Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
Tür auf und schloß sie wieder, während er mit dem Handrücken laut an die Tür klopfte. Dann trat er ein, öffnete geräuschvoll die Absperrung zum Vorraum und stapfte laut über den Korridor auf die halb geöffnete Tür zu.
Als er das Büro betrat, war die Deckenbeleuchtung eingeschaltet. Im hellen Licht standen sich Melissa und Eachan immer noch gegenüber, durch den Schreibtisch getrennt.
„Hallo, Melissa!“ sagte Cletus. „Schön, Sie zu sehen. Ich habe Eachan lediglich ein paar Befehle zu überhingen. Bleiben Sie noch ein paar Minuten, dann können wir zusammen eine Tasse Kaffee oder sonstwas trinken.“
„Nein, ich …“ Melissa war offensichtlich verlegen. Im Schein der Deckenleuchten wirkte ihr Gesicht blaß und verhärmt. „Ich habe Kopfschmerzen. Ich werde nach Hause gehen und mich hinlegen.“ Und an ihren Vater gewandt: „Wir sehen uns später, Vati.“
„Ich komme bald nach“, erwiderte Eachan.
Sie drehte sich um und verließ das Zimmer, während die beiden Männer ihr nachblickten.
Als der Schall ihrer Schritte verhallt war und das Tor sich hinter ihr geschlossen hatte, wandte sich Cletus Eachan zu und legte die mitgebrachten Papiere auf seinen Schreibtisch.
„Wie lautet die neueste Nachricht von den Scouts, die die neuländische Seite der Berge überwachen?“ fragte Cletus, indem er das Gesicht seines Gegenübers betrachtete und sich vor dem Schreibtisch in einen Sessel fallen ließ. Eachan ließ sich langsam in seinen Schreibtischsessel sinken.
„Die Neuländer entsenden keine Truppen mehr in dieses Gebiet“, sagte Eachan. „Aber die Scouts schätzen, daß sie mittlerweile an die dreitausendsechshundert Mann zusammengezogen haben – etwa die doppelte Anzahl der Dorsai-Truppen. Dabei handelt es sich um reguläre Truppenverbände, nicht um Guerillas, die mit leichten Panzern und beweglicher Artillerie ausgerüstet sind. Ich schätze, daß es sich um etwa sechzig Prozent ihrer voll ausgerüsteten regulären Kräfte handelt.“
„Gut“, sagte Cletus. „Ziehen Sie Ihre Leute bis auf zwei Kompanien nach Bakhalla zurück.“
Eachan schaute rasch auf, als hätte er all jene Befehle, die vor ihm lagen, vollkommen vergessen. „Ein Rückzug?“ fragte er zurück. „Wozu war es dann gut, unsere Truppen hier zu konzentrieren?“
„Der Grund dafür war, die Neuländer zu veranlassen, so zu handeln, wie sie es eben getan haben“, sagte Cletus, „nämlich ihre Truppen auf ihrer Seite der Berge zusammenzuziehen. Jetzt werden wir den Großteil unserer Leute zurücknehmen, damit es so aussieht, als hätten wir den Kopf verloren oder nie vorgehabt, irgendwen zu bedrohen.“
„Und was wollten wir damit bezwecken?“ fragte Eachan. Er schaute Cletus aus zusammengekniffenen Augen an.
Cletus ließ ein freundliches Lachen ertönen. „Wie ich bereits gesagt habe“, erwiderte er, „wollten wir nichts weiter, als sie zu veranlassen, auf ihrer Seite des Passes im Gebirge eine möglichst große Streitmacht zusammenzuziehen. Jetzt können wir einpacken und nach Hause gehen. Aber wie sieht es bei Ihnen aus? Wahrscheinlich ist Ihnen mittlerweile auch das Gerücht zu Ohren gekommen – und nun dürften es die Neuländer ebenfalls mitbekommen haben –, daß General Traynor und ich auf höchster Ebene über eine Invasion von Neuland gesprochen haben und daß wir zu diesem Zweck eine Besichtigung des Etter-Passes vorgenommen haben.“
„Glauben Sie wirklich“, sagte Eachan, „daß deCastries und die Neuländer wirklich annehmen, wir planten eine Invasion?“
„Ich glaube eher das Gegenteil“, meinte Cletus. „Es ist etwas daran: Ein Lügner nimmt stets selbst an, daß der andere lügt, und ein Dieb
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