Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
Vom Netzwerk:
in der Zeit ein bisschen mehr über den Ungebrochenen Buchrücken in Erfahrung bringen.
    Was mich angeht: Ich habe eine Mission. Penumbras Ankunftszeit an seinem Reiseziel – typisch, dass er die Bahn nimmt – liegt immer noch zwei Tage in der Zukunft. Im Moment tuckert er durch die Mitte des Landes, und wenn ich mich beeile, kann ich ihm den Weg abschneiden. Ja: Ich kann ihn abfangen und retten. Ich kann die Dinge wieder in Ordnung bringen und meinen Job zurückbekommen. Ich kann herausfinden, was genau da los ist.
    Ich erzähle das alles Kat, wie ich es mir mittlerweile angewöhnt habe. Es ist ein bisschen so, als würde ich eine richtig schwere Matheaufgabe in einen Computer eingeben. Einfach die Variablen eintippen, Enter drücken und:
    »So klappt das nicht«, sagt sie. »Penumbra ist ein alter Mann. Ich habe das Gefühl, dass diese Sache schon sehr lange Teil seines Lebens ist. Ich meine, mehr oder weniger ist es sein Leben, stimmt’s?«
    »Stimmt, darum –«
    »Darum glaube ich nicht, dass du ihn dazu wirst überre den können, einfach … aufzuhören. So, wie ich seit, warte mal, drei Jahren bei Google bin? Das kann man kaum ein ganzes Leben nennen. Aber trotzdem könntest du mich nicht einfach am Bahnhof abfangen und mir sagen, ich soll umkehren. Diese Firma ist das Wichtigste in meinem Leben. Sie ist der wichtigste Teil meiner Identität. Ich würde dich glatt stehen lassen und weitergehen.«
    Sie hat recht, und das ist verstörend, zum einen, weil es bedeutet, dass ich einen neuen Plan brauche, und zum anderen, weil es mir im Grunde nicht einleuchtet, obwohl ich die Wahrheit in dem, was sie sagt, erkennen kann. Ich habe gegenüber einem Job (oder einer Sekte) noch nie so empfunden. Mich könnte man ohne Weiteres vom Zug abholen und zu allem Möglichen überreden.
    »Andererseits finde ich, dass du unbedingt nach New York fahren solltest«, sagt Kat.
    »Okay, jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
    »Die Sache ist einfach viel zu interessant, als dass man sie auf sich beruhen lassen könnte. Was ist die Alternative? Einen neuen Job suchen und sich ewig fragen, was mit deinem alten Boss passiert ist?«
    »Naja, das wäre definitiv Plan B –«
    »Dein erster Impuls war richtig. Du solltest einfach nur ein bisschen« – sie hält inne und schürzt die Lippen – »strategischer vorgehen. Und du musst mich mitnehmen.« Sie grinst. Na klar. Wer wird da Nein sagen?
    »Google hat ein großes New Yorker Büro«, sagt Kat. »Und ich bin noch nie da gewesen, also werde ich einfach sagen, ich will hinfahren und das Team kennenlernen. Mein Manager hat bestimmt nichts dagegen. Was ist mit dir?«
    Was mit mir ist? Ich habe eine Mission und ich habe eine Verbündete. Jetzt brauche ich nur noch einen Mäzen.
    Wenn ihr meinen Rat hören wollt: Freundet euch mit ausgegrenzten Sechstklässlern an, sie könnten einmal Millionäre sein. Neel Shah hat jede Menge Freunde – Investoren, Angestellte, andere Unternehmer –, aber im Grunde ihres Herzens wissen sie genauso wie er, dass sie mit Neel Shah, dem Geschäftsführer, befreundet sind. Ich hingegen bin für immer mit Neel Shah, dem Kerkermeister, befreundet. Neel wird mein Mäzen sein.
    Sein Wohnhaus dient ihm gleichzeitig als Firmensitz. Zur Gründerzeit der Stadt San Francisco war das mal eine geräumige Feuerwache aus Backstein; heute ist es ein geräumiges Techno-Loft aus Backstein, mit teuren Lautsprechern und superschnellem Internet. Neels Firma hat sich im Erdge schoss der Feuerwache breitgemacht, wo Feuerwehrleute des neunzehnten Jahrhunderts ihr Chili des neunzehnten Jahrhunderts gegessen und sich Witze des neunzehnten Jahrhunderts erzählt haben. Inzwischen wurden sie durch eine Brigade schlanker junger Männer ersetzt, die das ganze Gegenteil sind: Männer, die leichte Neon-Sneakers statt schwe rer schwarzer Stiefel tragen, die keinen kräftigen, sondern einen eher schlaffen, rutschigen Händedruck haben. Die meisten von ihnen sprechen mit irgendeinem Akzent – aber das war vielleicht früher nicht anders?
    Neel sucht und findet Wunderkinder in der Kunst des Programmierens, bringt sie nach San Francisco und assimiliert sie. Das sind dann Neels Knaben, und der großartigste von allen ist der neunzehnjährige Igor aus Weißrussland. Wenn man Neel Glauben schenkt, hat Igor sich die Matrizenrechnung auf der Rückseite einer Schaufel beigebracht, mit sechzehn die Hackerszene von Minsk beherrscht und hätte fast die gefährliche Laufbahn der

Weitere Kostenlose Bücher