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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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schüttelt den Kopf. »Das ist etwas, was man bei Google lernt. Dinge, die früher schwierig waren … sind heute einfach nicht mehr schwierig.«
    Ich verstehe immer noch nicht, wie Computer uns bei dieser speziellen Art von Problem helfen könnten.
    »Was wäre, wenn Men-schen und Com-pu-ter«, sagt Kat im Tonfall eines Trickfilm-Roboters, »zu-sammen-ar-bei-ten wür-den?« Ihre Finger fliegen über die Tastatur und erteilen Befehle, die ich bereits kenne: König Hadoops Truppen sind wieder auf dem Vormarsch. Sie schaltet ihre Stimme zurück auf normal. »Wir können Hadoop verwenden, um die Seiten eines Buchs zu lesen, stimmt’s? Dann können wir es auch benutzen, um Schilder an Gebäuden zu lesen.«
    Natürlich.
    »Aber Hadoop wird ein paar Fehler machen«, sagt sie. »Es wird unsere Suche von ungefähr hunderttausend Gebäuden auf etwa, sagen wir, fünftausend eingrenzen.«
    »Also benötigen wir statt fünf Jahren nur noch fünf Tage.«
    »Falsch!«, sagt Kat. »Denn stell dir vor – wir haben zehntausend Freunde. Das nennt man« – sie klickt triumphierend einen Tab an, und dicke gelbe Buchstaben erscheinen auf dem Bildschirm – »Mechanical Turk. Statt Aufgaben an Computer zu verteilen wie Hadoop, verteilt dieses Programm Aufgaben an richtige Menschen. Eine Menge. Hauptsächlich in Estland.«
    Sie kommandiert König Hadoop und zehntausend estnische Fußsoldaten. Sie ist nicht zu bremsen.
    »Wovon rede ich denn die ganze Zeit?«, sagt Kat. »Wir haben jetzt alle diese neuen Möglichkeiten – und keiner hat’s kapiert.« Sie schüttelt den Kopf und sagt es noch einmal. »Keiner hat’s kapiert.«
    Jetzt spreche auch ich wie ein Roboter: »Die Sin-gu-la-ri-tät ist na-he!«
    Kat lacht und schiebt auf ihrem Monitor Symbole hin und her. Eine große rote Zahl in der Ecke teilt uns mit, dass 30 347 Arbeiter auf unseren Auftrag warten.
    »Men-schen-Mäd-chen-sehr-hübsch!« Ich kitzle Kat an den Rippen, was dazu führt, dass sie das falsche Kästchen anklickt; sie schiebt mich mit dem Ellbogen weg und macht weiter. Ich schaue ihr dabei zu, wie sie Tausende Fotos von Adressen in Manhattan aufruft. Stadthäuser, Wolkenkratzer, Parkhäuser, Schulen, Geschäfte – alle eingefangen von den Google-Street view-Wagen, alle von einem Computer mit Fähnchen markiert, weil sie eventuell, möglicherweise, ein Buch enthalten, das aus zwei Händen besteht, obwohl es sich in den meisten Fällen (genau genommen in allen außer einem) nur um etwas handelt, was der Computer versehentlich für das Symbol des Ungebrochenen Buchrückens hält: zwei zum Gebet gefaltete Hände, ein verschnörkelter gotischer Buchstabe, eine Cartoonzeichnung von einer verschlungenen braunen Brezel.
    Dann schickt sie die Bilder an Mechanical Turk – eine ganze Armee von fleißigen, einsamen Helfern, die rund um die Welt hinter ihren Laptops lauern – zusammen mit meinem Verweisfoto und der simplen Frage: Gibt es eine Übereinstimmung? Ja oder nein?
    Eine kleine gelbe Zeitanzeige auf ihrem Bildschirm verkündet, dass die Aufgabe dreiundzwanzig Minuten in Anspruch nehmen wird.
    Ich verstehe, wovon Kat geredet hat: Es ist wirklich berauschend. Ich meine, König Hadoops Computerarmee war das eine, aber das hier sind echte Menschen. Eine Menge. Hauptsächlich in Estland.
    »Oh, hey, rate mal!«, sagt Kat, und plötzliche Aufregung belebt ihr Gesicht. »Sie werden bald das neue Produkt management bekannt geben.«
    »Wow. Viel Glück?«
    »Naja, weißt du, es ist nicht ganz ausschließlich reiner Zufall. Ich meine, zum Teil ist es Zufall. Aber es gibt auch so was wie – einen Algorithmus. Und ich habe Raj gebeten, ein gutes Wort für mich einzulegen. Bei dem Algorithmus.«
    Natürlich. Das bedeutet also zweierlei: 1. Pepper der Koch wird in Wirklichkeit nie auserwählt sein, das Unternehmen zu führen; und 2., wenn Google nicht endlich diesem Mädchen die Verantwortung für den Laden übergibt, werde ich zu einer anderen Suchmaschine wechseln.
    Wir strecken uns nebeneinander auf Kats schwammweichem Bett aus, die Beine verflochten. Uns sind mehr Menschen untertan, als in der Stadt leben, aus der ich komme. Sie ist Königin Kat Potente mit ihrem Instant-Imperium, und ich bin ihr treuer Gefährte. Unsere Herrschaft wird nicht lange dauern, aber so ist es nun mal: Nichts hält ewig. Wir alle werden geboren und scharen Verbündete um uns und errichten Imperien und sterben, alles in einem einzigen Augenblick – vielleicht in einem einzigen Pulsschlag

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