Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
normalerweise die Besucher von den Arbeitenden im Vorraum trennte, ging den Korridor entlang, der sich hinter dem Vorraum erstreckte, bis er die halb geöffnete Tür von Eachans Privatbüro erreichte, aus dem ein gelber Lichtstrahl auf den Korridor fiel. Während er sich langsam dem Lichtfleck auf dem Boden näherte, horchte er plötzlich auf, als Stimmen an sein Ohr drangen.
Es waren Eachans und Melissas Stimmen – und ihre Unterhaltung war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
Cletus hätte sich durch ein Husten oder sonstwie bemerkbar machen können – doch in dem Augenblick, als sein Name fiel, wußte er auch schon, worum es ging. Anstatt umzukehren oder sich zurückzuziehen, blieb er einfach stehen, ohne sich zu rühren, und lauschte.
„Ich dachte, du magst den jungen Grahame“, sagte Eacham.
„Natürlich mag ich ihn!“ Melissas Stimme hörte sich gequält an. „Aber das hat nichts damit zu tun. Kannst du das nicht begreifen, Vati?“
„Nein“, erwiderte Eachan, und seine Stimme klang unbeugsam.
Cletus trat einen Schritt vor, so daß er durch die halboffene Tür in den erleuchteten Raum blicken konnte. Das Licht kam von einer einzigen Lampe, die etwa anderthalb Fuß über Eachans Schreibtisch baumelte. Auf der anderen Seite des Tisches standen sich Eachan und Melissa gegenüber. Ihre Köpfe ragten über die Lampe hinaus, und ihre Gesichter waren in Schatten getaucht, während der untere Teil ihres Körpers hell erleuchtet war.
„Freilich kannst du das nicht!“ sagte Melissa. „Du willst es nicht einmal versuchen! Du willst mir doch nicht weismachen, daß dir das lieber ist – als Söldner von der Hand in den Mund zu leben, lieber als unser Zuhause in Jalalabad! Mit Dows Hilfe könnten wir dorthin zurückkehren. Du kannst wieder ein hoher Offizier werden und deinen alten Rang zurückerlangen. Und wir könnten wieder in unserer Heimat leben, wieder auf der Erde zu Hause sein, Vati, wir beide!“
„Jetzt nicht mehr“, sagte Eachan überzeugt. „Ich bin Soldat, Melly, verstehst du? Soldat! Nicht nur eine Uniform, in der ein Mann herumläuft – aber das wäre ich, eine kostümierte Puppe, wenn ich nach Jalalabad zurückkehrte. Als Dorsai bin ich immerhin noch Soldat!“ Seine Stimme wurde plötzlich rauh. „Ich weiß, es ist unfair, soweit es dich betrifft …“
„Ich tu’s ja nicht für mich!“ sagte Melissa. „Glaubst du, ich mache mir was daraus? Ich war ein kleines Mädchen, als wir von der Erde wegzogen, und wenn wir zurückkehrten, wäre bestimmt alles anders. Aber Mutter hat mir gesagt, ich soll auf dich aufpassen. Und das will ich tun, weil ich das Gefühl habe, daß du immer noch nicht gelernt hast, dich um dich selbst zu kümmern.“
„Melly …“ Eachans Stimme war jetzt von Schmerz erfüllt. „Du bist so selbstsicher …“
„Das bin ich!“ sagte sie. „Einer von uns beiden muß es wohl sein. Ich habe ihn gestern angerufen.“
„Du hast deCastries angerufen?“
„Ja“, bestätigte sie. „ Ich habe ihn in der Hauptstadt von Neuland angerufen. Ich habe ihm gesagt, daß wir jederzeit kommen würden, wenn er von der Erde nach uns schickt. Wir werden kommen, habe ich gesagt. Aber ich möchte dich warnen. Wenn du nicht mitgehst, dann gehe ich allein.“
Einen Augenblick herrschte Stille in der Dunkelheit, die Eachans Oberkörper umhüllte.
„Dort unten gibt es nichts für dich zu holen, Kind“, meinte er barsch. „Du hast es selbst gesagt.“
„Trotzdem werde ich gehen!“ gab sie zurück. „Weil dies die einzige Möglichkeit ist, dich zu bewegen, mit mir mitzukommen. Ich gehe auf der Stelle, wenn es sein muß, und allein – das verspreche ich dir …“
Cletus wartete das Ende des Satzes nicht ab. Er machte abrupt kehrt und ging auf leisen Sohlen zum Haupteingang zurück. Dann machte er die
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