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Die Soldaten

Die Soldaten

Titel: Die Soldaten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Carlyr. Dann gab es einige Offiziere, die nun gegen die Heugabelmänner vorrückten, aber auch dieser Kampf gegen eine bewegliche, marodierende Horde war nicht zu vergleichen mit der Ausgangssituation angesichts der Affenmenschen, die einen Landstrich von der Größe der Klippenwälder beherrschten. Betrachtete man eine Karte des Kontinents, sah man, dass das Land der Affenmenschen etwa ein Achtel der gesamten bekannten Welt ausmachte. Ein unüberschaubar riesiges Gebiet. Auch Fennas eigene Erfahrungen in Chlayst waren zu spezifisch, um dabei behilflich zu sein.
    Fenna fühlte sich nutzlos, von Tag zu Tag mehr.
    Vielleicht war es die sengende Sonne, die die Festung selbst an den Regentagen in einen wasserdampfenden Backofen verwandelte und ihn erneut dankbar sein ließ für die Schatten spendenden Klippen links und rechts, die er immer wieder so beargwöhnt hatte. Oder vielleicht waren es die schleppenden Fortschritte der Grünhörner. Oder die allgemeine, stagnierende Festungsatmosphäre mit dem immer wieder sinnlos ausreitenden Gollberg und seinen Matsch aufwirbelnden Mannen. Oder die Tatsache, dass die Affenmenschen überhaupt nicht angriffen, nie angriffen, wenn man sich die Geschichte der Festung Carlyr betrachtete. Oder die Feststellung, dass es zwischen ihm und Ilintu überhaupt nicht vorwärtsging. Was auch immer: Fenna fühlte sich, als sei er nach Carlyr abgeschoben worden, um an den gravierenden, sich überall ereignenden Veränderungen des Kontinents keinen Anteil mehr haben zu können.
    Durch Postreiter kamen Neuigkeiten in die Festung. In Furbus hatte ein königliches Bataillon gegen die Heugabelmänner gekämpft und war zurückgeschlagen worden. In Wandry war der Stadtkapitän bei einer geheimnisvollen Detonation ums Leben gekommen. Wandry hatte sich daraufhin ebenso von den Gesetzen der Königin losgesagt wie Skerb, und anstatt einer schwelenden Rivalität zwischen diesen beiden Städten tobte nun ein offener Krieg in der Glutsee. Ein seltsamer Prediger namens Janther Gringarioth Lessett zog durchs Land und scharte Anhänger um sich im Namen einer neuen oder vielleicht auch uralten Religion des Einen Gottes , die den Anspruch der rinweschen Königslinie auf den Thron nicht akzeptierte. In der Nähe des Lairon-Sees hatte eine Schwarzwachsmine der Königin geschlossen werden müssen, nachdem sie von mehreren Horden Aufständischer attackiert worden war.
    Nur hier oben blieb alles ruhig.
    Das magische Feuer jenseits der Felsenwüste brannte mit waberndem Hauch.
    So kam der Feuermond.

11

    In der Nacht auf den ersten Tag des neuen Mondes hatte Yinn Hanitz einen heftigen Anfall. Ilintu holte Fenna aus dem Bett. Nur mit einem Lendentuch bekleidet folgte der Leutnant der Heilerin in das von schnupfenden Zweiten annähernd voll belegte Lazarett. Hanitz stand aufrecht im Bett und deklamierte in der Haltung eines Irrsinnigen mit völlig verzerrtem Gesicht, während ihm Harn aus dem Glied rann: »Wo sind die Sternentage hin? Sie haben uns die Tage genommen, um daraus Landschaften zu machen! Sie brauchten die Zeit, Zeit ist Stoff, Zeit ist Stoff für Romane und Gedichte! Reimen wir uns, oder sind wir misslungen? Die Hand, die sich erhebt, muss herunterkommen. Die Hand, die den Stein wärmt, lässt mein Herz gefrieren! Wir laufen gegen Mauern, gegen Mauern, gegen Mauern, das Blut wird uns erschauern, erschauern, erschauern. Wir laufen gegen Wände, gegen Wände, gegen Wände, das sind eiskalte Hände, eiskalt, eiskalt, das Licht wird unser Ende, das Licht, das Licht! Ich vergesse, was ich esse, ich vergesse meine Fresse in der Esse in der Messe in der Blässe meiner Nässe, woran zu denken ich auf keinen Fall vergessen durfte! Das Feuer brennt, die Hand kommt herab, der Gedichtemann tut Böses an! Tut Böses an!« Es gelang Fenna, Ilintu und zwei helfenden Soldaten der Zweiten Kompanie, Hanitz in eine liegende Position zu bringen. Ilintu brachte Tücher, um den Urin aufzusaugen. Hanitz lallte nun nur noch und wiederholte immer wieder: »Die Hand ist ohne Schrift, ohne Schrift, ohne Schrift …«
    »Und ich dachte, ich könnte ihn bald entlassen«, ächzte Ilintu.
    »Ist das normal?«, erkundigte sich Fenna. »Es wirkt fast, als würde er Visionen empfangen oder etwas in der Art.«
    »War er denn vorher magisch begabt?«, fragte ihn die Heilerin.
    »Sicherlich nicht. Er erzählte etwas davon, dass er bei einem Holzhändler gearbeitet hat, als Geselle oder so was. Dann hat er sich als Rekrut zur Armee gemeldet.

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