Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
kaufen?«
Zu meiner Überraschung kramt er eine zerknitterte Zwanzigdollarnote aus seiner Hosentasche hervor. »Oh, unbedingt«, sagt er und wirft den Schein auf den Schreibtisch. Ich hasse es, wenn Leute das tun. »Ich möchte gern den Beweis von Penumbras Ungehorsam in der Hand halten.« Pause. Seine dunklen Augen funkeln. »Ihr Boss wird Ärger kriegen.«
Weswegen, weil er Science-Fiction vercheckt? Warum kann der Kerl Douglas Adams nicht ausstehen?
»Und was ist das da?«, sagt er abrupt und zeigt auf das Mac Book. Das Modell des Ladens breitet sich auf dem Bildschirm aus, langsam rotierend.
»Geht Sie nichts an«, sage ich und drehe es weg.
»Geht mich nichts an?«, poltert er. »Wissen Sie überhaupt – nein, natürlich nicht.« Er verdreht die Augen, als würde er gerade den miesesten Kundenservice in der Ge schichte des Universums über sich ergehen lassen müssen. Dann schüttelt er den Kopf und fängt sich wieder. »Hören Sie gut zu. Es ist wichtig.« Mit zwei Fingern schiebt er sein Paket über den Schreibtisch zu mir herüber. Es ist breit und flach und kommt mir bekannt vor. Seine Augen heften sich fest an mich, und er sagt: »Dieser Laden ist ein einziges Chaos, aber ich muss mich darauf verlassen können, dass Sie Penumbra das hier geben. Dass Sie es ihm persönlich überreichen. Es nicht ins Regal stellen. Geben Sie es ihm persönlich.«
»Okay«, sage ich. »Geht klar. Kein Problem.«
Er nickt. »Gut. Danke.« Er sammelt seine Einkäufe ein und drückt die Ladentür auf. Dann dreht er sich noch einmal um. »Und bestellen Sie Ihrem Boss Grüße von Corvina.«
Am Morgen ist Penumbra noch nicht einmal halb durch die Tür, da berichte ich schon, was geschah, erzähle viel zu schnell und durcheinander, ich meine, was hat der Typ für ein Problem, und wer ist Corvina, und was ist in dem Paket, und jetzt mal ernsthaft, was hatte der für ein Problem –
»Beruhige dich, mein Junge«, sagt Penumbra, hebt die Stim me und beschwichtigt mich mit einer Geste seiner schmalen Hände. »Beruhige dich. Ganz langsam.«
»Da«, sage ich. Ich zeige auf das Paket, als wäre es ein totes Tier. Und wer weiß, vielleicht ist es ja ein totes Tier oder dessen Knochen, die zu einem hübschen Fünfeck zusammengelegt sind.
»Ahhh«, haucht Penumbra. Er greift mit seinen langen Fingern nach dem Paket und hebt es leicht an. »Wie wunderbar.«
Aber es enthält natürlich keine Schachtel mit Knochen. Ich weiß genau, was es ist, wusste es in dem Moment, als der blasse Besucher den Laden betrat, doch irgendwie jagt mir diese Erkenntnis sogar noch mehr Angst ein, denn jetzt ist klar, was auch immer hier läuft, es geht um mehr als um die Verschrobenheit eines alten Mannes.
Penumbra entfernt die braune Verpackung. Es ist ein Buch.
»Ein Neuzugang«, sagt er. »Festina lente.«
Das Buch ist sehr schmal, aber auch sehr schön. Es hat einen leuchtend grauen Einband aus irgendeinem marmorier ten Material, das im Licht silbern schimmert. Der Buchrücken ist schwarz, und darauf steht E RDOS in perlmuttfarbenen Buchstaben. Offensichtlich haben die Ladenhüter Zuwachs bekommen.
»Es ist schon ziemlich lange her, dass so eins hier ankam«, sagt Penumbra. »Das muss gefeiert werden. Warte hier, mein Junge, warte hier.«
Er verschwindet durch die Regale ins Hinterzimmer. Ich höre seine Schritte auf den Stufen, die zu seinem Büro hinaufführen, hinter der Tür, auf der P RIVAT steht und durch die ich noch nie gegangen bin. Als er wiederkommt, bringt er zwei ineinandergesteckte Plastikbecher und eine halb volle Flasche Scotch mit. Auf dem Etikett steht F ITZGERALD’S, und sie sieht ungefähr so alt aus wie Penumbra. Er gießt einen Zentimeter der goldenen Flüssigkeit in jeden Becher und reicht mir einen.
»Und jetzt«, sagt er, »beschreib ihn. Den Besucher. Lies aus deinem Logbuch vor.«
»Ich habe nichts aufgeschrieben«, gestehe ich. Tatsächlich habe ich überhaupt nichts getan. Ich bin nur die ganze Nacht auf und ab gegangen und habe einen großen Bogen um den Ladentisch gemacht, aus Furcht, das Paket zu berühren oder es anzusehen oder auch nur zu viel darüber nachzudenken.
»Ah, aber es muss ins Logbuch eingetragen werden, mein Junge. Hier, schreib es auf, während du es erzählst. Erzähl es mir.«
Ich erzähle und schreibe dabei. Langsam geht es mir besser, als würden sämtliche Seltsamkeiten über die dunkle Füllerspitze aus meinem Körper hinaus auf das Papier fließen:
»Heute kam ein anmaßender Idiot
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