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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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schon sind wir in der Festung, da gibt es dann ein leckeres Essen, einen Krug roten Wein, ein bequemes Bett und mindestens zwei Tage dienstfrei, würde ich sagen.« Die Soldaten waren zu müde zum Jubeln, aber sie nickten lächelnd vor sich hin.
    Von Fenna war nicht mehr viel zu sehen oder zu hören. Entweder schlief er auf dem Wagen oder marschierte stumm als Nachhut hinterher, argwöhnisch das zurückliegende Land betrachtend, einen Hinterhalt erwartend, einen Sturmangriff von Riesenaffen, eine Armee zottelfelliger Weiber, Paviane mit Menschengesichtern, kreischende Äffchen mit grünen Feuerkatapulten, irgendetwas.
    In dieser Nacht schien Leutnant Gyffs’ strengster Gesichtsausdruck in den Wolken über dem Lager zu schweben – niemand wagte es, auf seiner Wache länger als einen Lidschlag die Augen zu schließen.
    Während der Schicht von Korporal Deleven ging weit entfernt im Felsenwüstengebirge eine Steinlawine ab. Das Rumpeln rollte wie Donner über das ebene Land. Was auch immer diese Lawine ausgelöst haben mochte, musste etwas Großes sein, aber beruhigend weit entfernt.
    Während der Schicht von Leutnant Fenna wagte sich eine vorwitzige Echse mitten durch das Lager. Sie war nicht sehr groß, etwa einen Drittelschritt von Kopf zu Schwanzspitze, aber sie war dunkel mit hellen Perlen, genau wie ein Nachthimmel voller Sterne. Ihre Augen rotierten in alle denkbaren Richtungen. Fenna beobachtete sie, sie beobachtete ihn. Dann watschelte sie breitbeinig davon.
    Während der Schicht von Korporal Garsid hatte Jovid Jonis einen Albtraum, der ihn im Schlaf ächzen und unverständliche Worte murmeln ließ. Nachdem Garsid ihn geweckt hatte, konnte sich Jonis aber an nichts erinnern.
    Als es dämmerte, weckte Garsid das ganze Lager. Die Männer machten einen besseren Eindruck als am vorherigen Tag. Jetzt stand ihnen nur noch ein einziger, letzter Marsch bevor, der zusätzlich durch die Annehmlichkeit des Wagenfahrens alle drei Stunden in eine beinahe gemütliche Kutschreise überging. Sie spürten, dass der weitaus größte Teil der Mission – fünf Tage von sechs – bereits hinter ihnen lag, dass bislang alles Wesentliche nach Plan verlaufen war, dass die Affenmenschen sich nicht gezeigt hatten und sich jetzt so nahe der Festung auch nicht mehr zeigen würden und dass es nur noch einer letzten kleinen Mobilisierung von Kräften bedurfte, um Essen, Wein, Bett und mindestens zwei Tage dienstfrei genießen zu können.
    Dieser Tag wurde heller, weil wolkenloser als die Tage zuvor.
    Und trotz der guten Sicht kam der Angriff am frühen Nachmittag vollkommen unerwartet.
    Der Infanteristenzug war gerade mit Marschieren dran. Fenna teilte sich die Wagenfläche stets mit dem kleineren Fernwaffenzug und schlief, während Gyffs sich inmitten der Infanteristen aufhielt, sie fuhr nie auf dem Wagen mit.
    Der Schreiber Lement war der Erste, der etwas bemerkte, denn er saß hinten im Wagen, ohne zu schlafen, und schaute oft hinaus. »Leutnant Gyffs, da kommt eine Art Staubwolke von schräg hinten rechts!«
    »Wo?«
    »Da drüben! Von hier oben kann man es vielleicht besser sehen.«
    »Nein, jetzt sehe ich es auch. Was ist das? Es ist schnell. Sind das … Reiter?«
    »Vielleicht sind welche von Gollbergs Kompanie im Einsatz«, mutmaßte Alman Behnk.
    »Das sind keine Reiter«, sagte Korporal Garsid. »Viel zu schnell, viel zu niedrig.«
    »Ihr Götter!«, entfuhr es Leutnant Gyffs. »Fernwaffenzug! Aufwachen und schussbereit machen, los, los, los, los, los! Wir werden angegriffen!«
    Diese Worte und Gyffs’ aufgeregte Stimme wirkten wie ein Schlag ins Gesicht, wie Eiswasser in den Knochen, ein Blitz aus heiterem Himmel. Korporal Delevens Männer schnellten aus ihrer Ruhephase hoch und purzelten ungelenk im Wagen übereinander. Mittendrin ein fluchender, keuchender Leutnant Fenna.
    Emjen Raubiel wollte die Pferde mit Peitschenknallen antreiben, doch das war schon gar nicht mehr möglich. Die beiden Gäule gingen von alleine durch, witterten die schreckliche Gefahr. Der Ruck, der deshalb durch den Wagen lief, ließ den Schreiber Lement und den Soldaten von den Holtzenauen beinahe hinten von der Ladefläche stürzen.
    Der Wagen entfernte sich. Mit ihm der Fernwaffenzug.
    Die Angreifer kamen näher, gehüllt in ein Banner aus aufgewirbeltem Staub.
    Es waren Tiere.
    Panzerlöwen.
    Drei.
    Loa Gyffs spürte zum ersten Mal in ihrem Leben Todesangst. Todesangst machte nackt und kalt und heiß und klein und schutzlos. Sie verwandelte den

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