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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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Softwarepiraterie eingeschlagen, wenn Neel nicht sein Teufelswerk in 3-D auf YouTube entdeckt hätte. Neel besorgte ihm ein Visum, bezahlte ihm den Flug und sorgte dafür, dass in der Feuerwache ein Schreibtisch für ihn bereitstand, als er ankam. Neben dem Schreibtisch lag ein Schlafsack.
    Igor bietet mir seinen Stuhl an und macht sich auf die Suche nach seinem Chef.
    Die Wände, bestehend aus dicken Balken und freigelegten Ziegelsteinen, zieren riesige Poster von klassischen Film schauspielerinnen: Rita Hayworth, Jane Russell, Lana Turner, alle in Schwarz-Weiß und Hochglanz. Die Monitore greifen das Thema auf. Auf manchen Bildschirmen sind die Frauen vergrößert und verpixelt, auf anderen sind sie ein Dutzend Mal zu sehen. Igors Monitor zeigt Liz Taylor als Cleopatra, nur dass sie zur Hälfte als schemenhaftes 3-D-Modell daherkommt, als grünes Gitternetz, das sich in vollendeter Übereinstimmung mit dem Film über den Bildschirm bewegt.
    Neel hat seine erste Million mit Middleware verdient. Das bedeutet, dass er Software produziert, die andere Leute verwenden, um Software zu produzieren, hauptsächlich Video spiele. Er verkauft Werkzeug, das sie brauchen, wie ein Maler eine Palette oder ein Filmemacher eine Kamera braucht. Er verkauft Werkzeug, auf das sie nicht verzichten können – Werkzeug, für das sie Höchstpreise zahlen.
    Um es kurz zu machen: Neel Shah ist der weltweit führende Experte für Busenphysik.
    Die erste Version seiner bahnbrechenden Busensimulationssoftware hat er noch im zweiten Studienjahr in Berkeley entwickelt und kurz darauf die Lizenz an eine koreanische Firma verkauft, die dabei war, ein Beachvolleyballspiel in 3-D zu entwerfen. Das Spiel war unsäglich, aber die Busen waren phänomenal.
    Heute ist diese Software – die jetzt Anatomix heißt – das Standardwerkzeug für die Simulation und Präsentation von Brüsten in den digitalen Medien. Es ist ein riesiges Paket, mit dem man auf atemberaubend realistische Weise das gesamte Universum menschlicher Busen kreieren und modellieren kann. Ein Modul liefert Variablen für Größe, Form und Authentizität. (Brüste sind keine Sphären, wie Neel einem ständig erzählt, und sie sind auch keine Wasserbomben. Sie sind komplizierte, nahezu architektonische Gebilde.) Ein an deres Modul erstellt die Brüste – malt sie mit Pixeln. Ihre Haut ist etwas Besonderes, sie ist von einer glänzenden Beschaffenheit, die sehr schwer hinzukriegen ist. Das hat irgendwas mit Volumenstreuung zu tun.
    Sollten Sie zufällig in der Busensimulationsbranche arbeiten, dann ist Neels Software die einzig ernst zu nehmende Option. Sie kann auch mehr – dank Igors Anstrengungen ist Anatomix jetzt in der Lage, den ganzen menschlichen Körper wiederzugeben und sogar solchen Stellen, von denen Sie nicht einmal wussten, dass Sie sie haben, den perfekt kalib rierten Schwung und Glanz zu verleihen. Dennoch sind Busen nach wie vor die Haupteinnahmequelle des Unternehmens.
    Ehrlich, ich glaube, dass Igor und die anderen von Neels Knaben im Grunde eigentlich nur als Übersetzer unterwegs sind. Den Input – an die Wände gepinnt, auf allen Monitoren gleißend – liefern bestimmte Traumfrauen, die Weltgeschichte geschrieben haben. Der Output besteht aus pauschalisierten Modellen und Algorithmen. Und damit schließt sich der Kreis: Wie Neel jedem unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, wird seine Software inzwischen bei der Postproduktion von Filmen verwendet.
    Neel kommt im Eilschritt die Wendeltreppe herunter, winkt und grinst. Zu seinem molekular-engen grauen T-Shirt trägt er eine ausgesprochen uncoole stonewashed Jeans und grelle New Balances mit bauschigen weißen Schuhzungen. Man kann der sechsten Klasse nie ganz entkommen.
    »Neel«, sage ich, und als er sich einen Stuhl heranzieht, erkläre ich ihm: »Ich muss morgen nach New York fliegen.«
    »Was steht an? Ein Job?«
    Nein, das Gegenteil von einem Job: »Mein greiser Arbeitgeber ist verschwunden, und ich versuche, ihn aufzustöbern.«
    »Warum überrascht mich das kein bisschen«, sagt Neel, während seine Augen zu schmalen Schlitzen werden.
    »Du hattest recht«, sage ich. Warlocks.
    »Lass mal hören.« Er macht es sich bequem.
    Igor kommt zurück; ich trete ihm seinen Stuhl wieder ab und trage mein Anliegen im Stehen vor. Ich erzähle Neel, was sich ereignet hat. Und zwar so, als wäre es ein Rockets-&- Warlocks-Abenteuer: Hintergrund, Figurenkonstellation; zu erfüllende Mission. Der Suchtrupp

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