Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
lächelte Don. Kurz darauf ließ er ihren Arm los, beugte sich jedoch noch einmal kurz vor und küsste zärtlich die roten Streifen, die er auf Maryns Unterarm hinterlassen hatte.
Er warf einen kurzen Blick auf die Uhr. »Ich treffe mich mit Robby und ein paar anderen im Club, wir wollen was trinken, und ich bin schon zu spät dran. Die anderen Frauen kommen zum frühen Abendessen dazu, und Robby hat ausdrücklich drauf hingewiesen, dass er dich auch dort erwartet.«
Sprachlos starrte Maryn ihn an. Eine Minute zuvor hatte er ihr gedroht, sie umzubringen. Jetzt lud er sie beiläufig zum Abendessen ein – mit seinem Mandanten Robby Prescott, der gleichzeitig ihr ehemaliger Chef bei der Versicherung war und dem Don, davon war Maryn jetzt überzeugt, zwei Millionen Dollar unterschlagen hatte.
»Ich … ich werd’s versuchen«, stotterte sie. »Meine Mutter hat angerufen, sie will unbedingt, dass ich sie besuchen komme …«
»Nein.« Don schüttelte den Kopf. »Sag deiner Mutter, du hättest zu tun. Wenn Robby will, dass du mit uns essen gehst, dann tust du das auch. Und du wirst genauso entspannt und charmant sein wie immer. Verstanden?«
»Hm«, machte Maryn mit trockenem Mund.
»Dann sehen wir uns um sechs«, sagte Don und steuerte auf die Haustür zu. Die Stollen seiner Golfschuhe klackerten über den Marmor im Eingangsbereich. »Und bring dich verdammt nochmal wieder auf Vordermann«, fügte er hinzu, als er ihr zerzaustes Haar und das tränenüberströmte Gesicht sah, »bevor du heute Abend im Club auftauchst.« Er griff in seine Tasche, holte seinen Geldclip heraus und ließ ein Bündel Fünfziger fallen.
Als Don fort war, stand Biggie mit großen braunen Augen in der Schlafzimmertür. Er wusste, ein Koffer bedeutete, dass sie verreisen würden, und normalerweise kam Biggie immer mit, wenn sie an den Strand von Jersey fuhren oder am Wochenende einen Kurztrip machten. Maryn kniete sich neben den Hund und nahm seine ergrauende Schnauze in die Hände. »Diesmal nicht, Junge«, sagte sie sanft und streichelte sein weiches Fell.
Für mehr war keine Zeit. Sie war fürs Einkaufen gekleidet, ihre Ausrede für den Fall, dass Don vorzeitig nach Hause gekommen wäre: eine ärmellose beige Wickelbluse aus Seide, Hose in Schwarz, dazu ihre Lieblingsschuhe, die schwarzen Slingbacks aus Lackleder. Aber es hatte nichts genützt. Er hatte sie ertappt. Maryn nahm sich nur kurz Zeit, ein anderes Oberteil anzuziehen, damit man die roten Striemen auf ihrem Arm nicht sah. Sie warf Kleidungsstücke in eine Reisetasche, die sie auf dem Boden im Kleiderschrank fand, da sie nicht erst ihren großen Koffer aus dem Schrank im Gästezimmer holen wollte. Sie warf einige Toilettenartikel, ihr Schminktäschchen und verschiedene Schuhe hinein, weil sie nicht genau wusste, was sie brauchen würde. Sie hatte kein Ziel im Sinn. Einfach nur weg. Weit weg. Sie nahm das Bargeld aus ihren Stiefeln, griff nach ihrer Rolex Oyster und steckte sie in ihre beigefarbene Prada-Tasche. In der letzten Minute dachte sie noch an ihren Laptop. Sie warf sich den Riemen der schwarzen Ledertasche über die Schulter und hastete zur Eingangstür.
Und da saß Biggie, die Ohren gespitzt, die rote Lederleine in der Schnauze. »Ach, Big«, sagte Maryn und trauerte schon dort um den Hund. Sie ging nach draußen und zog die Tür schnell hinter sich zu, trotzdem konnte sie hören, wie er daran kratzte.
Maryn eilte zum Volvo und warf Reisetasche und Laptop auf den Beifahrersitz. Ohne Ziel fuhr sie los, wollte nur so viele Meilen wie möglich zwischen sich und den Mann bringen, den sie geheiratet hatte.
Und jetzt war schon fast eine Woche vergangen. Dieses Haus war still. Zu still. Sie musste wissen, was daheim vor sich ging. Hatten die Rechnungsprüfer entdeckt, in welchem Umfang Don Geld unterschlagen hatte? Und was war mit Don selbst? Er hatte ihr Nachrichten am Telefon hinterlassen. Maryn hatte zu große Angst, sie abzuhören, und löschte sie, sobald sie eintrafen.
Sie wollte Genaueres erfahren. Maryn griff zu ihrem Handy und wollte sich bei Adam melden oder zumindest prüfen, ob sie noch mehr Anrufe in Abwesenheit hatte. Mist. Der Akku war leer. Durch ihre übereilte Flucht hatte Maryn das Ladekabel zu Hause vergessen und das Handy bisher nur am Anschluss im Auto aufgeladen. Und das stand draußen in der Garage.
Aber sie hatte ja noch den Laptop. Maryn hatte ihn noch nicht angemacht, seit sie in Ebbtide eingezogen war, weil sie nicht wusste, ob das Haus
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