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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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habe das echte Logbuch VII in meine Kuriertasche gestopft, aber es ist viel zu groß dafür, darum ist die Tasche ausgebeult und sieht in meinen Augen geradezu lächerlich kriminell aus. Wie eine dieser afrikanischen Riesenschlangen, die irgendein Tier im Ganzen verschlungen hat.
    Das falsche Logbuch steht bei seinen Stiefgeschwistern. Nachem ich es an seinen Platz geschoben hatte, fiel mir eine verräterische Spur im Staub des Regalbretts auf. Zuerst bekam ich es mit der Angst zu tun. Dann begab ich mich in die Tiefen der Ladenhüterabteilung hinein, fegte etwas Staub von den Brettern in meine Hand und ließ ihn vor das gefälschte Logbuch rieseln, bis Menge und Qualität des Staubs perfekt dem alten entsprachen.
    Ich habe ein Dutzend Erklärungen parat (mit ausufern den Nebenhandlungen), falls Penumbra der Unterschied auf fällt. Aber ich muss gestehen: Das gefälschte Exemplar sieht toll aus. Mein Staubarrangement könnte von den Special-Effects-Leuten bei ILM stammen. Das sieht echt aus, und ich glaube nicht, dass mir irgendetwas daran auffallen würde, und Mann, jetzt bimmelt das Glöckchen über der Tür –
    »Guten Morgen«, sagt Penumbra. »Wie war die Nacht?«
    »Gut toll fantastisch«, sage ich. Zu schnell. Mach langsam. Vergiss nicht: Die Schatten der Normalität. Duck dich da rein.
    »Weißt du«, sagt Penumbra und zieht seine Marinejacke aus, »ich habe nachgedacht. Wir sollten diesen Burschen hier in den Ruhestand schicken« – mit zwei Fingern tippt er dem MacPlus an den Kopf, ein sanftes Klackklack  – »und etwas Zeitgemäßeres anschaffen. Nichts zu Teures. Vielleicht könntest du ein Fabrikat und Modell empfehlen?«
    Fabrikat und Modell. Ich habe noch nie jemanden in dieser Weise über Computer sprechen hören. Ein MacBook gibt es in jeder Farbe, solange es aus blankem Metall besteht. »Ja das ist super«, sage ich. »Klar ich schau mich mal um Mr. Penumbra vielleicht ein gebrauchter überholter iMac ich glaube die sind genauso gut wie die neuen.« Ich sage das alles in einem Atemzug und bin schon auf dem Weg zur Tür. Mir ist schlecht.
    »Und«, sagt er behutsam, »vielleicht könntest du ihn verwenden, um eine Website einzurichten.«
    Mein Herz zerspringt gleich.
    »Der Laden sollte eine haben. Es ist höchste Zeit.«
    Jetzt ist es passiert, mein Herz ist explodiert, und vielleicht sind ein paar andere kleine innere Organe auch noch geplatzt, aber ich muss meinem Vorsatz treu bleiben – ich muss mich an Kat Potentes Spielregeln halten:
    »Wow das ist der Hammer das sollten wir auf jeden Fall machen Websites sind total mein Ding aber ich muss jetzt wirklich los Mr. Penumbra also bis dann.«
    Er zögert, dann lächelt er amüsiert. »Na gut. Ich wünsche dir einen schönen Tag.«
    Zwanzig Minuten später sitze ich im Zug nach Mountain View und drücke die pralle Tasche an meine Brust. Es ist merkwürdig – mein Vergehen ist so harmlos. Wen kümmert es, wo sich ein altes Logbuch aus den Beständen einer obskuren antiquarischen Buchhandlung läppische sechzehn Stunden lang aufhält? Aber so fühlt es sich nicht an. Es fühlt sich an, als wäre ich eine von zwei Personen auf der Welt, auf die sich Penumbra eigentlich verlassen können müsste, und wie sich herausstellt, darf man mir nicht trauen.
    Alles nur, um ein Mädchen zu beeindrucken. Die Bahn rumpelt und schaukelt und wiegt mich in den Schlaf.

DIE SPINNE
    D ie Regenbogenfarben auf dem Schild neben dem Bahnhof, das den Weg zum Google-Campus weist, sind unter der Sonne des Silicon Valley etwas verblasst. Ich folge dem bleichen Pfeil einen gewundenen, von Eukalyptusbäumen und Fahrradständern flankierten Fußweg hinunter. Hinter der Kurve sehe ich breite Rasenflächen und niedrige Gebäude und zwischen den Bäumen ein in den Farben Rot, Grün, Gelb und Blau aufblitzendes Markenzeichen.
    Über Google erzählt man sich heute, es sei wie Amerika selbst: immer noch die Nummer eins, aber unverkennbar dem Untergang geweiht. Beides sind Supermächte mit ungeheuren Ressourcen, aber beide werden von rasant wachsenden Rivalen verfolgt, die sie früher oder später überholen werden. Für Amerika ist dieser Rivale China. Für Google ist es Facebook. (So was steht alles in den Tech-Gossip-Blogs, daher sollte man nicht zu viel darauf geben: Die haben auch behauptet, dass der nächste Abräumer ein Start-up namens MonkeyMoney ist.) Aber es gibt einen Unterschied: Im An gesicht des Unvermeidlichen steckt Amerika Geld in die Rüs tungskonzerne, damit

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