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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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mit dem Unterordnen dran war.
    »Der Wagen ist einfach zu auffällig«, argumentierte er. »Die sinkende Sonne scheint genau dagegen und lässt ihn leuchten.«
    »Der Wagen leuchtet doch schon seit mehreren Sandstrichen«, hielt Gyffs dagegen. »Es gibt auch helle Felsen hier, die genauso leuchten. Aber viele Tiere reagieren auf Bewegung. Noch hat er uns nicht gesehen. Aber wenn wir uns jetzt bewegen, nimmt er uns womöglich wahr.«
    Er . Der Drache. Die Zähne von Jovid Jonis fingen wieder an zu klappern, obwohl die Nachtkälte noch gar nicht eingesetzt hatte.
    »Also gut«, gab Fenna nach. Gyffs schien sich ihrer Sache wenigstens sicher zu sein, während er selbst nur zu erraten versuchte, was für sie alle am besten war. Vielleicht konnte man so in Zukunft Entscheidungen treffen: Wer von ihnen beiden entschlossener auftrat, bekam recht.
    »Sollen wir uns nicht mal hinlegen, Leutnants?«, fragte Teppel bang.
    »Nein. Keiner bewegt sich. Und niemand niest, dass das klar ist!« Fenna übernahm nun voll und ganz Gyffs’ Haltung. Mehrere der Männer waren bleich vor Furcht. Sie standen offen in einer Ebene, und dort hinten, in dreihundert, vierhundert Schritt Entfernung, rührte sich ein gewaltiges Ungetüm, größer als der Planwagen samt Pferdegespann. Ekhanners Lippen bewegten sich im Gebet. Einzig »Scheusal« Kertz grinste. Seine »Kriegsaugen« reflektierten die tief stehende Sonne. »Verflucht!«, entfuhr es Fenna. »Kertz, nimm deine Gläser ab und steck sie weg. Schnell, aber mit umsichtigen Bewegungen.« Das Grinsen verschwand aus Kertz’ Gesicht, und er tat, wie ihm geheißen. Blind plierte er daraufhin umher.
    Drei Sandstriche vergingen. Die Menschen begannen nach Schweiß zu riechen. Die vier Pferde waren unruhig, aber es gelang Onida Raubiel, sie durch Einflüstern am Nicken und Mähneschütteln zu hindern.
    Das Untier schabte zwischen Felsen. Es war nicht zu erkennen, ob es etwas fraß oder was es sonst dort machte. Noch zweimal schlug es mit federlosen Flügeln, die im Dämmerlicht rötlich schimmerten. Dann erstarben die Bewegungen, und der Staub kam zur Ruhe.
    »Ist es tot?«, fragte Tadao Nelat.
    »Wohl kaum«, antwortete Lement, der im Wagen stehend den höchsten Aussichtspunkt von ihnen allen innehatte. »Aber es ist gut möglich, dass es sich schlafen gelegt hat. Die Nacht bricht herein. Drachen sind Tagtiere. Glaube ich zumindest irgendwo gelesen zu haben.«
    »Wir müssen dahinten aber vorbei«, sagte Korporal Garsid unzufrieden.
    »Wir umgehen diese Stelle großräumig«, entschied Leutnant Gyffs. »Großräumig deshalb, weil wir gar nicht genau sehen konnten, wo er sich zur Ruhe gelegt hat. Vielleicht sind es auch mehrere. Sind Drachen Rudeltiere, Lement?«
    »Nein. Eher Einzelgänger.«
    »Aber auch sie müssen Paarungszeiten haben, wie die Panzerlöwen. Los jetzt, wir bewegen uns sehr langsam und lautlos. In weitem Bogen um diese Felsen herum. Wir werden den Fluss schon wiederfinden. Die Sonne hilft uns ja noch mit der Himmelsrichtung.«
    So schlichen sie sich beinahe auf Zehenspitzen weiter. Das Knirschen der Wagenräder auf dem felsigen Untergrund bereitete ihnen allen eine Gänsehaut. Der Umweg wurde sehr, sehr großzügig berechnet. Sie gingen sogar ein Stück weit nach Süden zurück, um das vermeintliche Drachennest zu umgehen. Und während des gesamten Umweges gab es nicht einen Einzigen von ihnen, der nicht die ganze Zeit über seine Augen an jenen fernen Punkt geheftet hielt, wo zuletzt diese roten Flügel geschlagen hatten und sich der Staub dann beruhigte.
    Es war bereits dunkel, als sie jenseits des mutmaßlichen Drachennestes den Flusslauf wiederfanden. Fenna und Gyffs waren sich einig, dass sie noch mindestens eine halbe Stunde weitermarschieren wollten, um so viel Nacht wie möglich zwischen sich und das Unbekannte zu schaufeln.
    Dann teilten sie das Lager ein. Die Wachschichten sollten rotieren, damit jeder in den Genuss der ersten oder der letzten und somit von sechs Stunden Schlaf ohne Unterbrechung kommen konnte. Korporal Deleven übernahm nun mit Teppel, Ekhanner und Emara die erste Wache, Leutnant Gyffs mit Kindem, Kertz und Stodaert die letzte. Leutnant Fenna fand sich dadurch zufälligerweise erneut in einer unbequemen Schicht wieder, diesmal in der zweiten. Es gelang ihm überhaupt nicht, während der ersten zwei Stunden zu schlafen. Dann kam seine Wachpflicht, und danach blieben ihm nur noch vier Stunden Ruhe. Und in diesen vier Stunden wurde das gesamte Lager

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