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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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durch die Wachhabenden der letzten Schicht geweckt, denn merkwürdige Geräusche hatten Leutnant Gyffs und ihre drei Mitwächter in Unruhe versetzt.
    Es klang wie ein keifendes Raufen, Fauchen und Bellen. Aber nicht wie von Hunden. Die verschiedenen Stimmen – es mochten an die zehn sein – wirkten heiser, hohl, verzerrt, monströs.
    »Haihunde«, sagte Korporal Garsid. »Ein ganzes Rudel davon.«
    Das also waren die Ungeheuer, die der Ersten Kompanie zwei Soldaten und ein Pferd entrissen hatten.
    »Ist das … ein Angriff?«, fragte MerDilli.
    »Ein Angriff wäre lautlos, höchstens hechelnd«, vermutete Garsid. »Das klingt eher, als würden sie sich streiten. Worum auch immer.«
    »Wie weit sind sie weg?«, erkundigte sich Fenna, der vor Müdigkeit ganz taumelig war.
    Garsid rieb sich den Schädel. »Schwer zu schätzen. In dieser Gegend hallt alles so. So weit weg wie der Drache gestern, würde ich sagen.«
    »Und wenn sie uns bemerken – greifen sie dann an?«
    »Ich habe keine Ahnung, Leutnant«, antwortete der Korporal gereizt. »Immerhin haben sie die gesamte Erste Kompanie angegriffen – dreißig Mann auf Pferden, oder? Im Vergleich dazu sind wir leichte Beute.«
    »O Mann, ist das alles schauerlich hier draußen!«, entfuhr es Mails Emara. »Und wo sind eigentlich die Affenmenschen? Sollte es hier nicht Affenmenschen geben und sonst gar nichts?«
    »Hier gibt es alles, was es im Königreich nicht geben soll«, sagte Korporal Nilocas Deleven düster.
    Die Dritte Kompanie rüstete sich für einen Kampf. Der Fernwaffenzug bezog Stellung hinter den Schilden der Infanterie. Doch nichts passierte. Das Kläffen und beinahe nach Gelächter klingende Meckern verebbte nach zehn Sandstrichen. Stille waberte umher, während es der Morgendämmerung nicht gelang, die Haut der Nacht zu durchstoßen.
    »Wenn es ruhig ist, ist es noch unheimlicher«, greinte wieder Mails Emara. »Die Viecher sind noch irgendwo dort draußen, aber man weiß jetzt nicht mehr, wo!«
    »Reiß dich mal ein bisschen zusammen, Soldat Emara!«, schnauzte Fenna. »Du bist hier schließlich nicht alleine unterwegs und nicht auf Frühlingsausflug. Wenn die beiden Händler nicht wehklagen, verstehe ich nicht, weshalb ein Soldat der Krone sich so gehen lassen kann.«
    Emara verstummte. Selten war einer der Grünhörner so von seinem Leutnant zusammengestaucht worden. Aber es half, die Gefahr für alle ins rechte Licht zu rücken.
    Endlich bezwang die Morgensonne das Rätselreich der Dunkelheit. Man konnte wieder sehen, was vor einem lag und was nicht. Und wohin man auch blickte – nirgendwo waren Haihunde, Drachen, Panzerlöwen oder Affenmenschen zu erkennen.
    »Kein Wunder, dass die Festung Carlyr nicht angegriffen wird«, murmelte Fergran von den Holtzenauen beim Frühstück. »Die Affenmenschen scheinen hier tageweit überhaupt keine Behausungen zu haben.«
    »Die sind weiter im Norden«, erläuterte ihm Korporal Garsid. »Und Richtung Westen. Richtung Galliko.«
    »Habt Ihr schon mal Affenmenschen zu Gesicht bekommen, Meister Raubiel?«, fragte Jovid Jonis den alten Händler.
    Der spuckte wieder aus, wie immer, wenn er zu sprechen anhob. »Nur die kleinen, die nackten, haarigen. Die wimmelten mal um meinen Wagen herum. Lästige, laute Wichte. Aber die in den Rüstungen, die richtig aufrecht gehen – die kenne ich auch nur vom Hörensagen.«
    Wir führen Krieg gegen ein Märchen , brummte es in Fennas übermüdetem Kopf. Waren nicht auch auf dem Affenmenschenfeldzug die Affenmenschen selbst kaum in Erscheinung getreten, und das Heer der Königin vor allem an der Landschaft, der Witterung und an selbstentfesselter Magie gescheitert?
    Das Gasfeld, das in Gollbergs Karten verzeichnet war, schimmerte im Licht der Mittagssonne wie eine trügerisch wehende Getreidelandschaft. Es sah beinahe schön aus, ein goldenes Gespinst, gespeist aus kleinen Kratern.
    »Können wir das nicht umgehen?«, fragte Fenna Gyffs.
    Die Offizierin schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn wir im Zeitplan bleiben wollen. Die Erste reitet hier regelmäßig durch. Also werden wir das auch schaffen.«
    »Aber reiten geht schneller als laufen. Man atmet nicht ganz so viel ein.«
    »Weiter jetzt!« Erneut ließ Gyffs nicht mit sich reden, und erneut hatte sie wahrscheinlich recht. Einen halben Tag Umweg wollte sich auch Fenna nicht leisten. Nicht angesichts des Gekläffs von gestern Nacht.
    Die Soldaten und Zivilisten banden sich Tücher vor Mund und Nase. Die Pferde bekamen einfach

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