Die Soldaten
wie die dritte Löwin vor Kertz immer noch zögerte, schoss er quer über den Kampfschauplatz auf sie. Abermals wandte sie sich um und rannte nun endgültig davon.
MerDilli hatte inzwischen eine Bresche in den Panzer der zweiten Löwin getrümmert. Mit einem Gesicht, das fast nur noch aus Zähnen bestand, rammte er ihr seinen Säbel in den Leib. Sie spürte das. Warf sich herum, mit beiden Tatzen gegen ihn. MerDilli hielt kurz stand, dann gaben seine Beine – der Schwachpunkt seines Körpers – nach. Er lag wehrlos. Doch die Löwin tötete ihn nicht. Sie warf sich abermals herum und schlug mit der Tatze nach Gyffs. Für Gyffs leuchtete alles für den Bruchteil eines Augenblicks gleißend weiß auf. Etwas erschütterte sie, durch und durch. Sie verlor den Boden, fand ihn nicht mehr wieder, stürzte haltlos durch das Weltall. Behnk wollte ihr beistehen, doch die Löwin riss ihr furchtbares Maul auf und brüllte ihn an, ihr Gesicht unmittelbar vor seinem. Behnk fiepte nur ein einziges Mal und rührte sich dann überhaupt nicht mehr.
Deleven schoss. Die Katze, die eben Leutnant Gyffs weggeschlagen hatte, wandte sich ihm zu.
Gyffs riss sich zusammen. Unten waren die Beine, was da oben schlackerte, mussten also ihre Arme sein. Alles andere war Schmerz und somit bedeutungslos für eine Offizierin der königlichen Armee. Sie schob das alles beiseite wie einen Schrank, der zwischen ihr und dem Feind stand. Gyffs sah wieder klar. Sie stand nun woanders, weiter hinten am Leib der Löwin, aber immer noch mitten im Geschehen.
Die Löwin betrachtete Deleven, während dieser nachlud. Der Einzige vom Fernwaffenzug, der es überhaupt bis hierher geschafft hatte. Von weit hinten humpelte Leutnant Fenna heran. Wo hatte der sich eigentlich verletzen können? Gyffs hieb nach dem Schwanz der Katze. Kein Hornplattenschutz hier hinten. Der Schwanz mit dem buschigen Ende flog gekappt durch die Luft. Die Löwin winselte. Abermals wandte sie sich um. Sie konnte sehr behände auf ein und demselben Fleck alle möglichen Richtungen abdecken, viel zu behände für ein dermaßen großes Tier. Gyffs sah Pranke und Maul. Sie hatte ihren Schild nicht zur Hand, parierte mit dem Säbel. Wieder dieses Aufleuchten. Wieder die Erschütterung des Leibes.
Deleven schoss. Der Pfeil knallte vom Panzer weg, traf beinahe MerDilli, der wieder aufrecht stand und brüllend zuschlug. Wieder drehte sich die Löwin. Dann sprang sie MerDilli an, mit beiden Pfoten voraus. Dieser Aufprall dröhnte sogar für alle anderen hörbar. MerDilli wurde waagerecht nach hinten getrieben, er landete auf seinem Rücken, die Löwin über ihm, sie biss und fauchte, er wehrte sich lautlos, boxte ihr gegen das Kinn. Deleven verhedderte sich beim Nachladen, seine Finger zitterten, weil MerDilli und die Bestie nun eins waren. Die Löwin zerrte an MerDilli, wie um ihn mitzunehmen, doch dieser wehrte sich heftig und mit kräftigen Armen. Dann ließ die Löwin ab von ihrer Beute und setzte mit weiten Sprüngen ihrer bereits geflüchteten Schwester hinterher. Deleven schoss, traf jedoch nichts mehr.
Gyffs stand, wo sie vorher gestanden hatte. Diesmal hatte das Weltall seine Koordinaten beibehalten. Mit ihrem Säbel hatte sie den Prankenhieb einer Panzerlöwin abgewehrt. In ihr Gehirn rauschte Blut zurück. »Holt Jonis unter der Löwin hervor, beeilt euch, Leute! Und jemand muss sich um Kindem kümmern! MerDilli, alles in Ordnung?«
»Geht … schon, … Leut…nant, … ich … muss … nur … at…men …« MerDillis Worte kamen in Schüben hervorgepresst; er war hart auf den Rücken gekracht, mit dem Gewicht einer Panzerlöwin auf dem Brustkorb.
Erst jetzt konnte Fenna das Schlachtfeld richtig überblicken. Deleven eilte zu Jonis, der unter einer toten Löwin lag. Emara schlug dort immer noch auf den Kadaver ein. Teppel lag am Boden, allem Anschein nach unverletzt. MerDilli desgleichen. Kindem kniete und hielt sich die Überreste eines Arms. Und Garsid. Korporal Garsid.
Von hinten kamen die Fernwaffenleute. Fenna gab Befehle. »Ekhanner, Nelat und Stodaert: Helft Jonis da raus und beruhigt Emara! Von den Holtzenauen: Du musst Kindem den Arm abbinden. Tu, was in deiner Macht liegt!«
»Was ist mit Eurem Bein, Leutnant?«, erkundigte sich von den Holtzenauen im Vorüberlaufen.
»Das ist nichts. Das ist nichts.« Fenna hinkte zu Gyffs. Ihre klaren Augen brannten und vibrierten in ihren Rändern. »Es tut mir so leid. Ich war nicht da.«
»Was für eine Scheiße, Eremith. Die
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