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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Leutnant. Nur die K-k-kälte.«
    Die Wachschicht ging vorüber. Da kein Mond zu sehen war, musste man zwei Stunden abschätzen, aber als Soldat war man es gewohnt, eine Art innerer Sanduhr zu haben. Fenna weckte Korporal Garsid, dann legten er und seine Mitwächter sich schlafen. Für unbefriedigende zwei Stunden, während Garsid und Nelat und Behnk raschelnd Positionen einnahmen und hielten.
    Die Sonne ging auf, trübe, wie durch eine volle Glasschüssel betrachtet. Behnk weckte das Lager mit seiner ansteckenden Gutgelauntheit. Die siebzehn Männer und zwei Frauen schüttelten sich Kälte und Schläfrigkeit aus den Gliedmaßen. Es gab ein karges Frühstück ohne jegliches warmes Aufgussgetränk. Dann marschierten sie weiter. Der Wagen rollte neben ihnen her und wurde von Sandstrich zu Sandstrich heller im steigenden Sonnenlicht.
    Sich immer weiter hineinzubewegen ins Feindesland war eine eigentümliche Sache. Jeder von ihnen – vielleicht bis auf Sensa MerDilli und »Scheusal« Kertz – spürte den Impuls zurückzukehren, es mit dem Eindringen genug sein zu lassen, aber es ging immer noch weiter. Der vom Königreich entfernteste Punkt ihrer Unternehmung kam am Ende des dritten Tages, und dies war erst der zweite.
    An diesem zweiten Tag passierten sie die beiden Felssäulen und fanden den Flusslauf, in dem graues Wasser plätscherte, das stellenweise wie mit einer Haut überzogen wirkte.
    »Stimmt es, dass das giftig ist?«, fragte Leutnant Gyffs die beiden Raubiels.
    Emjen Raubiel spuckte etwas aus, das noch dunkler und widerwärtiger aussah als dieses Flusswasser. »Giftig? Na ja! Für Menschen und Pferde sicherlich. Aber die Panzerlöwen saufen dieses Zeug bestimmt mit Wonne.«
    Um etwas über das Land, durch das sie sich bewegten, zu lernen, wollte Gyffs immerhin an dem Wasser schnuppern, also beugte sie sich am Ufer so weit wie möglich nach vorne. Fenna ging in ihre Nähe, um sie festhalten zu können, falls sie ausglitt. »Es riecht … süßlich«, sagte sie. »Auf eine schwere, klebrige Art. Wie Zuckersirup. Eigentlich müsste es hier vor Insekten nur so wimmeln. Aber es scheint einfach keine zu geben.«
    Sie folgten dem Flusslauf in einiger Entfernung, sodass sie nicht all seine mäandernden Bewegungen mitmachen mussten, sondern eine verhältnismäßig gerade Richtung beibehalten konnten.
    Als die Abenddämmerung bereits damit begann, die Wolken golden einzufärben, hob Korporal Garsid, der allen anderen voranging, plötzlich den Arm und bedeutete der Kompanie, stehen zu bleiben und Stille zu wahren. Fenna und Gyffs schlichen geduckt zu ihm nach vorne. »Was gibt es, Korporal?«
    Wortlos deutete Garsid nach schräg vorne, auf die dem Fluss abgewandte Ebene. Dort bewegte sich etwas. Etwas, das groß aussah, selbst auf die nicht unbeträchtliche Entfernung hin. Zwischen Felsformationen wirbelte Staub auf wie ein bernsteinfarbener Nebel. Riesige Flügel schlugen.
    »Ein Rudel Echsengeier?«, mutmaßte Fenna. »Ich kann nichts Genaues erkennen.«
    »Ein Drache!«, hauchte Ildeon Ekhanner nun schon zum zweiten Mal auf dieser Mission.
    Diesmal jedoch widersprach auch Onida Raubiel ihm nicht. »Das könnte tatsächlich ein Glutdrache sein. Ein Jungtier vielleicht.«
    Ellister Gilker Kindem entfuhr ein herzhaftes »Ach du liebe Scheiße!«. Er war tatsächlich als der Größte von allen von Weitem am besten zu sehen.
    Fenna überlegte fieberhaft. Das Untier, was auch immer es war, schien die Kompanie noch nicht bemerkt zu haben. War es nun ratsamer, einfach stillzustehen und sich möglichst klein zu machen, oder sollten sie sich in eine Sichtdeckung zurückziehen und dabei riskieren, Staub aufzuwirbeln? Der Wagen war einfach zu auffällig. Wie ein helles Tuch leuchtete er über die Ebene. »Wir bewegen uns ganz langsam hinter diese Felsformation dort hinten. Ich will keine Geräusche hören, auch nicht von den Pferden und den Rädern des Wagens.«
    »Nein, wir bleiben genau hier«, widersprach ihm Leutnant Gyffs.
    Fenna seufzte. Sie hatten oft darüber gesprochen, wie verheerend es war, wenn die beiden Kommandooffiziere vor versammelter Mannschaft unterschiedlicher Meinung waren. Bei den Übungen hatten sie für solche Fälle ein System entwickelt: Immer abwechselnd ordneten sie sich bei strittigen Punkten einander unter. Aber dies war keine Übung. Dies war ein Ernstfall. Das Leben aller konnte von einer Entscheidung abhängen. Und im Moment konnte Fenna sich nicht einmal darauf besinnen, wer von ihnen beiden

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