abwarten – und hat sich selbst die Kehle durchgeschnitten!“
„Sir?“ fragte der Oberst, der ihm die Neuigkeit überbracht hatte. „Er hat sich selbst die Kehle durchgeschnitten? Ich verstehe nicht …“
„Das kommt davon, daß ihr keine Ahnung habt, wie ein Krieg richtig geführt wird!“ trompetete Lu May, während er in seine
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