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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ihre Haferbeutel ums Maul gehängt. Dann marschierten sie alle zusammen hinein ins Gas. »Zügig«, mahnte Fenna. »Wir wollen so schnell wie möglich durch.«
    Das Gas stank nach Kloake, nach verfaulten Eiern und verrottetem Leben. Einige der Männer husteten. Nelat wurde schwindelig, Stodaert stützte ihn. Ekhanner würgte, als müsse er sich übergeben. Auch Onida Raubiel schwächelte jetzt und verkroch sich nach hinten in den Wagen. Nur der alte Raubiel schien hinter seinem Tuch zu grienen.
    Fenna war sich nicht sicher, ob das Gas tatsächlich giftig war oder ob es einfach nur mörderisch stank. Aber gesund war es mit Sicherheit nicht. Gyffs ließ sich nichts anmerken.
    Eine Stunde lang gingen sie durchs Gas. Die Orientierung war leicht zu halten, weil der Himmel zu sehen war mit seiner fahlen Sonne, aber unten am Grund schien alles zu schweben, zu treiben, haltlos zu sein, einem den Boden zu entziehen. Teppel stürzte einmal und war mehrere Sandstrichbruchteile lang gar nicht mehr zu sehen, bevor sein Korporal Garsid ihn aus dem Gelbnebel hochzog. Die Pferde schwitzten vor Beanspruchung. Fenna dachte an Chlayst, an das Sumpfgas, das keine Farbe hatte, keinen für Menschen wahrnehmbaren Geruch. Nur Hunde und Katzen hatten Reißaus genommen. Menschen hatten gelacht, geatmet, blutigen Schaum erbrochen und den Tod gefunden. Chlayst war schlimmer gewesen als dies alles. Sogar schlimmer als ein Drachennest.
    Nach einer Stunde waren sie durch. Zur Sicherheit gingen sie noch dreihundert Schritt weit aus dem Gelb hinaus, bevor sie ihre Tücher abnahmen. Da, wo die Tücher durch den Atem feucht geworden waren, hatten sie sich grünlich verfärbt.
    »Widerlich, einfach widerlich«, schüttelte sich von den Holtzenauen.
    Fenna wünschte sich, etwas ausspucken zu können wie der alte Raubiel. »Jetzt haben wir es bald geschafft«, sagte er mit zu einem Grinsen verzerrten Gesicht. »Unsere Karte führt uns durch das Hügellabyrinth dort hinten zu dem Punkt, wo wir das Proviantlager ausheben.«
    »Diese Hügel sind ein guter Ort für Hinterhalte«, mahnte Korporal Deleven.
    »Ja.« Fenna nickte. »Deshalb sind wir ja auch eine Kompanie Soldaten und keine Gesangsgruppe beim gemütlichen Herbstausflug.«
    Keiner der Männer machte beim Marschieren schlapp. Der Schreiber Lement hatte nichts Personelles zu notieren außer der Tatsache, dass die Dritte Kompanie nach Plan der Vorgesetzten funktionierte. Dafür skizzierte Jovid Jonis bei jeder sich bietenden Rast die umgebende Landschaft auf sein Pergamentbündel. In den Hügeln interessierten ihn vor allem die merkwürdigen Pilze, die hier wucherten. Die meisten von ihnen hatten überhaupt keinen Stiel, aber riesige Hüte, die bis zu einem Schritt im Durchmesser maßen.
    »Besser nicht anfassen!«, warnte Emjen Raubiel. »Einige von denen klappen zu und verschlingen, was sie gefangen haben.«
    »Aber wovon ernähren die sich?«, fragte Jonis. »Hier gibt es keine Vögel, keine Insekten, keine Mäuse …«
    »Hier gibt es allerhand. Das meiste kommt aber erst nachts raus.«
    Sie folgten dem von Hauptmann Gollbergs Kompanie ausgekundschafteten und auf den Plänen verzeichneten Weg, der den Wagen vor allzu steilen Stellen bewahrte, durch die Hügel. Schon vor dem Einsetzen der Abenddämmerung erreichten sie den auf den Plänen verzeichneten Endpunkt ihrer Mission: einen ausgefransten Talkessel, markiert von mehreren schwarzrindigen Krüppelbäumen. Die Bäume schimmerten feucht, ihre Rinden sonderten eine Art Öl ab. Wären die Bäume nicht auf dem Wegplan fest verzeichnet gewesen, hätte Fenna sie für etwas gehalten, was sich schlangengleich bewegen konnte.
    Er schickte den Fernwaffenzug auf die umliegenden Hügelkuppen, damit er die Umgegend ausspähte. Es war nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Überall Hügel und trockenes Grasland, in jeder Richtung. Dann machten sich die Soldaten mit zehn auf dem Wagen mitgeführten Spaten ans Buddeln. Zweimal unterband Gyffs die Arbeit, weil sie vermeinte, von woanders ebenfalls Arbeitsgeräusche zu hören, aber es waren wohl nur Echos, die sich durch die bucklige Landschaft brachen.
    Fenna erinnerte sich an das, was Jenko und Gollberg ihm eingeschärft hatten: Kein Tier durfte das Vergraben beobachten. Aber hier gab es keine Tiere. Keine Vögel, die sich irgendwo niedersetzten. Keine Schlangen. Nicht einmal Ameisen. Nur die flachen Pilze, ölige Bäume und an den windgeschützten Hängen verdorrt wirkendes Gras. Als ob selbst der Wind hier

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