Die Söldner von Dorsai (Dorsai 1)
lastete schwer auf ihm. Mit einer fast ungeduldigen Handbewegung forderte sie ihren Vater und deCastries auf, Platz zu behalten.
„Wirklich!“ sagte sie, und ihre Stimme wurde schärfer. „Alles in Ordnung. Ich möchte mich nur für eine Weile hinlegen. Lassen Sie sich bitte nicht stören. Oberst …“
„Zu Ihren Diensten“, sagte Cletus. Sie verließen den Tisch, und sie lehnte sich immer noch an ihn, während sie langsam die Halle durchquerten und in den Korridor zur Linken einbogen.
Sie ging neben ihm her, weiter an ihn gelehnt, bis der Korridor eine Biegung machte und sie den Blicken der Gäste im Speisesaal entzog. Dann blieb sie unvermittelt stehen, löste sich von ihm und wandte sich ihm zu.
„Mir fehlt nichts“, sagte sie. „Ich mußte Sie nur irgendwie da drinnen loseisen. Sie sind überhaupt nicht betrunken!“
„Nein“, meinte Cletus gutgelaunt. „Und offensichtlich auch kein guter Schauspieler.“
„Sie hätten mich nicht zum Narren halten können, wenn Sie es gewesen wären. Für so was habe ich ein Gespür …“ Sie hob die Hand, die Finger gespreizt, als wollte sie seine Brust berühren, dann ließ sie die Hand plötzlich sinken, als er sie fragend anschaute. „Ich kann Leute wie Sie durchschauen. Machen Sie sich nichts daraus. Es wäre schlimm genug gewesen, wenn Sie betrunken gewesen wären. Wie töricht, sich über einen Mann wie Dow deCastries lustig machen zu wollen!“
„Ich wollte mich nicht unbedingt lustig über ihn machen“, versetzte Cletus ernüchtert.
„Ach, seien Sie doch still!“ meinte sie. „Glauben Sie, ich wüßte nicht, was für Narren Berufssoldaten aus sich selbst machen können, wenn sie versuchen, mit Leuten außerhalb ihrer militärischen Welt umzugehen? Doch eine Ehrenmedaille bedeutet mir etwas, selbst wenn die meisten Zivilisten nicht wissen, was das ist!“ Sie schaute ihm wieder direkt ins Auge und mußte ihren Blick gewaltsam von seinem lösen. „Das ist der Grund, warum ich versucht habe, Sie beide hier und jetzt auseinanderzubringen. Ich betone: der einzige Grund! und ich werde es nicht noch einmal tun!“
„Ich verstehe“, sagte Cletus.
„Jetzt gehen Sie in Ihre Kabine und bleiben Sie hübsch brav sitzen! Und meiden Sie deCastries von nun an. Das gilt auch für meinen Vater und für mich … Hören Sie mir überhaupt zu?“
„Freilich“, meinte Cletus. „Aber ich möchte Sie zumindest noch bis zu Ihrer Kabine begleiten.“
„Nein, danke. Ich finde meinen Weg allein.“
„Und was dann, wenn Sie jemand sieht und dem Minister hinterbringt, daß Ihnen auf einmal nichts mehr fehlte, sobald Sie den Speisesaal verlassen hatten?“
Sie starrte ihn an, drehte sich um und begann den Korridor entlangzugehen. Cletus holte sie mit zwei langen Schritten ein und ging im Gleichschritt neben ihr her.
„Was den Berufssoldaten betrifft“, sagte er sanft, „so ist der eine nicht wie der andere …“
Sie blieb abrupt stehen, wandte sich ihm zu und zwang ihn, ebenfalls stehenzubleiben. „Ich nehme an“, sagte sie grimmig. „Sie glauben, mein Vater sei nie etwas anderes gewesen als ein Söldner.“
„Natürlich nicht“, versetzte Cletus. „Bis vor zehn Jahren war er Generalleutnant der Königlichen Armee von Afghanistan, wenn ich mich nicht irre.“
Sie schaute ihn verdutzt an. „Woher wissen Sie das?“ fragte sie in anklagendem Ton.
„Militärgeschichte – selbst die der jüngsten Zeit – gehört zu meinem Fachgebiet“, erwiderte er. „Dazu gehört auch der Aufstand der Universität von Kabul mit anschließender Machtübernahme in der Hauptstadt. Die Armee von Afghanistan dürfte nur einen einzigen General Eachan Khan gehabt haben. Er muß erst vor ein paar Jahren nach der Machtübernahme von der Erde emigriert
Weitere Kostenlose Bücher