Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
sie Flugzeugträger bauen. Google steckt Geld in geniale Programmierer, damit sie tun, wozu immer sie lustig sind.
Kat trifft mich an einem blauen Sicherheits-Checkpoint, bestellt und bekommt eine Besucherplakette, auf der in Rot mein Name und meine Zugehörigkeit stehen, und führt mich zu ihrem Bereich. Wir nehmen eine Abkürzung über einen großen Parkplatz, dessen Asphalt in der Sonne dampft. Hier stehen keine Autos, nur lauter weiße Container auf niedrigen Stützen.
»Das sind Teile der Big Box«, sagt Kat und zeigt darauf. Am anderen Ende des Parkplatzes kommt dröhnend und zischend ein Sattelschlepper angefahren. Die Zugmaschine ist in einem leuchtenden Rot-Grün-Blau gestrichen und hat einen der weißen Container im Schlepptau.
»Sie sind wie Legosteine«, fährt sie fort, »nur dass jeder von ihnen Speicherplatz beherbergt, tonnenweise, und Prozessoren und alles andere und Anschlüsse für Wasser und Strom und Internet. Wir bauen sie in Vietnam und verschiffen sie dann überallhin. Sie vernetzen sich alle automatisch, egal, wo sie sind. Alle zusammen bilden sie die Big Box.«
»Und die macht …?«
»Alles«, sagt sie. »Google spielt sich komplett in der Big Box ab.« Sie zeigt mit ihrem braunen Arm auf einen Container, über dessen Längsseite in großen grünen Lettern der Schriftzug W W W gezeichnet ist. »Der enthält eine Kopie des Internets.« YT : »Jedes Video auf YouTube.« MX : »Alle deine E-Mails. Unser aller E-Mails.«
Mit einem Mal wirken Penumbras Regale nicht mehr ganz so hoch.
Breite Gehwege winden sich durch den Hauptcampus. Es gibt eine Fahrradspur, und Googler auf Fixed-Gear-Bikes mit Karbonfaserrahmen und Akkupacks flitzen vorbei. Ich sehe zwei alte Typen auf Liegerädern und einen großen Kerl mit blauen Dreadlocks auf einem Einrad.
»Ich habe uns für halb eins den Buchscanner reserviert«, sagt Kat. »Wollen wir vorher was essen?«
Vor uns taucht die Google-Kantine auf, ein länglicher, niedriger weißer Pavillon, mit kleinen Pflöcken befestigt, wie bei einer Gartenparty. Nach vorn hin ist er offen; die Zeltplanen über den Eingängen sind hochgerollt, und kurze Schlangen aus Googlern reichen bis auf die Grünfläche hinaus.
Kat bleibt stehen und kneift die Augen zusammen. Sie berechnet etwas. »Diese«, sagt sie schließlich und zieht mich in die äußerste linke Schlange. »Ich bin eine ziemlich gute Schlangenstrategin. Allerdings ist es hier nicht so einfach –«
»Weil jeder bei Google ein Schlangenstratege ist«, mutmaße ich.
»Genau. Darum wird manchmal auch geblufft. Der Typ da ist ein Bluffer«, sagt sie und stupst den Googler, der direkt vor uns in der Schange steht, mit dem Ellbogen an. Er ist groß und hat sandfarbenes Haar und sieht aus wie ein Surfer.
»Hey, ich bin Finn«, sagt er und hält mir eine knochige, langfingrige Hand hin. »Zum ersten Mal bei Google?« Er betont es Gew-gell, mit einer kleinen Pause in der Mitte.
In der Tat, mein Freund unklarer europäischer Herkunft. Ich mache Small Talk: »Wie ist das Essen?«
»Oh, fantastisch. Der Koch ist berühmt …« Er hält inne. Bei ihm hat es klick gemacht. »Kat, er muss sich doch in die andere Schlange stellen.«
»Stimmt. Das vergess ich jedes Mal«, sagt Kat. Sie erklärt es mir: »Unser Essen ist individuell abgestimmt. Es enthält Vitamine, ein paar natürliche Stimulanzien.«
Finn nickt heftig. »Ich experimentiere gerade mit meinem Kaliumspiegel. Ich bin jetzt bei sieben Bananen am Tag. Body-Hacking!« Er grinst über das ganze Gesicht. Moment mal, enthielt dieser Couscous-Salat Stimulanzien?
»Tut mir leid«, sagt Kat und runzelt die Stirn. »Die Besucherschlange ist da drüben.« Sie zeigt quer über den Rasen, und ich überlasse sie dem Body-Hacker und Euro-Surfer.
Also warte ich neben einem Schild mit der Aufschrift E XTERNE V ERTRETUNGEN , mit drei Knaben in Khakis, blauen Button-down-Hemden und Handyholstern aus Leder. Die Googler auf der anderen Seite des Rasens tragen alle enge Jeans und bunte T-Shirts.
Kat redet jetzt mit jemand anders, einem schlanken, dunkelhäutigen Jungen, der sich direkt hinter ihr angestellt hat. Er ist wie ein Skater gekleidet, darum vermute ich, dass er einen Doktortitel in künstlicher Intelligenz hat. Ein Dorn der Eifersucht sticht in meine Augen, aber ich bin darauf gefasst; ich wusste, was auf mich zukommt, hier in dem Kristallpalast, wo Kat jeden kennt und jeder Kat kennt. Also warte ich, bis es vorüber ist, und sage mir, dass sie mich
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