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Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Die Somalia-Doktrin (German Edition)

Titel: Die Somalia-Doktrin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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dreckiges Grinsen. Er spuckte einige Khatblätter aus und sagte: »Gut dass ihr zwei noch hier seid. Wir müssen bald los.«
    Der Kriegsherr wandte sich ab und bellte wieder Befehle. Abdi sah die Milizleute zu ihren Trucks zurückkehren. Einige hatten Beute gemacht, nicht dass sie viel gefunden hatten. Einige lachten; wahrscheinlich brüsteten sie sich mit einer Vergewaltigung oder dem einen oder anderen Mord.
    Die Milizleute scharten sich um das hintere Ende des Lasters. Abdi sah sie im Außenspiegel. Sie ließen ihre Kalaschnikows auf der Erde liegen. Jemand auf der Ladefläche des Trucks reichte ihnen Macheten heraus. Sie taten sich zu Gruppen zusammen. Plaudernd, lachend, kauten sie Khat. Einige schlugen sich die Macheten mit der flachen Seite in die offene Hand. Die drei Weißen waren wieder dabei, wiesen mit den Fingern, sprachen mit dem Kriegsherrn, als gäben sie Anweisungen.
    Der Kriegsherr nickte und trat vor seine Leute.
    »Ihr wisst, was zu tun ist, also macht es ordentlich und schnell«, befahl er. »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Kommt zurück, wenn ihr fertig seid. Wir bauen unsere Ausstellung hier drüben auf.« Er wies auf eine Stelle ein paar Meter vom Truck.
    Die Milizleute schlenderten davon. Abdi hielt den Atem an. Sie hatten doch bereits den größten Teil der Lagerinsassen umgebracht. Was wollten sie noch groß anrichten?
    Dann sah er es und schrie vor Entsetzen auf.
    Ein Milizmann zog Faadumo an den Haaren aus der Hütte. Sie rührte sich nicht. Abdi betete zu Allah, dass sie bewusstlos war oder tot. Der Mann ließ sie auf die Erde fallen, hob die Machete und hackte ihr mit drei Schlägen den Kopf ab. Er hob ihn auf und warf ihn hinter sich, wo er dumpf aufschlug.
    Abdi schwamm der Kopf. Er hatte das Gefühl, ihm würde jeden Augenblick schwarz vor den Augen. Sein Mund war trocken wie Wüstensand. Er rief Allah um Stärke an und stützte sich mit einer Hand auf dem Armaturenbrett ab, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Er atmete tief durch und schloss die Augen.
    Als er sie einige Minuten später wieder aufschlug, sah er, was der Kriegsherr seinen Männern befohlen hatte. Dutzende von Milizleuten kamen mit den abgeschlagenen Köpfen der Lagerinsassen zum Konvoi zurück. Die Erde war dunkel und schlammig vom Blut. Selbst der Himmel hatte sich überzogen, als würde die Sonne sich dessen schämen, was da auf der Erde geschah. Einige von den Männern stapelten die Köpfe aufeinander. Dann traten sie zurück und bewunderten ihre Arbeit, eine Pyramide aus abgeschlagenen Köpfen – eine Kriegstrophäe des Satans.
    Der Kriegsherr trat vor den Laster und unterhielt sich hitzig mit dem größten der drei weißen Männer. Sie drückten einander die Hand, worauf der Kriegsherr mit einem Walkie-Talkie in den Laster stieg.
    Wieder grinste er Abdi an: »Eines Tages wirst du mir dankbar sein, dass ich euch beiden das Leben gerettet habe.«
    Ein Knistern kam aus dem Walkie-Talkie. Der Kriegsherr bellte wieder Befehle. Einen Alptraum von Verwüstung und Tod zurücklassend, fuhr der Konvoi wieder los.

Kapitel 23
    Paris, Frankreich
22. September 2003
    Jerome ging es wieder etwas besser. Die Nähte in seinem Magen verursachten ihm höllische Schmerzen und natürlich konnte er kaum etwas essen, aber sein Kopf hatte sich etwas beruhigt und die Schmerzmittel taten das ihre. Anne hatte ihn in ihrer kleinen Wohnung in der Rue de l’Etoile im Zentrum von Paris, ganz in der Nähe des Arc de Triomphe, einquartiert. Es war ein hübsches kleines Apartment mit einem dunkelroten, komplex gemusterten Teppich, hoher Decke, einem Couchtisch, der aufgeklappt zu einem Backgammontisch wurde, und einem geschwungenen Schmiedeeisengeländer an dem kleinen Balkon. Das Wichtigste freilich war der Internetanschluss, was Jerome die Fortsetzung seiner Recherche und seiner Serie über Universal Action erlaubte. Es war dies der zweite Tag, an dem er die Kraft aufbrachte, um sich mit dem Laptop im Bett aufzusetzen und etwas zu tun.
    Anne kam ins Schlafzimmer, stellte sich vor das Bett und musterte ihn mit ihren funkelnden blauen Augen. Sie trug einen langen schwarzen Morgenmantel und ein altes Tuch um den Hals. Sie hielt ein Notizbuch vor der Brust.
    »Was guckst du denn?«, fragte Jerome.
    Anne lächelte mild. »Ich guck dich an. Schön, dass es dir wieder gut genug geht, um ein bisschen zu arbeiten. Frühstück?«
    »Kein’ Hunger.«
    »Keine Klagen bitte.« Sie zwinkerte ihm zu. »Du solltest dankbar sein, dass du noch

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