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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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etwas Feindseliges auf die Kompanie aufmerksam wurde, als wenn sie alle einfach nur geschlafen hätten. Die Pferde jedoch knabberten ganz ungerührt am dürren Gras.
    Wäre Fenna jetzt alleine gewesen oder ohne verantwortungsvolle Befehlsgewalt, wäre er womöglich in die Nacht hineingestapft und hätte so etwas gerufen wie »Warum zeigt ihr euch nicht einfach? Ihr seid doch irgendwo da draußen und tuschelt über uns. Kommt und greift uns endlich an!«. Einfach nur, um die unbefriedigende Spannung abzubauen. Aber das ging nicht, das konnte er nicht machen. Er war doch jetzt Vater.
    Nach einer Viertelstunde der Ereignislosigkeit legten sich alle, die nicht mit Wachehalten dran waren, wieder hin.
    In der vierten Schicht wurde die Kompanie noch einmal geweckt. Diesmal war es Korporal Deleven selbst, der im Norden ein Flackern am Himmel wahrgenommen hatte. »Ich wollte, dass Ihr Euch das ansehen könnt, Leutnants. Es sah nicht wie Wetterleuchten aus.« Sie starrten sandstrichelang ins kühle Dunkel, bis ihnen allen die Augen tränten. Je länger man starrte, desto eher schien man Unregelmäßigkeiten wahrzunehmen. Die Hügel schienen zu wabern. Das ganze Land war in Bewegung. Doch es war nur grundlose Furcht, die nach ihnen allen griff. Nichts bewegte sich dort, überhaupt nichts. Und dennoch fragte Fenna sich, ob das unstete Licht, das Deleven gesehen haben wollte, jenes geheimnisvolle Feuer war, jenes Endergebnis des großen Feldzuges, das im Norden loderte und das gesamte Land mit dem Geruch eines Schwelbrandes erfüllte.
    Der dauernde Schlafentzug zerrte an Fennas Nervenkostüm. Er wollte jeden sich ihm bietenden Sandstrich zum Schlafen nutzen und träumte dabei so wildes Zeug, dass er ganz erregt und verschwitzt wieder zu sich kam, als die Morgendämmerung den Himmel bleich und kränklich machte. Er fragte sich, welches Datum heute war, und kam nach längerem Abzählen an zitternden Fingern zu dem Schluss, dass heute der 9. Blättermond sein musste. In sechs Tagen würde man das Bachmufest feiern, das Fest des Herbstes und des Goldes.
    Sie inspizierten den Talkessel mit dem Proviantlager. Die meisten Würmer waren verendet. Der Boden sah aufgewühlt und zertreten aus, aber das waren nur ihre eigenen Fußspuren von gestern Nacht. Sie widmeten sich noch einmal eine Stunde lang der Aufgabe, das kleine Tal zumindest einigermaßen so herzurichten, dass nicht jeder zufällige Betrachter sofort durchschaute, dass dort etwas versteckt worden war.
    »Regnet es hier eigentlich jemals?«, fragte Fenna sowohl den Korporal Garsid als auch die beiden Raubiels. »Ein Regen könnte hier nämlich alles wieder normal aussehen lassen.«
    »Überall auf dem Kontinent regnet es ab und zu, selbst in den Sonnenfeldern«, antwortete Emjen Raubiel.
    Endlich brachen sie auf. Nach Gyffs’ Plan durften sieben Mann im Wagen mitfahren, der nun nur noch zwei Trinkwasserfässer und eine große Proviantkiste für die Dritte Kompanie geladen hatte. Viele der Männer waren ebenso übermüdet wie Leutnant Fenna, und Korporal Delevens Fernwaffenzug, der nun als Erster die Vergünstigung erhielt, freute sich sehr darüber. Leutnant Gyffs wollte auf ihr Recht mitzufahren verzichten, und als sie sah, wie gerädert Fenna aussah, nötigte sie ihn dazu, ihren Platz einzunehmen. Er wehrte sich nur, um der militärischen Etikette zu entsprechen, und schlief dann erschöpft drei Stunden lang, während der Wagen aus dem Hügellabyrinth hinausrumpelte.
    Nirgendwo gab es Affenmenschen. Nur ein paar Echsengeier tauchten nun wieder auf und kreisten in respektvoll anmutendem Abstand über dem Wagen und dem marschierenden Infanteriezug.

4

    Nachdem Fenna und der Fernwaffenzug ihre behaglichen Wagenplätze mit dem Infanteriezug hatten tauschen müssen, durchquerten sie abermals das Gasfeld. Das Gas schien nun anders zu stinken als noch beim ersten Mal. Beißender und saurer. Das Gelb trieb um sie herum wie werbende Tänzerinnen. Tadao Nelat, Ildeon Ekhanner und auch Onida Raubiel mussten sich diesmal wirklich übergeben. Der Geruch ihres Erbrochenen schien zusätzlich verstärkt über die übrige Kompanie herzufallen. Beinahe allen wurde schlecht, nur MerDilli, der einen eisernen Magen hatte, Gyffs, die sich keinerlei Schwachheiten gestattete, und Kertz, der sich in dem Brodem eher wohlzufühlen schien, wirkten unbeeindruckt. Fenna dagegen musste sich am Wagen festhalten, um sein Straucheln zu kaschieren.
    Nach einer Stunde waren sie immer noch nicht aus dem

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