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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Carlyr, viel zu weit weg von Chlayst.
    »Auf keinen Fall, Loa«, sagte er mit langsam an Festigkeit gewinnender Stimme. »Auf gar keinen Fall werden wir das tun.«
    Die Stille zwischen diesem Satz und Gyffs’ Entgegnung mutete wie ein Knistern an.
    »Du hast es doch gehört! Wir haben einen militärischen Befehl erhalten!«
    »Überbracht … von einem einzelnen Soldaten, der uns noch nie ausstehen konnte. Woher willst du denn wissen, dass Gollberg tatsächlich einen dermaßen unsinnigen Befehl gegeben hat? Wir dreizehn Gestalten gegen einhundert bis zweihundert Affenmenschen? Wenn schon Gollbergs dreißig Elitekrieger nicht den Hauch einer Chance hatten?« Fenna hatte das Gefühl, eine Hürde genommen zu haben. Das Sprechen fiel ihm zusehends leichter. Sein Kopf klärte sich.
    »Ja, glaubst du denn, dass Resea uns anlügt, um uns in den Tod zu reißen?« Leutnant Gyffs stand auf ihrem Kutschbock wie auf einer Tempelkanzel und predigte Fennas Gewissen. »Da bringst du aber ein paar Dinge durcheinander, mein lieber Leutnant Fenna! Ja, Resea fand uns nie besonders großartig, aber einen Grund, uns alle umzubringen, hat er doch wohl noch lange nicht! Bis zum Manöver hat er sich ordentlich für unsere Kompanie eingesetzt. Er ist ein schwieriger Mensch, aber als Soldat zuverlässig. Also ist Gollberg noch am Leben und schätzt die Lage so ein, dass wir ihm helfen können. Also vertraue ich auf Gollbergs Erfahrung.«
    »Und wie lange ist das her, dass Gollberg mit seinen sechs oder sieben Mann gegen einhundert oder zweihundert Affenmenschen noch am Leben war? Wie lange war Resea zu uns unterwegs, Loa? Was bedeutet der Befehl eines Hauptmanns, der längst tot ist ?«
    Keiner der Soldaten wagte mehr zu atmen. Leutnant Gyffs stand auf ihrem Kutschbock, Fenna unter und hinter ihr neben seinem Wagen auf dem Sandboden. Beide Offiziere sprachen verhältnismäßig ruhig und beherrscht miteinander, aber die meisten der Männer hatten den Eindruck, dass gebrüllt wurde.
    »Ein Befehl ist ein Befehl, da gibt es keine Klauseln. Denkst du denn, dass alle Befehle ihre Gültigkeit verlieren, wenn ein Offizier den Heldentod stirbt? Was für ein Chaos wäre das! Resea kann nicht länger als ein paar Stunden unterwegs gewesen sein, das Blut an seiner Kopfwunde war doch noch nicht einmal vollständig getrocknet! Jeder Sandstrich, den wir hier unnötig herumstehen und diskutieren, gefährdet allerdings tatsächlich das Leben von Hauptmann Gollberg und seinen Soldaten, da gebe ich dir recht!«
    »Sie verwenden Magie , Loa! Es ist … vollkommen überflüssig, da ebenfalls einfach so reinzureiten! Wir werden überhaupt nichts ausrichten können! Wir sind wie … dreizehn Tropfen Wasser, die in einen Brand geschüttet werden!«
    »Aber das ist unser Beruf, Eremith! Das ist unsere Pflicht! Dreizehn Tropfen Wasser, eingesetzt an der richtigen Stelle zur richtigen Zeit, können einen Brand eindämmen und dann löschen!«
    »Ach, das ist doch Unsinn. Das ist akademisches Gewäsch. Das hat man dir jahrelang eingetrichtert, damit du stolz darauf sein konntest, ein Wassertropfen zu sein. Ich werde das nicht zulassen. Ich werde unsere Männer nicht einfach so opfern.« Fenna spürte, wie sich sein Herzschlag wieder beschleunigte. Vierzehn Jahre. Vierzehn Jahre treuer Dienst an der Küste. Seite an Seite mit den anderen gegen den unsichtbaren Feind, der von innen tötete wie Onjalbans Magie, die die Eingeweide von Pferden zum Kochen und zum Platzen brachte. Vierzehn Jahre. Und nun stellte er alles infrage.
    »Wir haben gar keine andere Wahl, als dem Befehl Folge zu leisten«, sagte Gyffs mit nun ruhiger werdender Stimme. Ihre inneren Dynamiken schienen stets gegenläufig zu sein. »Resea reitet nach Carlyr und überbringt Gollbergs Befehle. Wenn wir dann zurückkommen und sagen, wir sind einfach umgekehrt und haben Gollberg im Stich gelassen, kommen wir alle vor das Kriegsgericht und werden hingerichtet wegen Feigheit vor dem Feind.«
    »Also sterben wir so oder so? Ist es das, was du damit sagen willst?«
    »Nein. Wenn wir vorrücken, sterben wir nicht unbedingt. Wir haben dann immerhin eine Chance, kämpfend zu überleben. Wir sind doch Soldaten, verdammt noch mal, wir sind im Kämpfen ausgebildet, wir sind nicht … die Raubiels und ihre Sippschaft. Und wenn Gollberg tot ist, laden wir eben seine Leiche auf. Und dann geht es zurück, mit von mir aus Tausenden von Affenmenschen im Rücken, aber wir werden schneller sein als sie mit unseren Pferden

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