Die Somalia-Doktrin (German Edition)
verheiratet«, sagte er.
»Wann war das denn?«
»Vor einem Jahr, in Afghanistan. Ich habe dort im Auftrag der
New York Times
über die Auswirkungen des Kriegs auf die Zivilbevölkerung recherchiert. Meine Frau war Reporterin bei Reuters.«
»Wie hieß sie denn?«
»Carrie.«
»Wie war sie denn so?«
»Wunderbar. Immer positiv, immer gut aufgelegt. Natürlich hatten wir unsere Probleme, aber wir verstanden uns. Wir waren gern zusammen.«
Maxine warf ihm wieder einen Blick zu. Ihre Augen waren strahlend und groß.
»Was ist passiert?«
»Ein Unfall oder jedenfalls behauptete das die Army. In der Provinz Helmand. Sie war in einen Zug Marines eingebettet. Dazu war es irgendwie in letzter Minute gekommen, ich wusste noch nicht mal, dass sie weg war. Ich hatte gerade einen General interviewt. Ich kam ins Hotel zurück und fragte mich, wo sie sein könnte. Da klopfte es an der Tür. Draußen stand ein Soldat, der mir sagte, sie sei bei einem Unfall umgekommen. Eine Steilwand hinabgestürzt.«
»Großer Gott. Tut mir wirklich leid.«
Jim hielt inne in der Erwartung, wieder vom Schmerz übermannt zu werden. Aber es kam nicht dazu. Nicht diesmal.
»Zuerst hieß es, man könne die Leiche nicht finden. Aber schließlich sagte mir einer meiner Kontakte bei der Army, dass man sie zurückgebracht hatte. Man wollte nur nicht, dass ich sie sah.«
»Warum nicht?«
»Ich habe sie schließlich doch gesehen. Sie sah aus wie durch den Wolf gedreht.«
Maxine legte ihm eine Hand auf den Schoß. Mit der anderen steuerte sie den Wagen, die noch unangezündete Zigarette zwischen den Fingern. Er legte eine Hand auf die ihre und drückte sie.
»Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass da was nicht stimmte«, sagte er. »Nicht einer der Marines wollte mit mir darüber reden. Ich bin alle meine Kontakte angegangen, kam aber nicht weiter. Man flog ihre Leiche zurück nach Kalifornien. Ich habe sie beerdigt, bevor ich zurück nach Afghanistan bin, um weiter zu graben. Ich fuhr an den angeblichen Unfallort. Ich fand einen riesigen Bombenkrater und Spuren eines Feuergefechts.«
»Was hast du gemacht?«
»Ich habe schließlich doch noch einen der Marines zum Sprechen gekriegt. Der Typ war betrunken und nicht ganz klar. Ich hatte ihn nur einige Minuten für mich allein. Er sagte, keiner von ihnen hätte gesehen, was Carrie passiert ist. Das hatte man mir ja bereits gesagt. Sie waren in einen Hinterhalt geraten, bei dem zwei Marines fielen, sagte er, aber sie war noch wohlauf. Aber er sagte mehrmals, dass sie der Captain des Zugs gefunden hätte. Auch das wusste ich bereits. Ich hatte ihn aufzuspüren versucht, ihn aber nicht gefunden. Aber der betrunkene Soldat sagte etwas, was bei mir alle Alarmglocken auslöste. Er sagt, Carrie hätte etwas über den Captain herausgefunden, worüber er besser nicht sprach.«
»Was meinte er damit?«
»Mehr wollte er nicht sagen. Nach einigen Wochen ging mir das Geld aus und mit meinen Ermittlungen kam ich auch nicht voran. Ich musste zurück nach New York. Aber als ich eines Tages Carries Sachen durchging, kam mir einer von ihren Notizblöcken unter. Ich fand darin Login und Passwort für ihre E-Mail. Ich loggte mich ein und fand eine Mail, die sie sich selbst geschickt hatte. Sie enthielt einige Notizen über ihre Recherche in Afghanistan. Sie hatte mir nichts davon erzählt.«
»Und was war das?«
»Sie hatte herausgefunden, dass der Captain des Zugs in den Heroinhandel verwickelt war. Er hatte Kontakte zu afghanischen Stammesführern, die Mohn anbauten, den sie zu Heroin verarbeiteten. Der Typ flog es mithilfe von MainShield in Army-Maschinen in die USA.«
»Warum hat sie dir nichts gesagt?«
»Vielleicht war keine Zeit mehr. Ihre Mail war von dem Tag, an dem sie mit den Marines aufbrach. Sie musste ziemlich schnell weg.«
»Denkst du, die wussten über ihre Recherche Bescheid und haben sie umgebracht?«
»Höchstwahrscheinlich.«
»Warum hast du sie nicht auffliegen lassen?«
»Das ging nicht. Ich hatte ja nichts Konkretes. Nur ihre Notizen. Und der Captain verschwand. Ich habe ihn aufzuspüren versucht, aber ich hatte nur ein altes Foto, für das ich einen Typ aus der Heeresverwaltung bestochen hatte. Kein Mensch wusste, wo er abgeblieben war?«
»Wie hieß er denn?«
Jim schluckte. Er hatte den Namen des Captains seit Afghanistan nicht mehr ausgesprochen. Er war mit zu vielen Erinnerungen verbunden, zu viel Zorn.
»Weißt du‘s nicht mehr«, hakte Maxine nach.
»Adam
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