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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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sollten darauf achten, dass wir uns bei Meinungsverschiedenheiten irgendwohin zurückziehen, um die Sache zu klären, und dann wieder einig vor die Mannschaft treten.«
    »Ja. Das wäre tatsächlich sinnvoll.«
    »Na gut. Dann ist das geklärt. Schnarcht Ihr?«
    »Nicht mehr als andere Menschen auch.«
    »Na schön. Ich möchte jetzt noch ein wenig lesen. Gute Nacht.«
    »Gute Nacht.«
    Das Gespräch wurde ersetzt vom Rascheln der Papierseiten. Hinter der Decke glomm dunkelgolden Gyffs’ kleiner Kerzenschein.
    Nach beinahe einer vollen Stunde fragte Fenna noch: »Schreibt sich Gyffs eigentlich wie Gift , nur mit S hinten?«
    »Nein. Mit einem Y in der Mitte, genau wie Labyrinth .«

10

    Am nächsten Morgen trat die Dritte Kompanie mit ihren neuen Frisuren zum ordnungsgemäßen Appell an. Garsid war der Einzige, der sich überhaupt nicht verändert hatte. Behnk, Emara, Teppel, Nelat und Stodaert sahen sich immerhin noch ähnlich. Ekhanner, von den Holtzenauen, Kertz, MerDilli, Resea und Jonis hatten sich deutlich verändert, und Deleven und Kindem sahen mit ihren nun leicht abstehenden Kurzflechtzöpfchen regelrecht kurios aus.
    Fenna fand, dass nur einer der Männer sich zum Positiven verändert hatte: »Scheusal« Jeo Kertz, dessen notorisch fettige Haare nun nicht mehr ganz so sehr an schwarze Nudeln erinnernd in seinem Gesicht klebten. Ansonsten war es ein trauriger Anblick. Die beiden Klippenwälder waren wirklich zu bedauern.
    Leutnant Gyffs schien sich jedoch an dem, was sie angerichtet hatte, nicht im Mindesten zu stören. Mit blecherner Stimme zog sie das Programm des Tages durch und quälte die Männer mit uderunischen Konditionsübungen, in deren Verlauf sie Bänke stemmen, Fässer wuchten, Seilspringen, Kniebeugen mit einem Stuhl in jeder Hand, Hochspringen und Abducken im Wechsel sowie kurze Hochgeschwindigkeitsläufe absolvieren und hart auf einen Mehlsack eindreschen mussten, bis die Hände aufgeschürft waren. Die Männer vermissten ihre Waffen, aber Gyffs enthielt sie ihnen vor wie unartigen Hunden ihre Lieblingsknochen.
    Schon vor dem Mittag klappten Behnk, Teppel und Emara zusammen. Gyffs sagte ihnen in ruhigem Tonfall, sie müssten ihr Pensum eben nachholen, während die anderen sich ausruhen durften.
    Am Nachmittag, unter glühender Sonne, knickten auch Ekhanner, Jonis, von den Holtzenauen, Kertz, Nelat, Resea und Kindem nacheinander ein. Zuletzt blieben nur noch Garsid, MerDilli, Deleven und Stodaert übrig.
    »Von Tag zu Tag werden es mehr, die bis zum Ende durchhalten, ihr werdet schon sehen«, sagte Leutnant Gyffs. Die Männer waren zu Tode erschöpft. Gyffs und Fenna schickten sie schon weit vor dem Abend in die Freizeit. Das Nachholen des versäumten Pensums konnte Fenna Gyffs für diesen Tag ausreden, weil »es ja schließlich das erste Mal war. Ab morgen können wir dann ernst machen«.
    In der Stunde vor Mitternacht verließ Fenna das Leutnantszimmer. Er bemühte sich nicht, unbemerkt hinauszuschleichen. Schließlich konnte man jederzeit die Latrine aufsuchen.
    Der Mond schien milchig. Alle Konturen wirkten abgerundet. Fenna begab sich zum Waschhaus, in dem zu dieser Stunde niemand war. Kein Licht brannte. Die überall herumstehenden Bottiche wirkten wie geduckte Raubtiere.
    »Ich dachte schon, Ihr würdet kneifen«, kam Reseas Stimme aus der Finsternis.
    »Ich wollte dir Gelegenheit geben, es dir noch mal zu überlegen. Schließlich musstest du heute hundert Übungen machen und bist erschöpft, während ich nur zugeschaut habe.«
    »So ist das halt. Die Ungerechtigkeit mit dem Kommandieren. Wollt Ihr nur quatschen oder Euch endlich stellen?«
    Der Kampf begann in vollkommenem Dunkel, und schon nach wenigen Sandstrichbruchteilen wurde Fenna klar, dass er einen großen Fehler begangen hatte. Was nun folgte, war nämlich kein männlich-ehrenvoller Faustkampf, sondern eher ein Tasten und Grabschen und Ringen, weil keiner der beiden in der Nacht in einem Bottich landen wollte. Schon nach kurzer Zeit waren beide ineinander verkeilt und ließen sicherheitshalber nicht mehr los. Muskeln spannten sich an, Gelenke quietschten. Atem rasselte. Füße rutschten auf seifigem Untergrund. Resea begann, Fennas Hals mit der Ellenbeuge abzuschnüren. Fenna spürte, wie die Blutzufuhr in seinen Kopf abgewürgt wurde, wie eine Ohnmacht oder sogar der Tod nach ihm schnappten. Er durfte nicht aufgeben, er durfte einfach nicht. Das würde ihn zurückwerfen hinter den staubigen Ritt nach Carlyr, weit hinter

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