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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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irgendeines riesigen Prozessors, irgendwo.
    Der Laptop klingelt leise, und Kat dreht sich zur Seite, um die Tastatur anzutippen. Immer noch schwer atmend grinst sie und hebt den Laptop auf ihren Bauch, um mir das Ergebnis dieses harmonischen Zusammenspiels zwischen Mensch und Computer zu zeigen, dieser Zusammenarbeit von tausend Maschinen, zehnmal so vielen Menschen und einem sehr schlauen Mädchen:
    Es ist ein verwaschenes Bild von einem niedrigen Steingebäude, eigentlich nicht viel mehr als ein großes Haus. Darauf zu sehen sind verwackelte Gestalten, die auf dem Bürgersteig davor entlanggehen; eine von ihnen trägt eine rosa Gürteltasche. Die kleinen Fenster des Hauses haben Eisengitter, und unter einer schwarzen Markise befindet sich ein dunkler, schattiger Eingang. Und dort, grau in grau in Stein gehauen, sind zu sehen: zwei Hände, geöffnet wie ein Buch.
    Sie sind winzig – nicht größer als richtige Hände. Wahrscheinlich würden sie einem, wenn man auf dem Gehweg daran vorbeiginge, gar nicht auffallen. Das Gebäude ist an der Fifth Avenue mit Blick auf den Central Park, unweit des Guggenheim-Museums.
    Der Ungebrochene Buchrücken versteckt sich vor aller Augen.

DIE BIBLIOTHEK

DER SELTSAMSTE VERKÄUFER SEIT FÜNFHUNDERT JAHREN
    I ch schaue durch ein weißes Elektrofernglas auf das winzig kleine graue Symbol, zwei Hände, geöffnet wie ein Buch, in Stein von einem dunkleren Grau gemeißelt. Ich hocke auf einer Bank auf der Fifth Avenue mit dem Rücken zum Central Park, flankiert von einem Zeitungsautomaten und einem Falafelstand. Wir sind in New York. Ich habe mir das Fernglas von Mat geliehen, bevor wir losfuhren. Er hat mich ermahnt, es ja nicht zu verlieren.
    »Was siehst du?«, fragt Kat.
    »Noch nichts.« Hoch oben im Mauerwerk sind kleine Fenster eingelassen, alle von dicken Gittern geschützt. Es ist eine langweilige kleine Festung.
    Der Ungebrochene Buchrücken. Ungebrochen, das klingt nach einer Gruppe von Attentätern, nicht nach ein paar Buchliebhabern. Was spielt sich in dem Gebäude ab? Gibt es sexu elle Fetische, bei denen Bücher eine Rolle spielen? Bestimmt. Ich versuche mir nicht vorzustellen, wie das vonstattenginge. Müssen die Ungebrochenen einen Mitgliedsbeitrag zahlen? Wahrscheinlich sogar einen hohen. Wahrscheinlich machen sie teure Kreuzfahrten. Ich mache mir Sorgen um Penumbra. Er steckt so tief da drin, dass ihm gar nicht klar ist, wie seltsam das Ganze ist.
    Es ist früh am Morgen. Wir sind direkt vom Flughafen hergekommen. Neel macht ständig Geschäftsreisen nach Manhattan, und auch ich bin früher häufig mit dem Zug von Providence hergefahren, aber Kat ist ein Neuling in New York. Als sich unser Flieger zum JFK hinunterschraubte, hat sie beim Anblick der glitzernden Stadt vor Morgengrauen große Augen gemacht, die Fingerspitzen gegen das durchsichtige Plastik des Fensters gedrückt und gehaucht: »Ich hatte keine Ahnung, dass New York so schlank ist.«
    Jetzt sitzen wir in der schlanken Stadt schweigsam auf einer Bank. Der Himmel wird langsam hell, aber wir sind in Schatten gehüllt und essen unser Frühstück, das aus perfekt unperfekten Bagels und schwarzem Kaffee besteht, und bemühen uns, normal auszusehen. Die Luft riecht feucht, als könnte es Regen geben, und kalter Wind fegt peitschend über die Straße. Neel macht Skizzen auf einem kleinen Notizblock, Zeichnungen von kurvenreichen Babes mit Krummschwertern. Kat hat eine New York Times gekauft, aber nicht herausbekommen, wie man sie bedient, darum fummelt sie an ihrem Handy herum.
    »Es ist offiziell«, sagt sie, ohne aufzuschauen. »Heute wird das neue Produktmanagement bekannt gegeben.« Sie aktualisiert und aktualisiert und aktualisiert; wenn sie so weitermacht, gibt ihr Akku noch am Vormittag den Geist auf.
    Ich schaue abwechselnd auf die Seiten von Heimische Vögel des Central Park (in der Buchhandlung vom JFK erstanden) und verstohlen durch Mats Fernglas.
    Folgendes sehe ich:
    Während der Geräuschpegel der Stadt steigt und der Verkehr auf der Fifth Avenue allmählich zunimmt, kommt auf dem gegenüberliegenden Gehsteig eine einsame Figur angetrabt. Es ist ein Mann mittleren Alters, mit einem Flaum brauner, im Wind wehender Haare. Ich drehe an der Schärfeneinstellung des Fernglases herum. Er hat eine runde Nase und volle Wangen, die in der Kälte rosa leuchten. Er trägt dunkle Hosen und ein Tweedjackett; beides ist maßgeschneidert und passt sich perfekt der Wölbung und Krümmung von Bauch und Schultern

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