Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
Marsch auf die Stadt zu rüsten. Doch der Wasserspiegel war infolge der pausenlosen Tätigkeit von Wefers Mark-V-Booten ständig gestiegen. Nun reichte das Wasser selbst den Neuländern bis zu den Knien, und die Angst begann sie mit eisiger Hand zu umklammern.
Vor ihnen lagen mit Sicherheit mehr Dorsai-Truppen, als sie erwartet hatten. Zumindest genug, daß die Dorsai nicht gezögert hatten, sie anzugreifen. Wenn sie jetzt weiter vorrückten, konnten sie leicht in eine Falle geraten, abgesehen davon, daß sie mit der steigenden Flut rechnen mußten. Selbst die Offiziere waren verunsichert – und Vorsicht schien unter allen Umständen geboten. Also wurde zum Rückzug geblasen.
Die beiden Hälften der Neuländer-Invasionstruppen lösten sich geordnet auf und begannen sich durch die Flußtäler zurückzuziehen, von wo sie gekommen waren. Doch das Flachland wurde immer schmaler, und schon bald merkten die Leute, die am weitesten vom Steilufer entfernt waren, daß sie in immer tieferes Wasser gerieten, wo sie von der Strömung mitgerissen wurden.
Während immer mehr Neuländer in die Strudel des Hauptstroms gerieten, wo sie hilflos herumpaddelten und um Hilfe riefen, begann sich unter den Soldaten, die noch im flachen Wasser standen, die Panik wieder auszubreiten. Sie stießen einander und drängelten, um in die Nähe des Steilufers zu gelangen. Die Ordnung begann sich allmählich aufzulösen. Innerhalb von Minuten brachen die Soldaten aus der Reihe aus und begannen am Steilufer hochzuklettern, um sich in höheren Lagen in Sicherheit zu bringen.
Und gerade in diesem Augenblick geschah es, daß Marc, Cletus’ früher niedergelegten schriftlichen Befehlen folgend, seinen Dorsais, die oben auf den Klippen aufgereiht waren, den Befehl gab, auf die Leute zu schießen, die versuchten, den steigenden Fluten zu entkommen … Dann waren nur noch Schreie zu hören.
Die Neuländer brauchten nicht einmal mehr aufgefordert zu werden, sich zu ergeben. Die von Panik getriebenen Kolonisten in Uniform von jenseits der Berge hinter dem Etter-Paß warfen ihre Waffen weg und begannen mit Händen und Füßen den Steilhang hinaufzuklettern, zunächst einzeln, dann in Scharen. Als die Sonne den westlichen Horizont erreicht hatte, saßen mehr als sechstausend Soldaten – etwa siebzig Prozent der Neuländer-Streitkräfte, wie sich später herausstellte – im Schußbereich der Waffen ihrer Dorsai-Wachen beieinander.
Doch Cletus, immer noch bewußtlos, wußte von alledem nichts. In einem Zimmer des Dorsai-Hauptquartiers in Zweistrom erhob sich gerade ein Prothesenspezialist, der aus Bakhalla eingeflogen worden war, nachdem er seinen Patienten untersucht hatte. Er warf noch einen Blick auf Cletus’ geschwollenes Knie, und sein Gesicht war sorgenvoll.
„Wie sieht’s aus, Doktor?“ fragte Eachan scharf. „Läßt es sich wieder zusammenflicken?“
Der Arzt schüttelte den Kopf und schenkte Eachan einen nüchternen Blick. „Das glaube ich kaum“, sagte er. „Er wird wahrscheinlich das Bein über dem Knie verlieren.“
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„Also eine Unterschenkelprothese“, meinte der Arzt geduldig. „Eine ausgezeichnete Lösung. Sobald man sich daran gewöhnt hat, ist man genauso beweglich wie früher, auf jeden Fall beweglicher als mit einer Knieprothese. Freilich dürfte es jedem schwerfallen, sich mit dem Gedanken an eine Amputation abzufinden, jedoch …“
„Es ist nicht der Gedanke an eine Amputation, der mich stört“, unterbrach ihn Cletus. „Aber ich habe einige Aufgaben zu erfüllen, die zwei gesunde Beine aus Fleisch und Blut erfordern. Ich möchte eine plastische Operation,
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