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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Sloan
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ich müßig den ersten Band in meinen Händen herum. Auf dem Buchrücken ist ein kleines Schwarz-Weiß-Foto von Clark Moffat in seinen Dreißigern. Er hat zotteliges blondes Haar und einen Rauschebart, trägt ein einfaches weißes T-Shirt und grinst breit. Unter dem Bild steht:
    Der Schriftsteller Clark Moffat (1952 –1999) lebte in Bolinas, Kalifornien. Er ist vor allem für seinen Bestseller Die Drachenlied-Chroniken bekannt, wie auch für sein Kinderbuch Neues von Fernwen. Er absolvierte die United States Naval Academy und hat als Kommunikationstechniker an Bord des Atom-U-Boots U. S. S. West Virginia gearbeitet.
    Mir kommt eine Idee. Es ist etwas, was ich noch nie getan habe – etwas, auf das ich während all der Zeit, die ich jetzt hier arbeite, noch nie gekommen bin. Ich werde in den Logbüchern nach jemandem suchen.
    Ich brauche das Logbuch VII , dasjenige, das ich bei Google eingeschleust habe, weil es die Zeitspanne von Mitte der Achtziger- bis Anfang der Neunzigerjahre umfasst. Ich finde den Rohtext auf meinem Laptop und suche per Ctrl-F eine bestimmte Beschreibung: jemanden mit zotteligem blondem Haar und Bart.
    Es dauert eine Weile, da ich verschiedene Stichworte ausprobieren und falsche Treffer aussortieren muss. (Wie sich herausstellt, gibt es hier jede Menge Bärte.) Ich verwende den Text, der schon durch die optische Zeichenerkennung gelaufen ist, nicht den handschriftlichen, darum kann ich nicht beurteilen, wer hier was geschrieben hat, aber ich weiß, dass einige dieser Eintragungen von Edgar Deckle stammen müssen. Es wäre schön, wenn er derjenige wäre, der – da.
    Mitgliedsnummer 6 HV 8 SQ :
    Der Novize hat KINGSLAKE dankbar und freudig in Empfang genommen. Trägt ein weißes T-Shirt, das die Zweihundertjahrfeier begeht. Levi’s 501-Jeans und schwere Arbeitsstiefel. Stimme heiser vom Rauchen; Zigarettenschachtel, etwa halb leer, sichtbar in Hosentasche. Hellblondes Haar ist länger als zuletzt von diesem Verkäufer vermerkt. Darauf angesprochen, erklärt Novize: »Ich lasse es auf Zaubererlänge wachsen.« Montag, 23. September, 1 . 19 Uhr morgens. Klarer Himmel und der Geruch des Ozeans.
    Das ist Clark Moffat. Er muss es sein. Die Notiz wurde nach Mitternacht verfasst, was die Spätschicht bedeutet, was bedeutet, dass »dieser Verkäufer« in der Tat Edgar Deckle ist. Es gibt einen weiteren Treffer:
    Der Novize arbeitet sich zügig durch das Rätsel des Gründers. Aber noch beeindruckender als seine Schnelligkeit ist sein Selbstbewusstsein. Er hat nichts von der zögerlichen oder frustrierten Art, die anderen Novizen (einschließlich dieses Verkäufers) zu eigen war. Es ist, als würde er ein vertrautes Lied spielen oder einen vertrauten Tanz tanzen. Blaues T-Shirt, Levi’s 501, Arbeitsstiefel. Haare sind noch länger geworden. Erhält BRITO. Freitag, 11. Oktober, 2 . 31 Uhr morgens. Ein Nebelhorn ertönt.
    Es geht weiter. Die Notizen sind knapp und sachlich, aber die Botschaft ist klar: Clark Moffat war ein Überflieger des Ungebrochenen Buchrückens. Könnte es sein … war er vielleicht die dunkel-moosgrüne Konstellation in der Visualisierung? War er es, der in derselben Zeit, die andere Novizen brauchten, um eine Augenbraue oder ein Ohrläppchen aufzuspüren, das ganze Gesicht der Gründers umrundet hat? Wahrscheinlich gibt es irgendeinen Weg, die entsprechenden Eintragungen mit der Visualisierung zu verknüpfen und –
    Das Glöckchen bimmelt, und ich reiße mich ruckartig von dem endlos langen Text los. Es ist spät, und ich gehe davon aus, dass ein Mitglied der Gemeinschaft den Laden betritt, stattdessen ist es Mat Mittelbrand, der einen schwarzen Plastikkasten schleppt. Er ist riesig, größer als er selbst, und klemmt im Eingang fest.
    »Was machst du hier?«, frage ich, während ich ihm helfe, den Kasten freizubekommen. Die Oberfläche des Kastens ist rau und buckelig, und er hat schwere Metallschnallen.
    »Ich komme in einer Mission«, sagt Mat, schwer atmend. »Heute ist doch deine letzte Nacht, oder?«
    Ich habe mich bei ihm über Penumbras Gleichgültigkeit beklagt. »Vielleicht«, sage ich. »Wahrscheinlich. Was hast du da drin?«
    Er kippt den Kasten zur Seite, knipst die Schnallen hoch (sie schnappen mit einem gewichtigen Plopp-Plopp auf) und öffnet den Deckel. Darin liegt, in einem Bett aus grauem schützendem Schaumgummi, eine Fotoausrüstung: Studioleuchten mit Drahtschutzgittern, robuste, zusammenklappbare Aluminiumstative und dicke Spiralkabel in leuchtendem

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