Die Somalia-Doktrin (German Edition)
Idee, die Franzosen zweifeln, werden sich aber überzeugen lassen; und den Russen und Chinesen ist es scheißegal.« Er sah Marion an. »In dem Augenblick, in dem der Sicherheitsrat grünes Licht gibt, kommt ihr ins Spiel. Koordinier du das mit Othman.«
Der Fahrer des Zugs läutete eine Glocke, um den Aufbruch anzukündigen. Sie schlenderten zurück und nahmen ihre alten Plätze wieder ein. Der Zug rumpelte weiter und hielt fünf Minuten später vor einer Weinkellerei, auf deren Schild es hieß: »Cellier des Templiers«. Ein Angestellter führte sie durch schummrige Keller voll großer Holzfässer und unzähliger staubiger Flaschen und erklärte die Überlegenheit der Weine von Banyuls und ihren jahrhundertealten Herstellungsprozess.
»Harry«, flüsterte Marion, als Othman an der Spitze der Gruppe und damit außer Hörweite war. »Ich muss mit dir reden.«
»Nicht hier.«
»Doch, hier.«
»Später. Zu viele Leute hier.«
»Nein. Jetzt.«
Harry seufzte und setzte sich noch etwas weiter von der Gruppe ab.
»Was ist denn?«
»Wann willst du zahlen?«, fragte Marion.
»Jeden Augenblick. Keine Sorge, der Transfer ist unterwegs.«
»Wir brauchen Cash. Gerät und Mannschaften stehen bereit.«
»Ich sage doch, keine Sorge«, zischte Harry. Marion begann ihm auf die Nerven zu gehen. Harry hatte Edward gebeten, die Zahlung abzunicken, aber aus irgendeinem Grund war es noch nicht dazu gekommen.
»Wenn es nicht umgehend eintrifft, wird nichts aus unserem Deal.«
Harry schob sich an die Spitze der Gruppe, neben ihren Führer, der gerade den Alterungsprozess von Wein erklärte.
Harry spürte ein Tippen am Arm.
»Noch was«, flüsterte Marion.
»Was?«, fuhr Harry sie, etwas zu laut, an. Einige der Touristen warfen ihm böse Blicke zu.
»Wegen des Konvois.« Sie zog ihn am Arm in eine Ecke des Kellers. »Der, den wir mit Othman entführt haben.«
»Was ist damit?«
»Was machen wir mit dem Team, das wir gefangengenommen haben?«
»Ist doch nicht mein Problem.«
»Harry, das sind deine Leute.«
»Lasst sie verschwinden. Othman soll das erledigen. Der hat Übung in so was. Deswegen bezahlen wir ihn schließlich.«
Bevor sie antworten konnte, hatte Harry sie stehen lassen und folgte dem Führer in den Verkostungsraum, der in leuchtenden Farben gehalten war. Othman diskutierte bereits die Vorzüge verschiedener Weine mit der attraktiven jungen Frau hinter der getäfelten Theke. Er schwenkte etwas Wein in einem Glas und schnupperte dann daran, bevor er ihn verkostete. Harry war überrascht: Er hatte gedacht, Muslime tränken keinen Alkohol. Othman war offensichtlich die Ausnahme.
Harry und Marion standen herum. Die Frau hinter der Theke klimperte für Othman mit den Wimpern und kicherte über etwas, was er gesagt hatte. Harry schnaufte irritiert. Er war nicht gekommen, um Othman beim Flirten und Trinken zuzusehen. Er tippte Othman auf die Schulter.
»Gehen wir raus«, sagte er.
Othman nahm die Sonnenbrille ab und sah Harry finster an. »Augenblick.«
»Wir haben keine Zeit.«
»Ich bin beschäftigt. Ich suche mir einen Wein aus und unterhalte mich mit der jungen Dame hier«, sagte Othman und bedachte die junge Frau mit einem strahlenden Lächeln. Sie lief rot an und strich sich übers Haar.
»Dann mach schnell.« Harry ließ ihn stehen und stapfte auf Marion zu, die ihren Reiseführer studierte.
»Kaufst du keinen Wein?«, fragte Harry sie.
»Ist gegen meine Religion.«
»Ah. Natürlich.«
Harry hatte ganz vergessen, dass Marion eine evangelikale Christin war. Wie sie ihre religiösen Überzeugungen mit ihrer Führungsrolle bei einer Söldnerfirma unter einen Hut brachte, war ihm schleierhaft. Aber andererseits war ja auch George W. Bush religiöser Spinner und Kriegstreiber zugleich. Wahrscheinlich waren sie und Bush die besten Freunde.
Nachdem Othman eine Kiste von der teuersten Sorte erstanden hatte, setzten sie sich auf eine der Holzbänke vor dem Weinkeller.
»Wo ist der Zug?«, fragte Othman. »Ich muss zurück. Meine Leute treffen morgen Abend in Mogadishu ein und ich will sie dort empfangen.«
»Der kommt gleich wieder«, sagte Marion. »Ich glaube, er ist eine neue Fuhre Touristen abholen.«
»Wie gesagt«, sagte Harry, »wenn der Sicherheitsrat den Einsatz militärischer Gewalt durch Universal Action gebilligt hat, geben wir bekannt, dass wir zusammen mit MainShield an der Umsetzung arbeiten. Noch im selben Augenblick, Marion, rücken deine Leute in Somaliland ein, zum Schutz von
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