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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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es doch gesagt: Die Siedlungen kommen erst weiter nördlich oder weiter westlich. Sicher gibt es da auch mehr Wasser und Leben, denn sonst könnte man dort ja nicht siedeln. Nein, ich glaube nicht an Überlebende. Aber ich glaube daran, dass es die Affenmenschen noch gibt, in großer Zahl, und dass das Halten unserer Stellung Carlyr eine sinnvolle und wichtige Aufgabe ist.«
    Sie passierten die Gegend, in der sie auf dem Hinweg den Drachen gesehen und ein Drachennest vermutet hatten. Alles war nun still, aber das bedeutete nicht, dass dort nichts auf der Lauer lag. Also umgingen sie dieses Gebiet abermals in respektvollem Abstand und achteten dabei darauf, nicht zu niesen und auch sonst keine überflüssigen Geräusche zu machen.
    Im Laufe des Nachmittages tauchte wieder ein halbes Dutzend Echsengeier auf, flatterte mit ledernen, an die zwei Schritt langen Flügeln in der Nähe der Kompanie herum und zerstreute sich nach einer Stunde wieder. Fenna gefiel das alles nicht. Was wollten diese Geier? Sie griffen nicht an, kreisten aber auch nicht über einer anderen Beute, sondern schienen sich immer wieder – verhältnismäßig schüchtern – für den Planwagen und die ihn begleitenden Menschen zu interessieren. Waren die Echsengeier Späher für die Affenmenschen? Drehte er selbst allmählich durch, weil er einen taktischen Sinn in solche Naturvorgänge hineinzudichten begann?
    Einmal bemerkten sie den Kopf eines Wesens, das offensichtlich in dem giftigen Fluss leben konnte. Es sah nicht aus wie ein Fisch, sondern eher wie ein mit kristallinen Wucherungen besetzter Otter.
    Der allgemeine körperliche Zustand der Kompanie war besorgniserregend. Allen schmerzten auf dem harten, trockenen Untergrund die Füße. Viele hatten trotz vorschriftsmäßigen Schuhwerks Blasen. Alle waren unausgeruht, unrasiert, staubverkrustet, durchgeschwitzt, froren dann aber auch immer wieder im plötzlich kühl auffrischenden Wind. Es gab nicht genügend Wasser zum Waschen. Alle juckten sich, als hätten sie Flöhe, dabei gab es hier gar keine Insekten. Alle sehnten sich nach einem weichen Bett, nach warmem Essen oder einem Getränk, das entweder heißer oder kühler war als ein abgestandenes Lau. Kertz fluchte viel, weil er seine Augengläser dauernd putzen musste. Der wirbelnde Windstaub blieb immer wieder auf ihnen haften. Ekhanner betete zu Afr, Tinsalt, Kjeer, Senchak und Bachmu – allen Gottheiten, die etwas mit dieser Gegend zu tun haben mochten. MerDilli bekam vom vielen Laufen Probleme mit seinen Knien und Fußknöcheln. Seine Beine waren im Verhältnis zu seinem außerordentlich muskulösen Oberkörper vielleicht ein wenig zu schwach. Teppels Atem ging schleppend und rasselnd, er selbst schien mit jedem Tag grauer zu werden. Stodaerts Zackigkeit bekam etwas Puppenhaftes, wie eine hohle Struktur, deren innerer Zerfall nur noch durch ein strenges Korsett aufrechterhalten wurde. Auch von den Holtzenauen war viel am Jammern und Stöhnen. Seine eher lässige Dienstauffassung kollidierte nun mit der schon seit Tagen andauernden Beanspruchung. Wenigstens ging es Tadao Nelat wieder besser – es war nur das Gas gewesen, das ihm so arg zugesetzt hatte. Der mädchenzarte Soldat mit dem Kinnflaum folgte seinem Korporal Deleven auf Schritt und Tritt und äußerte sich dankbar darüber, dass die Luft wieder frisch und durchsichtig war.
    Die Kompanie verließ den nach irgendwo abzweigenden Flusslauf, passierte die beiden Felssäulen und marschierte noch so weit wie möglich in die Dunkelheit hinein. Gyffs wollte die Zeit, die durch das frühe gestrige Lager eingebüßt worden war, wieder gutmachen. Sie wollte unbedingt am morgigen Abend die Festung erreichen ohne ein zusätzliches Lager oder eine mühselige lichtlose Nachtwanderung durch felsiges Geläuf.
    Der Mond schien durch Wolkenfetzen, also konnten sie auch im Dunkeln noch ein wenig sehen. Genügsam folgten die Pferde dem Anschein eines Weges, der Richtung Felsenwüstengebirge führte; der Wagen folgte den Pferden, die Soldaten wiederum dem Wagen. Teppel stürzte und kämpfte sich wieder hoch. Kindem strauchelte, dann Jonis. Teppel schlug abermals hin und blieb diesmal liegen. Es ging nicht mehr weiter. Es war einfach zu finster, der Mondschein zu sehr nur eine Vortäuschung von Licht.
    »Dies ist unser letztes Lager, Männer!«, sagte Gyffs, während die Soldaten ihre Vorkehrungen für Nachtruhe und Wachehalten trafen. Onida Raubiel rieb mit trockenem Gras die Pferde ab. »Morgen Abend

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